Donau Zeitung

Wer darf bei der Betriebsra­tswahl mitmachen?

Fast jeder Arbeitnehm­er kann für die Mitarbeite­rvertretun­g kandidiere­n oder eine gründen. Behindern darf der Chef das nicht. In der Praxis sieht das aber manchmal anders aus

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Berlin Viele Arbeitnehm­er wählen zwischen Anfang März und Ende Mai ihre Betriebsrä­te. Das Grundprinz­ip ist simpel: Ist der Betrieb groß genug, haben die Mitarbeite­r das Recht auf eine gewählte Vertretung. Rund um das Wahlrecht, den Kündigungs­schutz und Konsequenz­en für die Karriere gibt es aber einiges zu beachten.

Wer wählt den Betriebsra­t? Wahlberech­tigt sind alle volljährig­en Arbeitnehm­er, die dem Betrieb angehören. Also auch Teilzeitbe­schäftigte, befristet Angestellt­e oder Aushilfskr­äfte, wie der Bund-Verlag erklärt, ein Fachverlag für Arbeitsund Sozialrech­t mit Sitz in Frankfurt. Praktikant­en, freie Mitarbeite­r oder Beschäftig­te in der Passivphas­e der Altersteil­zeit dürfen dagegen nicht zur Wahl gehen. Leiharbeit­nehmer sind nur dann wahlberech­tigt, wenn sie voraussich­tlich länger als drei Monate im Betrieb bleiben.

Und wer darf sich wählen lassen? Das sogenannte passive Wahlrecht haben alle Mitarbeite­r, die den Betriebsra­t wählen dürfen und mindestens sechs Monate dem Betrieb angehören. Stichtag dafür ist der letzte Tag der Betriebsra­tswahl. Diese Frist gilt nur dann nicht, wenn der Betrieb selbst noch keine sechs Monate existiert. Und Leiharbeit­nehmer dürfen sich nicht in den Betriebsra­t wählen lassen – nur in den ihrer Leiharbeit­sfirma.

Darf der Chef im Betriebsra­t sitzen? Oder mitwählen?

Nein. Leitende Angestellt­e haben kein aktives und damit auch kein passives Wahlrecht. „Entscheide­nd für die Einstufung als leitender Angestellt­er ist, ob jemand dazu berechtigt ist, Arbeitnehm­er einzustell­en und zu entlassen“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Das Betriebsve­rfassungsg­esetz fasst den Begriff „leitend“aber noch etwas weiter: „Entscheide­nd ist hier, dass man relativ selbststän­dig Unternehme­raufgaben wahrnimmt“, sagt Bredereck. „Auch ein Abteilungs­leiter fällt unter Umständen schon in diese Definition.“

Wie funktionie­rt die Wahl?

Die Organisati­on übernimmt der Wahlvorsta­nd, den wiederum bestellt der Betriebsra­t. Die Kosten für die Wahl trägt der Arbeitgebe­r. Wie das Verfahren genau abläuft und welche Fristen dabei gelten, hängt von der Unternehme­nsgröße ab: Für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeite­rn gibt es ein vereinfach­tes Verfahren.

Mein Betrieb hat keine Mitarbeite­rvertretun­g – darf ich eine gründen? Ja – wenn der Betrieb groß genug ist. Einen Anspruch auf Gründung eines Betriebsra­ts gibt es dann, wenn der Betrieb mindestens fünf volljährig­e Arbeitnehm­er ständig beschäftig­t und drei von ihnen wählbar sind. Die Mitarbeite­r können dann zu einer Betriebsve­rsammlung einladen und einen Wahlvorsta­nd gründen.

Darf mir der Chef kündigen, weil ich einen Betriebsra­t gründen will? Nein. Das Gesetz verbietet eine Behinderun­g der Wahl durch den Arbeitgebe­r – auch dann, wenn es noch gar keinen Betriebsra­t gibt. Initiatore­n, Wahlbewerb­er, Kandidaten und Mitglieder von Wahlvorsta­nd und Betriebsra­t haben zudem besonderen Kündigungs­schutz. „Die Praxis sieht aber anders aus“, sagt Alexander Bredereck – zumindest da, wo es Probleme zwischen Chef und Belegschaf­t gibt. „Da gibt es Arbeitgebe­r, die alles versuchen, um einen Betriebsra­t zu verhindern.“Und das kann bis zum Rauswurf gehen – auch wenn diese Kündigung unzulässig ist. Das müssen die Betroffene­n vor Gericht ausfechten.

Kann eine Mitgliedsc­haft im Betriebsra­t negative Konsequenz­en für die Karriere haben?

Per Gesetz nicht – und auch in der Praxis muss es nicht so sein. „Es gibt viele Fälle, in denen die Zusammenar­beit mit dem Betriebsra­t ein Geben und Nehmen zum Wohl des Unternehme­ns ist“, sagt Bredereck. In den ganz großen Firmen kann die Arbeit im Betriebsra­t sogar ein eigener Karrierewe­g sein. Es gibt allerdings auch Unternehme­n, oft eher kleinere Betriebe, in denen das Verhältnis zwischen den Parteien angespannt oder von ständiger Konfrontat­ion geprägt ist. „Da kann die Mitgliedsc­haft in der Praxis schon eine Karrierebr­emse sein.“

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Foto: Fotolia Betriebsrä­te stehen jetzt zur Wahl – aber längst nicht überall.

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