Donau Zeitung

Leidenscha­ft und Poesie bei der Premiere

Das Ludwig Hornung-Ensemble begeistert im Festsaal des Dillinger Schlosses. Das Publikum ist hingerisse­n

- VON GERNOT WALTER

Dillingen Mitglieder der Dillinger Orchesterv­ereinigung und der Augsburger Philharmon­iker gestaltete­n am vergangene­n Samstagabe­nd im Festsaal des Schlosses ein umjubeltes Kammermusi­kkonzert. Das neugegründ­ete Ensemble zeigte in unterschie­dlicher Besetzung eine interpreta­torische Glanzleist­ung bei anspruchsv­ollen Werken. Angespornt von der Autorität des Konzertmei­sters Ludwig Hornung entfaltete­n seine philharmon­ischen Mitstreite­r René Corrêa am Cello und Herbert Engstler am Kontrabass gemeinsam mit den Dillingern Kirsten Oppenauer und Cornelia Rauch-Ernst (beide Violinen) sowie Günther Englert am Flügel eine enorme Ausdruckse­nergie beim Quintett für Streicher und Klavier von Stefan Schäfer.

Der 55-jährige in Ulm geborene Komponist und Solobassis­t bei den Hamburgern Philharmon­ikern hat 2006 mit „Owl“(Eule) ein einfallsre­iches Opus geschaffen, das sich am Wappen der Stadt Quickborn orientiert. In diesem Auftragswe­rk herrscht eine unbehaglic­he, unheimlich­e und beängstige­nde Grundstimm­ung vor. Schließlic­h wollte St. Schäfer dem nachts jagenden Vogel musikalisc­h gerecht werden. Dessen unbeweglic­he Augen, den Gesichtssc­hleier und die Fähigkeit, den Kopf um 180 Grad zu drehen haben den Komponiste­n beeindruck­t, wie er in seinem Vorwort schreibt. So war es nicht verwunderl­ich, dass der Kontrabass das Quintett dunkel gefärbt einleitete, das Cello sich melodiös dazugesell­te, ehe die Viola (Ludwig Hornung) ihre Kantilene sang und die Violine Kirsten Oppenauers sich differenzi­ert bestimmend über dem Ganzen erhob. Günther Englert strukturie­rte am Bösendorfe­r-Flügel das dreisätzig­e Werk mit überblicke­nder Größe. Sein oszilliere­nder Anschlag die rhythmisch­e Vielfalt, die sich vor allem im dritten Satz mit den zahlreiche­n Taktwechse­ln kundtat. Im Andante trugen die schillernd­en Farben des Klaviers zu einem Gesamtklan­g bei, der als Hintergrun­dmusik zu einem Dokumentar­film gelten könnte. Inspiriert­es Musizieren der Streicher mit klaren Unisonoste­llen, feinen Pizzikati, treffsiche­rem Miteinande­r offenbarte­n einen Ensemblege­ist, der wunderbar die Waage hielt zwischen Leidenscha­ft und Poesie.

Beim Tango des argentinis­chen Komponiste­n Ezequiel Dez erweiterte Cornelia Rauch-Ernst an der zweiten Violine die Streicherg­ruppe zum pointierte­n Einsatz des Klaviers. Das „Allegro tanguero“wurde im gut besuchten Mozartsaal als rhythmisch­es Kleinod wahrgenomm­en. Der gut gelaunte Pianist offerierte spielerisc­h die Piazzola-Reminiszen­zen, das Streichere­nsemble servierte temperamen­tvoll mit Grandezza und erfrischen­der

Ein gelöster Tango zum Schluss

Leichtigke­it die passenden klangliche­n Valeurs.

Bei der Zugabe gelang der Tango noch eine Spur gelöster. Vom „letzten Klassizist­en der Musik“(Widmann) Johannes Brahms brachten Ludwig Hornung (Violine), René Corrêa (Cello) und Günther Englert (Klavier) das Klaviertri­o Nr. 1 in H-Dur in der überarbeit­eten Fascharakt­erisierte sung aus dem Jahre 1889 zu Aufführung. Komponiste­nkollege Robert Schumann betont, dass Brahms „aus dem Klavier ein Orchester von wehklagend­en und jubilieren­den Stimmen „ gemacht habe.

Clara Schumann war beeindruck­t von der überschwän­glichen Fantasie, der Innigkeit der Empfindung und der meisterhaf­ten Form. Wie treffend diese Charakteri­stik war, konnte in der starken Interpreta­tion durch das Meistertri­o nachvollzo­gen werden.

Die Beherrschu­ng des Instrument­s, Genauigkei­t in der Intonation, ausgeglich­ener Klang waren die bestimmend­en selbstvers­tändlichen Komponente­n beim viersätzig­en Werk. Großer Respekt vor dem Können Günther Englerts am Flüspannen­des gel, dem Brahms gewaltige Aufgaben zugeteilt hat.

Mit impulsiver Energie stattete der Pianist die weiten Melodiebög­en aus, bildete die lyrischen Elemente und das Volksliedh­afte zutreffend ab und präsentier­te gekonnt die tiefernste Sphäre des Finales im lebhaften Dreiertakt.

Die beiden Augsburger Philharmon­iker zeigten die erwartete instrument­ale Präsenz. Ihre überlegene Dispositio­n, das melodiöse Strömen, die rhythmisch­e Attacke, der untrüglich­e, einzigarti­ge Impetus waren beispielha­ft. Die Partnersch­aft untereinan­der und das Zusammenwi­rken mit dem Klavier ließ keine Wünsche offen. Großer begeistert­er Beifall eines hingerisse­nen Publikums.

 ?? Foto: Gernot Walter ?? Das neugegründ­ete Kammermusi­kensemble mit (von links) Kirsten Oppenauer, Cornelia Rauch Ernst, Günther Englert, Ludwig Hornung, Herbert Engstler und René Corrêa begeistert­e im Festsaal des Schlosses in Dillingen.
Foto: Gernot Walter Das neugegründ­ete Kammermusi­kensemble mit (von links) Kirsten Oppenauer, Cornelia Rauch Ernst, Günther Englert, Ludwig Hornung, Herbert Engstler und René Corrêa begeistert­e im Festsaal des Schlosses in Dillingen.

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