Auch nach 25 Jahren noch gerne Pfarrer
Norbert W. Riemer aus Lauingen feiert Ordinationsjubiläum. Seit 1998 ist er in Burtenbach tätig – in einer Diasporagemeinde
Burtenbach Am Sonntag wird der evangelische Pfarrer Norbert W. Riemer sein 25-jähriges Ordinationsjubiläum feiern. „Ich bin dankbar und demütig, dass ich es erleben darf. Leben ist unverfügbar“, schildert der 54-Jährige Pfarrer seine Gedanken zum Jubiläum. An Feierlichkeiten hätte ihm die übliche Einladung der Landeskirche nach Ansbach zum Bischof genügt, doch da spielte wohl die Kirchengemeinde Burtenbach nicht mit.
Und so wurde aus einem Dankgottesdienst am Sonntag um halb zehn Uhr in der Johanneskirche nun ein Festgottesdienst mit musikalischen Elementen mit anschließendem Imbiss und Umtrunk einschließlich Zeit für persönliche Begegnungen. Nicht nur die meiste Zeit als Pfarrer, sondern auch die meiste Zeit seines Lebens verbringt Riemer in Burtenbach. Aufgewachsen in Lauingen, macht der Älteste der drei Riemer-Jungs 1982 in Dillingen Abitur und entscheidet sich dazu, Pfarrer zu werden. Da heißt es erst einmal, die alten Sprachen büffeln, in Neuendettelsau (Mittelfranken) lernt Riemer Latein, Griechisch und Hebräisch, ehe es über Tübingen und eine zweite Station in Neuendettelsau zum Ersten Theologischen Examen geht. „Mein Vikariat führte mich nach Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg in die Oberpfalz und nach Trebgast in den Landkreis Kulmbach. Dort wurde ich am 17. Januar 1993 ordiniert“, erzählt Riemer. Die erste Pfarrstelle trat er in Heinersberg-Nordhalben an, einem Markt ganz in Norden Bayerns mit Blick ins Thüringische. Im Oktober 1998 kam der Wechsel nach Burtenbach. Wieder eine Diasporagemeinde, nur mit 1350 Gemeindemitgliedern fast doppelt so groß und mit einem Traumblick vom Pfarrhaus auf die Allgäuer Alpen, vor allem bei Föhn. „Naja, und Marktpfarrer bin ich auch geblieben, sogar von zwei. Markt Burtenbach und Markt Jettingen-Scheppach,“sagt er schmunzelnd.
Wenn er an seine Anfänge zurückdenkt, spricht er von einem Praxisschock, der einen im Vikariat ereile. Man müsse sich die Arbeits- routine und Professionalität des Berufs erarbeiten. „Bei einer Beerdigung weint der Pfarrer eben nicht, egal wie betroffen er persönlich sein mag“, nennt Riemer nur ein Beispiel. Gefragt, was er am Beruf des Pfarrers schätze, kommen ganz viele Antworten. „Religionsunterricht an der Grundschule in Burtenbach geben, die Zeit mit den Präparanden und den Konfirmanden, der Krabbelgottesdienst, die zwei Sonntagsgottesdienste oder die in den Altenheimen.
Und die Kirchenraumpädagogik.“Also darum, was für eine Geschichte der Kirchenraum und seine Einrichtung so erzählt. Und da hat die Johanneskirche als protestantischer Kirchenbau im RenaissanceStil aus dem Jahr 1560 viel zu erzählen. Sebastian Schertlin hatte 1546 in Burtenbach die Reformation eingeführt. Noch immer gilt die Patronatsherrschaft. „18 Ster Holz gibt es jedes Jahr von Schlossherrin Angelika von Stetten.“Im Familienbesitz ist nach wie vor ein eigener Schlüssel für die Herrschaftsempore, die bis zur Kirchenrenovierung in den 1950ern sogar noch größer war und der Familie von Arnswaldt von Schloss Klingenburg Platz bot.
Es macht Freude, Pfarrer Riemer zuzuhören, wenn er die Geschichte der Schertel von Burtenbach erzählt. Sein historisches Interesse ist immens und geht weit über die Ahnensuche in der eigenen Familie hinaus. Er forschte 16 Jahre lang, bis er die Daten für das Ortsfamilienbuch Burtenbach zusammenhatte, er ist Mitautor einer Häuserchronik und sammelt momentan Daten für eine Ortgeschichte. Sogar das Schlossarchiv in Burtenbach steht ihm offen.
„Dass ich mich in Burtenbach wohlfühle, liegt aber auch an meiner Frau und meiner Familie, der Unterstützung durch Kirchenvorstand und Kirchengemeinde.“Riemer hat drei Kinder und ein Enkelkind. Wenn es nach ihm geht, bleibt er in Burtenbach bis zu seinem Ruhestand. „Es ist noch genug Arbeit zu tun. Ab März soll die Johanneskirche außen an Turm, Langhaus und Dach saniert werden. Später könnten Innenraum, Orgel und Glocken und der Zugang zum Schertlinpark an der Reihe sein.“
Als Bauherr bewies sich Riemer schon beim Philipp-MelanchthonHaus in Jettingen-Scheppach und beim Gemeindehaus in Burtenbach. Gefragt zum Thema Ökumene antwortet er: „Unbedingt!“Nicht umsonst steht seit 2017 im Luthergarten in Wittenberg eine Brabanter Silberlinde unter Burtenbacher Patenschaft. Die Korrenspondenzbäume, zwei Melanchthon-Birnbäume, spendete der Bürgermeister und die Katholische Kirchengemeinde. Wo sie gepflanzt wurden? Vor dem Philipp-Melanchton-Haus.