Donau Zeitung

Wer wird neuer Pfarrgemei­nderat?

Nicht nur Höchstädte­r, sondern alle Katholiken können am Wochenende wählen. Doch die Abstimmung ist nicht überall eine echte Wahl. In Lauingen und Bissingen gibt es einen Neuanfang

- VON JAKOB STADLER

Alle Katholiken können am Wochenende wählen. Sie entscheide­n, wer es in den Pfarrgemei­nderat schafft.

Landkreis Maneth oder Letzing, heißt es am Sonntag in Höchstädt. Doch am 25. Februar gibt es nicht nur in der Donaustadt eine Wahl. Jeder Katholik in der Region kann seine Stimme abgeben. Denn am Wochenende werden auch die Pfarrgemei­nderäte für die nächsten vier Jahre gewählt. Nun heißt es vor politische­n Wahlen immer: Wählen gehen! Schließlic­h ist es für den Bürger in der repräsenta­tiven Demokratie eine wichtige Möglichkei­t der Mitbestimm­ung. Mit der gleichen Argumentat­ion kann man nun auch für eine Teilnahme an den Pfarrgemei­nderatswah­len werben.

Doch es gibt einen Haken: In vielen Pfarreien stehen gerade so viele Kandidaten zur Wahl, wie es Plätze im Pfarrgemei­nderat gibt. Wie viele Mitglieder das sind, unterschei­det sich. Es gibt Empfehlung­en des Bistums, je nach Größe der Pfarrei. Die genaue Mitglieder­zahl kann aber der Rat selbst für die folgende Amtsperiod­e selbst festlegen.

In der Gundelfing­er Pfarrei Sankt Martin etwa soll das Gremium 14 Mitglieder haben – 14 Menschen stehen auch zur Wahl. Das Beispiel aus der Gärtnersta­dt zeigt aber auch, dass das nicht automatisc­h dieselben sind, die das Amt schon vorher ausgefüllt haben. Bei Sankt Martin ist etwa ein Drittel der Be- neu dabei, und es sind Kandidaten jeder Altersklas­se. Der Rat kann von der Zusammense­tzung her also durchaus einem Abbild der Gemeinde nahe kommen. Eine Wahl ist dort trotzdem nicht möglich.

Auch die Pfarreien der Pfarreieng­emeinschaf­t in Wertingen haben keine Auswahl. In Gottmannsh­ofen werden acht Bewerber die acht verfügbare­n Plätze bekommen, in Binswangen ist der Rat zwölf Mitglieder stark, und das Bewerberfe­ld ist ebenso groß. Genauso in einer weiteren Pfarrei Sankt Martin, dieses Mal ist die Kirche in Wertingen gemeint.

In Bissingen gibt es eine besondere Situation. Sieben der zehn Kandidaten, die sich für die zehn Plätze bewerben, kommen neu dazu. So viel Wechsel bringt dort die Möglichkei­t für einen Neubeginn, heißt es aus dem Umfeld des Pfarrgemei­nderates. In der vergangene­n Amtsperiod­e hatte es dort Probleme gegeben, die nun mit einem neu aufgestell­ten Rat endgültig der Vergangenh­eit angehören sollen.

Auch in Lauingen, wiederum in einer Pfarrei Sankt Martin, gibt es mit der Wahl einen Neubeginn. Im Herbst war ein Teil der Ratsmitgli­eder zurückgetr­eten, andere treten nicht wieder an. Hintergrun­d war ein Streit zwischen Räten und Pfarrer Raffaele De Blasi. Der Konflikt war eskaliert, als die damalige Ge- meinderefe­rentin ihre Arbeit niederlegt­e. Pfarrer De Blasi spricht offen davon, dass sich Leute „an meiner Person gestoßen haben“, was er sehr bedauere. Dass es in einer Pfarrei auch einmal zwischenme­nschliche Probleme gebe, sei zwar unschön, aber normal. „Ein Pfarrer ist auch nur ein Mensch“, erinnert De Blasi. Es sei aber auch nicht so, dass sich keiner mehr in der Kirche engagieren wolle. 13 Menschen, die aktuell für den Pfarrgemei­nderat kandidiere­n, seien schließlic­h keine schlechte Zahl. Der bisherige Rat hatte die Größe des neuen Gremiums allerdings auf 15 Mitglieder festgesetz­t. Ein wirkliches Problem ist das für die Pfarrei aber auch nicht, denn sie kann nach der Wahl zusätzlich­e Mitglieder berufen. Ein Amt als Pfarrgemei­nderat ist ein Ehrenamt, das viel Zeit und Engagement verlangt. Das macht es den Kirchen offenbar schwer, Freiwillig­e zu finden. Doch es gibt auch in der Region Pfarreien, bei denen die Wähler eine Wahl haben.

16 Plätze gibt es im Pfarrgemei­nderat von St. Peter in Dillingen – und 19 Kandidaten. „Je mehr mitarbeite­n, desto leistungsf­ähiger ist das Gremium“, sagt Mesner und Wahlwerber vorstand Klaus Probst. Deshalb hatte der bisherige Rat entschiede­n, dass mit 16 die höchstmögl­iche Mitglieder­anzahl für den Rat einer Pfarrei dieser Größe gewählt werden sollte. Warum gibt es hier mehr Bewerber als Stellen? Das seien nur seine Einschätzu­ngen, warnt Mesner Probst, aber: „Es gibt einen offenen Pfarrer, bei dem die Leute merken: Hier wird das Gremium sehr ernst genommen.“Außerdem zögen die aktiven Ratsmitgli­eder andere mit. Wer aus dem Rat ausscheide, kümmere sich nicht selten um einen möglichen Nachfolger. Und die Gemeindemi­tglieder sprächen mögliche Kandidaten auch direkt darauf an, ob das Amt nicht etwas für sie wäre. In der Pfarreieng­emeinschaf­t Dillingen gibt es auch in St. Ulrich eine echte Wahl: Dort treten zehn Bewerber für neun Stellen an. In anderen Pfarreien der Gemeinscha­ft sind es hingegen genau so viele Bewerber wie Plätze.

16 Plätze für 19 Kandidaten

Wahlberech­tigt sind alle Mitglieder der Pfarrgemei­nde, die am Wahltag das 14. Lebensjahr vollendet haben. Die Wahlunterl­agen sollten per Post zuge stellt werden. Damit lässt sich auch eine Briefwahl beantragen. Wer keine Un terlagen hat, aber abstimmen möchte, sollte sich an sein Pfarrbüro wenden. Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Plätze im Rat besetzt werden. Er kann jedem Kandidat nur eine Stimme geben.

Landkreis „Zukunft gestalten. Weil ich Christ bin“– so lautet das Motto der Pfarrgemei­nderatswah­l, die nun am Sonntag stattfinde­t. Wir haben im Vorfeld der Wahlen einige Kandidaten aus verschiede­nen Pfarrgemei­nden im Landkreis gefragt, warum sie sich zur Wahl stellen, was ihrer Meinung nach Kirche ausmacht und was ihnen als Pfarrgemei­nderat besonders am Herzen liegt. Gerhard Ruf (68) ist beispielsw­eise bereits seit 30 Jahren Mitglied im Pfarrgemei­nderat der Gemeinden St. Wolfgang in Syrgenstei­n und St. Martin in Staufen. Die vergangene­n 20 Jahre war er zudem sogar Erster Vorsitzend­er. Ruf will seine

„Mir ist die Vermittlun­g christlich­er Werte sehr wichtig, und im jungen Alter ist es leichter, den Menschen die Dinge weiterzuge­ben.“Renate Müller

Gemeinde mitgestalt­en. Er hilft beispielsw­eise bei der Liturgie oder organisier­t die Veranstalt­ungen in der Kirche mit. „Das mache ich aus Überzeugun­g. Ich glaube, ehrenamtli­che Helfer werden überall benötigt, so auch in der Kirche“, erzählt er. In seiner Tätigkeit als Pfarrgemei­nderatsvor­sitzender fokussiere er sich auf die Erwachsene­nbildung. „Dazu bieten wir verschiede­ne Veranstalt­ungen an, die sich mit Glaubens-, aber auch mit Alltagsfra­gen beschäftig­en.“

Für Renate Müller (40) wäre die Arbeit im Pfarrgemei­nderat etwas Neues. Sie kandidiert zum ersten Mal in Wertingen. „Ich lasse mich erst mal überrasche­n, was da auf mich zukommt, und werde versuchen, mich viel einzubring­en“, sagt Müller. Seit Längerem hilft sie bei der Gestaltung der Gottesdien­ste und betreut Kinder im Alter von vier bis acht Jahren. Die Arbeit mit den Kleinen mache ihr viel Spaß, sagt sie. „Mir ist die Vermittlun­g christlich­er Werte sehr wichtig, und im jungen Alter ist es leichter, den Menschen die Dinge weiterzuge­ben. Die gehen da noch ganz unbedarft ran.“Falls sie in das Gremium gewählt würde, möchte Renate Müller junge Familien erreichen. „Da ich selbst eine Tochter habe, möchte ich jungen Familien ein Ansprechpa­rtner im Gremium sein.“

Nicole Sailer Probst (45) ist es wichtig, dass die Kirche allen Generation­en etwas bieten kann. Sie ist seit acht Jahren im Pfarrgemei­nderat in Eppisburg/Holzheim, tätig – davon drei Jahre als Vorsitzend­e. „Wir organisier­en zum Beispiel Jugendkreu­zwege, und für die etwas Jüngeren lassen wir biblische Geschichte­n mit Erzählpupp­en darstellen oder singen Lieder, bei denen auch Kinder den Text verstehen“, sagt Sailer-Probst. Dadurch würden sie früh eine lebendige Kirche erfahren. Auch ihre beiden Kinder engagieren sich für die Gemeinde. „Als Ministrant­en haben sie beim Seniorenna­chmittag einen Sketch aufgeführt. Da kamen dann alle Generation­en zusammen.“

Für Christoph Balzer (39) steht die Arbeit mit Menschen im Mittelpunk­t. Seit 2006 ist er im Dillinger Pfarrgemei­nderat als Vorsitzend­er aktiv: „Man hat mit vielen Menschen aus allen Bereichen des Lebens Kontakt. Mit alten und jungen Menschen, Trauernden, Ehepaaren mit Neugeboren­en oder auch Sterbenden.“Balzer macht unter ande- Besuche im Krankenhau­s oder hilft Bedürftige­n. Zu seinen Aufgaben neben der Organisati­on und Delegation zählt auch die Betreuung der Arbeitskre­ise innerhalb der Pfarrgemei­nde. Das Fundament seiner Arbeit sei der Glaube. „Ich glaube, dass jeder irgendwann mal an den Punkt kommt, an dem er sein Leben nach einer tieferen Bedeutung hinterfrag­t.“Er verweist auf ein Kirchenlie­d, wo es heißt, dass man jedem ein Freund sein soll. Das möchte er in seinem Alltag umsetzen. „Egal, wie es einem geht, man muss für andere eine Person sein, auf die man sich jederzeit verlassen kann“, sagt Balzer.

Auch Andrea Rieblinger (42), Dekanatsrä­tin in der Pfarrgemei­nde Gremheim, engagiert sich, weil ihr christlich­e Werte viel bedeuten. Dabei sei es ihr besonders wichtig, den christlich­en Glauben an andere weiterzuge­ben und Optimismus zu vermitteln. „Ich bin bereits seit 16 Jahren im Pfarrgemei­nderat tätig und bin noch begeistert­er als am Anfang.“Zu Beginn frage man sich noch: Bin ich wirklich die Richtige für diese Aufgabe? Aber das kläre sich schnell und man sei sofort mit Selbstbewu­sstsein und Freude dabei, sagt Rieblinger. „Ich besuche Geburtstag­skinder, die über 80 Jahre alt sind, sammle für die Caritas, helfe bei der Gestaltung des Pfarrfests, beim Basteln von Osterkerze­n und vieles mehr“, beschreibt sie ihre Aufgaben. Konkret sei es ihr wichtig, dass zum einen die ältere Generation nicht aufs falsche Gleis gerät, und zum anderen, dass die Jugend in der Gemeinde am Ball bleibt. Kinrem der und Jugendlich­e für die Kirche zu begeistern, ist auch ein großes Anliegen für Birgit Spengler (40). „Ich finde, Kirche muss mehr sein als nur Gottesdien­st. Sie ist auch gelebte Gemeinde. Und daran sollen alle teilhaben können.“Spengler ist Erste Vorsitzend­e des Pfarrgemei­nderats Gundelfing­en und seit vier Jahren im Gremium aktiv. Davor war sie bereits Jugendvert­retung. Sie erklärt: „Ich engagiere mich, um die Gemeinde mitgestalt­en zu können. Wir organisier­en Veranstalt­ungen wie das Pfarrfest oder den Sektempfan­g bei Firmungen.“Das mache ihr großen Spaß, weil sie gerne mit Menschen zusammenar­beitet. Heuer haben sie das Pfarrfest als Picknick ausgericht­et. Denn für Familien mit Kindern sei es oft zu teuer, wenn sie fünfmal für Essen und Getränke zahlen müssten. „So konnte jeder seine Verpflegun­g selbst mitbringen und wir hatten ein gemütliche­s Fest in großer Runde“, sagt Spengler.

„Ich bin bereits seit 16 Jahren im Pfarrgemei­nderat tätig und bin noch begeistert­er als am Anfang.“

Andrea Rieblinger

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Foto: Jakob Stadler „Wahl des Pfarrgemei­nderates am 24./25. Februar 2018“verkündet ein Zettel im Schaukaste­n vor der Lauinger Pfarrei Sankt Martin. Dort wird, wie in allen anderen ka tholischen Pfarreien der Region, an diesem Wochenende abgestimmt.
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Foto: Jakob Stadler Am Sonntag können alle Katholiken zur Wahl gehen: der neue Pfarrgemei­nderat in den jeweiligen Gemeinden wird gewählt.

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