Die Frage der Woche Bodycams für Sicherheitskräfte?
Auch wenn ich wirklich kein Befürworter von staatlicher Kontrolle und flächendeckender Kameraüberwachung bin – im Falle der Bodycam-Einführung muss ich leider sagen: na sicher! Die Zahlen sind schließlich erschreckend: Im Jahr 2016 gab es allein in Augsburg 495 Gewaltdelikte gegen Polizisten. Das heißt: im Durchschnitt mehr als ein Vorfall pro Tag. 52 Beamte wurden dabei verletzt. Auch andere Sicherheitskräfte, etwa von Feuerwehr und Rettungsdiensten, klagen darüber, dass die Gewaltbereitschaft zunimmt. Sogar bei der Bahn wurden vergangenes Jahr allein in Bayern über 170 Mitarbeiter der DB Sicherheit angegriffen. Bundesweit waren rund 1800 Bahnmitarbeiter Ziel von Attacken.
Selbstverständlich weiß beispielsweise ein Polizist schon bei der Berufswahl, dass sein Job gefährlicher sein wird als der eines Arztes, Bankers oder Bäckers. Das heißt aber nicht, dass er es einfach hinnehmen muss, angegriffen zu werden. Ebenso wenig Feuerwehrleute, Sanitäter oder Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die für die Sicherheit anderer im Einsatz sind. Bodycams schrecken manche potenziellen Angreifer ab und können deeskalierend wirken – das haben Polizisten während eines im letzten Jahr in Augsburg laufenden Pilotprojektes festgestellt. Davon haben die Menschen hinter und vor der Kamera etwas.
Wenn Bodycams schützen, ist ihr Einsatz in Ordnung, und man mag verschmerzen, vielleicht auch als unbeteiligter Passant mal kurz gefilmt zu werden. Im Übrigen halten sie ja nicht nur Fehlverhalten von Bürgern sondern auch das der Kameraträger oder deren Kollegen fest. Und wem das nicht genug ist, der kann ja zurückfilmen. Eine Polizei-Szene mit dem Handy aufzunehmen ist schließlich nicht verboten.
Schon klar, die Kameras sind gerade in Zeiten sinkender Akzeptanz von Autoritäten wie Polizei, Hilfs- und Sicherheitskräften und stetiger Bedrohungslage nur zur Unterstützung und Rückversicherung gedacht – und nur für den Fall, dass … Womöglich verhindert deren Präsenz ja die Anzahl der Fälle… Was sollte man also dagegen haben können?
1. Ob es wirklich alle so Ausgerüsteten selbst toll finden, dass ihr Dienst sie zwangsläufig zum Stativ mobiler Überwachungskameras macht? Fänden Sie ein Kameraauge gut, das Sie bei Ihrer Arbeit begleitet?
2. Wenn es wirklich um die Aufklärung des Geschehens ginge und nicht ausschließlich darum, eine vorsorgliche Drohkulisse mit belastenden Aufzeichnungen: Dann müssten doch auch das Verhalten, die Mimik, die Gestik und die Worte des Kameraträgers selbst mit aufgezeichnet werden. Oder?
3. Die obigen Argumente für die Rechtfertigung von mehr Überwachung sind die ewig gleichen. Konsequent gedacht: Je mehr wir beobachten, aufzeichnen, kontrollieren, desto weniger wird passieren. Es braucht keine übersteigerte Freiheitsliebe, um da Gänsehaut zu bekommen.
4. Es wurden ja schon Fankurven in Fußballstadien gefilmt, wegen der paar Chaoten, klar. Darauf reagierten aber Tausende durch das Verbergen ihrer Gesichter hinter Masken. Nicht, um mögliche Täter zu decken, sondern um den Generalverdacht zu signalisieren. Selbst wer heute auf eine Demo in einer Demokratie geht, muss damit rechnen, von Polizeikameras erfasst zu werden, darf sich aber, klar, nicht vermummen. Wohl dem, der da an den vorschriftsgetreuen Umgang mit den gewonnenen Daten glaubt. Dieses Prinzip wollen wir nun also nach und nach auf alle öffentliche Bereiche ausweiten?