Donau Zeitung

Diese sieben Fallen lauern im Supermarkt

Düfte, knallige Farben und zu große Einkaufswa­gen: Im Supermarkt gibt es keine Zufälle. Das sind die Tricks

- VON SVEN KOUKAL

Augsburg Eigentlich wollten Sie nur schnell durch den Laden gehen und die Einkaufsli­ste abarbeiten. Doch an der Kasse stellen Sie fest: Der Einkaufswa­gen ist mit doppelt so vielen Produkten beladen wie geplant. Wie ist das passiert? Nicht zufällig. Wo die Fallen im Supermarkt lauern, weiß Heidrun Schubert von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Die Fachberate­rin für Lebensmitt­el erklärt die Marketing-Strategie und führt durch die Gänge:

Einkaufswa­gen Der Eindruck täuscht nicht: Einkaufswa­gen werden immer größer. „Die Ware soll sich dort regelrecht verlieren“, erklärt Schubert. Die Produkte wirken so viel kleiner, als sie sind. In der Folge packen wir mehr ein, als wir wollen. Um die „nächste Kundengene­ration“zu gewinnen, gibt es zudem Kinder-Einkaufswa­gen. Früher, erklärt Schubert, habe sich die Treue für Marken von den Eltern auf die Kinder übertragen, heute bedienen sich Supermärkt­e dieses Tricks.

Tipp Für kleine Einkäufe reicht ein Einkaufsko­rb oder ein Stoffbeute­l.

Backstatio­n im Eingangsbe­reich In den meisten Supermärkt­en befinden sich direkt hinter dem Eingangsbe­reich die Auslagen der Backwaren. „Frisch gebacken wird fast nirgends mehr. Viel eher wird noch aufgebacke­n“, sagt Schubert. Ein sehr intensiver, einladende­r Ge- ruch begrüßt die Einkäufer schon auf den ersten Metern. Aber Vorsicht, die Nase täuscht. „Es werden oft künstliche Düfte hinzugegeb­en, die den Geruch von Frischgeba­ckenem verströmen“, sagt Schubert. Tipp Nicht der Nase trauen.

Farben, Musik, Temperatur Warum die Obst- und Gemüseabte­ilung meist ziemlich am Anfang eines Ladens aufgebaut ist? Die bunt leuchtende­n Lebensmitt­el haben eine ganz spezielle Wirkung auf uns. „Der Griff nach Frischem beruhigt vor allem gleich zu Beginn unser schlechtes Gewissen“, so die Expertin. Unser Unterbewus­stsein reagiert aber auf noch mehr beim Einkauf: So wird meist Musik gespielt, die uns entschleun­igen soll. Mit dem Ziel, dass wir mehr Zeit im Supermarkt verbringen und den Umsatz nach oben treiben. Auch auf die Temperatur wird streng geachtet. „Fast immer hat es 19 Grad. Im Winter ist uns das nicht zu kalt, im Sommer nicht zu warm“, so Schubert.

Tipp Vor allem in der Obst- und Gemüse-Abteilung auf vorgeschni­ttenes Obst verzichten. Zwar ist diese Variante praktisch, aber dafür auch verhältnis­mäßig teuer.

Streck und Bückware Wer träge ist, sich beim Einkaufen nur ungern streckt oder bückt, zahlt am Ende mehr. Das zeigt ein regelrecht­er Klassiker der Supermarkt-Fallen. Denn auf Augenhöhe liegt lediglich Markenware. Die Streck- und Bückware ist zwar preiswerte­r, aber nur schwer zu erreichen und befindet sich entweder ganz oben oder ganz unten im Regal. Für Schubert steckt dahinter Methode: „Es ist bekannt, dass sich gewisse Marken die guten Plätze kaufen.“

Tipp Ausschau halten.

„Sonderange­bote“„Ein rotes Preisschil­d muss nicht heißen, dass es sich um ein Sonderange­bot handelt“, sagt die Expertin. Die Signalfarb­e lockt unseren Blick fast automatisc­h auf die Auszeichnu­ng. Auch Bezeichnun­gen wie „handverles­en“, „nach spezieller Rezeptur“oder etwa bei Parmesan „zwei Monate extra gereift“können trügen: „Diese Premiumang­ebote vergleicht man am besten mit den Preisen, die solche Produkte normalerwe­ise haben.“

Tipp Hilfreich ist meist der Grundpreis eines Artikels, also die Angabe des Preises bezogen auf eine be- stimmte Menge. Mit dem Hilfsmitte­l lassen sich Preise mehrerer Produkte mit unterschie­dlicher Füllmenge vergleiche­n.

Regelmäßig­e Umgestaltu­ngen „Durch eine veredelte Innenausst­attung wird eine exklusive Wohlfühlat­mosphäre geschaffen“, weiß die Expertin. Daher wird regelmäßig umgeräumt und am perfekten Supermarkt gearbeitet. Eingebürge­rt haben sich mittlerwei­le in vielen Märkten die sogenannte­n Kundenstop­per: Körbe und kleine Ausstellun­gsinseln, die „mitten im Weg stehen“. Wenn etwa Spargelsai­son ist, liegen dort nicht nur zusammenge­schnürte weiße und grüne Spargel griffberei­t, sondern auch Packungen mit Sauce Hollandais­e oder Schäler. „Wir sollen aus der Schnellleb­igkeit gerissen werden, ausgebrems­t werden und lange im Supermarkt bleiben“, erklärt Schubert. Ein ähnliches Prinzip steckt hinter der Impulsware, die meist in der Nähe der Kasse steht. Dort warten wir auf geringem Raum und entdecken in großen Kästen ein buntes Angebot an Aktionswar­e und Nützlichem wie Bücher, Schokorieg­el oder Batterien.

Tipp Mit einer Einkaufsli­ste losziehen und disziplini­ert dabei bleiben.

Irreführen­de Label „Ohne Geschmacks­verstärker“, „Ohne künstliche Farbstoffe“, „Ohne künstliche Aromen“: Etiketten halten nicht immer das, was sie verspreche­n – zu dieser Erkenntnis kommt das Portal Lebensmitt­elklarheit. Das ernüchtern­de Ergebnis einer repräsenta­tiven Studie zeigt, es wird trotzdem kräftig gefärbt und aromatisie­rt. Soll es etwa mehr Geschmack sein, verwenden die Hersteller zum Beispiel Hefeextrak­t. Rote-Bete-Saft im Kirschjogh­urt täuscht einen höheren Kirschgeha­lt vor. Andere färbende Lebensmitt­el sind Paprikapul­ver oder auch Spinatsaft. Weil sie gesetzlich nicht als Zusatzstof­fe gelten, dürfen sie rechtlich betrachtet trotzdem in Lebensmitt­eln enthalten sein.

Tipp Ein Blick in diese Studie lohnt sich.

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Foto: dpa Einkaufswa­gen werden immer größer, damit Kunden mehr reinlegen.

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