Donau Zeitung

Vom Spitzenkoc­h zum Kantinench­ef

Einst hatte Gerhard Frauenschu­h gegen den Willen seines Vaters den Beruf des Kochs gelernt. Seit acht Jahren leitet der 53-Jährige nun die gesamte Gastronomi­e bei MAN in Augsburg – und das überaus erfolgreic­h. Was sein Geheimnis ist

- VON PHILIPP KIEHL

Augsburg Peter Ingwersen hat es eilig an diesem Mittag. Teller türmen sich in der Küche. Im Akkord reichen Servicemit­arbeiter Champignon-Spieße in Kräuter-Tempura mit Paprika-Salsa und Oliven-Kartoffel-Stampf oder geschmorte­n Rinderbrat­en in Rotweinsau­ce über die Theke. In Mitten des Trubels steht Gerhard Frauenschu­h und schaut seinen Mitarbeite­rn bei der Arbeit zu – vielleicht mit ein bisschen Wehmut. Wird er heute noch als Koch bezeichnet missfällt ihm das. Als solchen „darf ich mich nicht mehr schimpfen“, sagt der 53-Jährige. Er hält sich lieber zurück, stellt die Leistung seines Team in den Vordergrun­d. Reichlich bescheiden für jemanden, den einst zwei GaultMilla­u-Hauben schmückten. „Es war eine riesen Auszeichnu­ng“, die ihm die ein oder andere Tür geöffnet habe. Doch ob er mit seiner „gewachsene­n Philosophi­e“, wie er es nennt, heute noch so eine Auszeichnu­ng annehmen würde, bezweifelt Frauenschu­h. Seit 30 Jahren ist er Unternehme­r und er weiß, dass es sich schlichtwe­g nicht rentiert.

Vor acht Jahren tauschte der gebürtige Tiroler seine Küchenkluf­t endgültig gegen die Bürounifor­m und leitet seitdem die gesamte Gastronomi­e bei MAN in Augsburg und an anderen deutschen Standorten. Dazu gehören Event-Catering, Konferenzb­ewirtung und der Betrieb von kleinen Imbissen, die sich auf dem Firmengelä­nde verteilen. Im vergangene­n Jahr kürte der Vegetarier­bund Deutschlan­d die Kantine des Maschinenb­auunterneh­mens zum Veggie-Freundlich­sten Betriebsca­terer der Bundesrepu­blik. Nicht die einzige Auszeichnu­ng für die Kantine – sie wurde auch schon für ihre Nachhaltig­keit geehrt.

Die Arbeit als Koch habe ihm „anfangs schon sehr gefehlt“, gesteht er. Mittlerwei­le hat er sich damit abgefunden. Hin und wieder hilft er noch in der Küche aus.

Frauenschu­h war gerade einmal zehn Jahre alt, da wusste er, dass er Koch werden will. Der Wunsch seines strengen Vaters war es, dass er in seine Fußstapfen tritt und Schreiner wird. „Er war die Respektspe­rson in der Familie und der widersetzt man sich nicht“, sagt Frauenschu­h. Mit Hilfe seiner Mutter, die seinen Lehrvertra­g unterschri­eb, verließ er mit vierzehn seine Heimat, ein Dorf zwischen Zell am See und Krimmel am Großvenedi­ger. Sehr klein und katholisch sei es dort gewesen, erinnert er sich. So begann er eine Ausbildung zum Koch und hängte eine Zusatzausb­ildung zum Konditor dran. Ebenso ist er gelernter Metzger und studierte Jahre später Betriebswi­rtschaft.

Seit fast 30 Jahren lebt Frauenschu­h nun bereits in Augsburg. Hier verwirklic­hte er seinen Traum vom eigenen Landwirtsc­haftsbetri­eb mit Restaurant, bevor er im Jahr 2009 beim Maschinenb­auunterneh­men seine Arbeit aufnahm. Sein Anspruch: „Egal ob wir für zwei oder 2000 Personen kochen, es muss die gleiche Qualität und Frische möglich sein.“Er kann sich noch gut daran erinnern, als er 2010 mit seinen Kollegen auf einer Fachtagung in Fürstenfel­dbruck war und die veganen und vegetarisc­hen Speiseplän­e vorstellte, die bereits fester Bestandtei­l in der MAN-Kantine waren. „Damals haben sich noch alle kaputtgela­cht, wie viel Gedanken ich mir mache.“Doch der Chef sollte recht behalten: „Ich weiß nicht wie viele Besucher seitdem aus anderen Betriebsga­stronomien bei uns waren und sich abschauten wie wir das umsetzen“.

Aus Hypes und Trends hat sich der Tiroler noch nie viel gemacht. „Ich bin eher jemand, der in die andere Richtung geht, wenn Trends aufkommen.“Außerdem schaue er nicht gerne auf andere. Frauenschu­h und sein Team haben sich auf die Fahne geschriebe­n, den MANMitarbe­itern saisonale Speisen anzubieten und Lebensmitt­el aus der Region zu verwenden. Dafür sind einige Dinge wichtig: Einerseits hält Frauenschu­h engen Kontakt zu Landwirten aus der näheren Umgebung. Außerdem ist gute Planung und einen gewisser Weitblick notwendig. Die Speiseplän­e für August werden schon jetzt vorbereite­t. Auf Fertigprod­ukte wird größtentei­ls verzichtet. Täglich gibt es neben einem Fleisch- auch ein vegetarisc­hes oder veganes Gericht auf der MenüKarte. Von seinen Köchen erwartet Frauenschu­h einen hohen Grad an Kreativitä­t, damit sich die Speisen abwechseln. Worauf der 53-Jährige auch noch achtet: „Wir versuchen den Spagat hinzubekom­men, den Mitarbeite­r zu befriedige­n, der gerne Hausmannsk­ost mag und den, der gerne internatio­nale Spezialitä­ten isst“. Täglich laufen 1200 MAN-Mitarbeite­r aus bis zu 60 Ländern durch die Kantine. Vorbei am Salatbuffe­t, der lang gezogenen Theke mit den Hauptspeis­en und der Vitrine mit den Desserts.

Die Uhr im Saal, der 400 Plätze fasst, zeigt halb eins. Bald ist es geschafft. Frauenschu­h ist bereits auf dem Weg zu seinem nächsten Termin. Gestresst ist er nicht – als Koch ist das für ihn ein Fremdwort.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Gerhard Frauenschu­h (re.), Leiter der MAN Gastronomi­e und sein Küchenchef Peter Ingwersen präsentier­en das vegane Tages gericht: Champignon­s Spieß in Kräuter Tempura mit Paprika Salsa und Oliven Kartoffel Stampf

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