Wenn der Pfarrer herzhaft lacht
Von wegen Grummeln und schlechte Laune. Was Wertingens Stadtpfarrer Rupert Ostermayer anfangs angekündigt hatte, löst sich während des Laufens wie von selbst auf. Das hängt mit mehreren Dingen zusammen
Wertingen Wer Rupert Ostermayer näher kennt weiß, dass er ihn in manchen Situationen lieber erst mal in Ruhe lässt. Dann braucht der Pfarrer Zeit für sich, Zeit zum Durchschnaufen und Ankommen. Just in solch einem Moment traf Coach Markus Kratzer seinen ehemaligen Schulkameraden und derzeitigen Stadtpfarrer von Wertingen am frühen Donnerstagabend an. Schule und Dienstbesprechung, eine Beerdigung und 30 Kinder beim Beichten. „Mir bleibt heute gar nichts erspart“, grummelt Ostermayer, als er mit zehnminütiger Verspätung an der Marienkapelle am Wertinger Ortsrand ankommt. Während er sich Windjacke und Stirnband überzieht kündigt er an: „Heute ist mit Moserei meinerseits zu rechnen.“Statt der erhofften Sonne und Wärme fängt es just beim Loslaufen erneut zu schneien an.
„Erst Kapelle oder Laufen?“Ostermayer entscheidet sich für ersteres. Und schon stapfen die beiden die eingewachsenen Stufen zu „Maria in den Ähren“hoch. „Jetzt hat die Wirklichkeit sie eingeholt.“Der Pfarrer deutet auf die Häuser, mit denen nur wenige Meter entfernt die Bebauung beginnt. „Statt mitten im Feld steht die Marienfigur heute am Stadtrand von Wertingen.“Naturfreund Kratzer gefällt der Platz. Gerne zeigt er Einheimischen, dass sie innerhalb von fünf Minuten Ruhe jenseits des Alltagstrubels finden können. Gerade ältere Menschen wüssten oft noch tolle Plätze. Der eine 49, der andere 50 Jahre – zählen sie beide bereits zu den Alten? Ein erstes Schmunzeln. Mit Schwung geht es die kleine Anhöhe hinunter. Unten angekommen hält Coach Kratzer dem Wertinger Stadtpfarrer erneut einen Rucksack entgegen. Der nimmt ihn mit leicht skeptischem Blick, spannt ihn auf seinen Rücken und wundert sich, dass er leer bleibt. Kratzer ist wichtig, dass die Menschen wieder ein Gefühl für die eigene Belastung bekommen. Letztendlich bestimme jeder selbst, wie schnell und lange er wie unterwegs ist. „Manchmal braucht’s eine anstrengende Einheit um zu sehen, dass nichts passiert außer drei Tage Muskelkater“, erklärt Kratzer. Zu anderer Zeit – beispielsweise in Grippezeiten – habe der Körper schon genug mit der Immunabwehr zu tun.
Mittlerweile sind die beiden Männer losmarschiert. Flotten Schrittes schreitet Rupert Ostermayer die nächste Anhöhe hinauf. Links liegen die Wertinger Sportanwieder lagen. Geradeaus führt der Weg hinab ins Donauried, nach rechts ein Feldweg entlang des Waldes. Für diesen entscheidet sich der Pfarrer in weiser Voraussicht: „Alles was wir bergab laufen, müssen wir nachher wieder rauf.“Lachend biegen die beiden in Richtung „Waldkindergarten“ein. Der zeigt sich zu dieser Uhrzeit verlassen. „Das ganze Jahr im Freien?“– Coach Kratzer, der die Natur liebt, überlegt, wie es ihm damit wohl ginge. Apropos Wohlgefühl, wie geht es Rupert Ostermayer eigentlich mittlerweile? Zwei Tage sei er völlig raus gewesen, zwei weitere Tage habe er halbtags pausiert. „Insgesamt ging’s dieses Mal schnell, das hatte ich nicht gedacht.“
Nach einer Pause fängt Ostermayer an zu erzählen vom vergangenen Wochenende und seinem anschließenden Muskelkater in Armen und Beinen. Mit einer Abordnung der Ministranten war er zum Bowlen nach Augsburg gefahren. „Es hat riesen Spaß gemacht.“Scherzend erzählt er Markus Kratzer dass er ihm am liebsten ein Foto geschickt hätte – „meinem Personal Coach“. Zumal er sich mit voller Punktzahl ganz nach vorne kegelte.
Soll’s nach rechts oder noch eine Kurve weiter gehen? Ostermayer nimmt die größere Runde – er ist jetzt in Schwung. Seite an Seite walken sie weiter, reden über Bergführer und Vertrauen, über Urlaub und den Frühling. Irgendwann ist es dann soweit. Markus Kratzer zieht aus seinem Rucksack mehrere Gewichte. „Du weißt was kommt?“Der Stadtpfarrer lacht herzlich. „Ich weiß, dass es das letzte Stück bergab geht“, scherzt er. Statt acht sind es dieses Mal fünf Kilo. Ostermayer staunt ob der Leichtigkeit: „Wirst du mit der Zeit gnädiger und milder?“Mit der Zeit lerne er jemanden einfach besser kennen und merke, was ihm in jedem Moment gut tue, erklärt Kratzer. Seine Devise laute in jedem Fall: „Wir fangen gemütlich an und hören gemütlich auf – ich will, dass die Menschen am Ende eines Laufes das Gefühl haben, es locker geschafft zu haben.“Immerhin hat Rupert Ostermayer kein einziges Mal – wie angekündigt – gemosert. Mit geröteten Backen und guter Laune verabschiedet sich der Stadtpfarrer. Ein Taufgespräch steht für heute noch in seinem Terminkalender.
Begegnungen heißt unsere diesjähri ge Fastenserie, die auf Ostern mit ei nem Resümee von Stadtpfarrer Rupert Ostermayer und Coach Markus Kratzer enden wird.