Der Heimatdichter und die Uhr der Gesellschaft
● Zehntausende Uhren an öffentlichen Dorf und Stadtplätzen, den Bahn höfen und den Kirchen werden schon lange funkgesteuert weitergedreht. Auch der Mesner der katholischen Pfarrgemeinde St. Martin zu Wertin gen, Christoph Steib, kann – anders als seine Vorvorvorgänger, die noch Hand an mechanische Uhrwerke anle gen mussten – ruhig schlafen. Der dennoch fleißige Mann betrachtet die beiden Zeitänderungen im Jahr so wieso gelassen positiv: „Ist doch gut, wenn’s länger hell ist und dann frü her dunkel.“
● Die unterschiedlichen Lichtverhält nisse lassen auch wichtige Kommu nalvertreter in der Region eher kalt. „Wenn dann doch jemand am Mon tag etwas später im Rathaus eintreffen sollte, drücken wir als arbeitnehmer freundlicher Arbeitgeber ein Auge zu“, lacht der Gundelfinger Geschäftsstel lenleiter Heinz Gerhards. Sein Wertin ger Kollege Günther Weiser befürch tet keine Auswirkungen und verweist stolz auf seine eigene „zuverlässige innere Uhr“, die sich aufgrund seiner zahlreichen Welttouren selten aus dem Takt bringen lässt.
● Mit dem Zahn der Zeit und seinen Einflüssen auf zwei wie vierbeinige Geschöpfe befasst sich der 82 jährige Schriftsteller, Dichter, Historiker und Landwirt Alois Sailer schon lange. Als Mann des Wortes müsse er klar Stel lung beziehen „gegen diesen Blödsinn“, der den Tieren schade und eigentlich nur für die heutige Freizeitgesellschaft geschaffen worden sei: „Man will in der Moderne abends noch möglichst viel unternehmen – das ist der wirk liche Hintergrund und nicht das Ener giesparen.“Derweil verschwänden alte Gebräuche aus den Dörfern mit ih ren früher so bezeichnenden „Melo dien“von Fröschen und Hähnen. Die Zeitregelung müsse weg, fordert Sai ler. Dafür sprach sich im Februar das EU Parlament in Straßburg aus. Die EU Kommission in Brüssel will das prü fen. Könnte sein, dass dann bald kein Hahn mehr nach der umstrittenen Zeit umstellung krähen dürfte.