„Vergiss es nie, was wirklich im Leben zählt“
In Lauingen wird das Musical „Freude“aufgeführt. Schauspieler und Musiker machen sich darin auf die Suche nach dem Glück
Lauingen Ein Mann im blauen Anzug sitzt an seinem Schreibtisch und starrt in einen silbernen Laptop. Umgeben ist er von einer futuristisch anmutenden, silber-grauen Szenerie. „Es war einmal ein reicher Geschäftsmann. Der lebte in einem Haus aus Glas, Beton und Stahl“, tönt eine sonore Männerstimme aus den Lautsprechern. Die ersten Worte des Musicals „Freude“erinnern an die Texteinstiege der Grimm-Märchen. Und das nicht ohne Grund: „Freude“ist ein modernes Märchen untermalt mit Musik. Zusammen mit der Lebenshilfe Dillingen und der Grundschule Lauingen bringt die Lauinger Stadtkapelle das Musical-Märchen auf die Bühne. Komponist ist Kurt Gäble. Er hat in Augsburg studiert und wird am Sonntag die Aufführung in der Stadthalle besuchen.
Worum geht es also? Im Mittelpunkt steht eben jener reiche Geschäftsmann im blauen Anzug, ge- spielt von Kristian Kempfle. Reich geworden ist er mit einem smarten Geschäftsmodell: Im Internet verkauft er „Freude“in Form von immerneuen Produkten. Bald aber kommt es zum Bruch der Geschichte. Die Stadtkapelle verlangsamt die Musik, sie wird tragender und me- lancholischer. Den Kopf in die Hände gestützt, besingt der Geschäftsmann sein Elend: „Was ist los seit einigen Tagen, ich könnte verzagen.“Während er Freude verkauft hat und damit reich wurde, hat er selbst seine Freude verloren. Weil er es nicht anders kennt, versucht er sie selbst im Internet zu kaufen – erfolglos. Hier offenbart sich die Moral des Musicals: Es ist die Erkenntnis, dass ständiges Geldanhäufen, um es auszugeben und dann auch das x-te Smartphone zu besitzen, nicht glücklich machen kann. Was sich dabei konkret hinter jenen „Freudendingen“verbirgt, lassen die Darsteller bewusst offen. Das Stück wirkt dadurch zeitlos – angesiedelt irgendwo zwischen Gegenwart und Zukunft. Was also bringt uns dann Freude, wenn nicht die neuesten Produkte? Der Geschäftsmann lernt das von einer mysteriösen Frau, die in sein Leben tritt. Gespielt wird sie von Juliet Eberle. Sie überredet ihn aus dem Haus zu kommen, läuft mit ihm durch Wälder und Wiesen. Mit imitierten Vogelgesängen und Spechthämmern liefert die Stadtkapelle die entsprechende Geräuschkulisse. An einem Bach, dargestellt von Schauspielern der Lebenshilfe, erhellt sich die Stimmung des Geschäftsmanns. Er vergisst seine technischen Spielereien und findet die Freude in der Natur, der Freundschaft und der Liebe. Ein sehenswertes Musical mit starkem Orchester und überzeugenden Darstellern, das in einem bunten Finale endet: Blumenmädchen tanzen durch die Halle, einige Kinder wedeln mit bunten Bändern, andere balancieren auf Bällen und Einrädern. „Vergiss es nie, was wirklich im Leben zählt“, singt der KinderChor zum Ende der Geschichte.
„Freude“wird noch heute (Beginn 19 Uhr) und morgen (17 Uhr) in der Lau inger Stadthalle aufgeführt.