Gundelfingen verspielt eine historische Chance
Zu „Das Kriegerdenkmal wird teurer“vom 17. März:
Die Stadt Gundelfingen ist gerade dabei, eine wichtige gesellschaftliche und historische Chance zu verspielen – es sollte nicht nur um feuchte Mauern gehen! Mag ja zunächst sehr lobenswert klingen, ein „Kriegerdenkmal“zum Friedensdenkmal „umzugestalten“. Bei dem Gundelfinger Bauwerk handelt es sich bekanntlich nicht um ein herkömmliches Kriegerdenkmal, sondern um eine reine, verwerfliche zur Kriegspropaganda erstellte Show mit unsäglichen Aufmärschen der Nazis, um die Bevölkerung auf den „Totalen Krieg“1939 einzuschwören.
Die Stadt Gundelfingen hat 1938 zugelassen, dass die Nazi- Schergen die im 1. Weltkrieg gefallenen Soldaten der Stadt dazu missbraucht haben. Das ist das Schändliche und Verwerfliche neben all dem üblen Gedankengut. Wir sollten also schon eher von einem „Kriegstreiber-Denkmal“sprechen, das damals wohl begeistert von der großen Menge der Bevölkerung begrüßt wurde! Soll jetzt der Versuch gemacht werden, unter Kirschblüten-Duft und himmelblauem, lichtdurchflutendem GlasDesign den dunklen Fleck der Stadtgeschichte unreflektiert zu „überdecken“? Das wird so nicht gelingen!
Wir stehen im Jahr 2018 (100 Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs) und müssen feststellen, dass die Übel des letzten Jahrhunderts nicht aufgearbeitet sind. Mit einer inhaltlichen Aufarbeitung durch Kunst, Literatur, historischer, sachkundiger Reflexion in Form von Vorträgen, Diskussionen und Ähnlichem wäre die Stadt Gundelfingen sicher besser gefahren. Sie hätte die Chance gehabt, über Stadtund Landkreis-Grenze hinaus einen positiven gesellschaftlichen Prozess anzuschieben, in Zeiten, wo Populismus und Rechtsradikalismus neu aufblühen. Das Dilemma war leider bereits im AusschreibungsVerfahren angelegt.
Johann Schickinger, Höchstädt