Willkommensgruß an den Frühling
Dillinger Kammerorchester serviert kompositorische Reichtümer des 19. Jahrhunderts. Das Publikum ist begeistert
Dillingen Ein restlos ausverkauftes Haus belegte erneut die Attraktivität der Konzertabende, die der Kulturring im Festsaal des Dillinger Schlosses unter der Leitung von Wolfgang Düthorn alljährlich veranstaltet. Der Publikumserfolg ist nicht nur die Konsequenz eines sorgsam ausgesuchten Programms. Er beruht auch auf dem Eindruck, dass mit dem Dillinger Kammerorchester ein engagiertes Ensemble mit hörbarer und sichtbarer Freude musiziert.
Die Besucher, begrüßt von Wolfgang Düthorn und dem KulturringVorsitzenden Werner Bosch, genossen ganz offensichtlich die fröhliche Programmfolge als einen Willkommensgruß an den Frühling. Heiter und vital wirkte trotz aller MollEinschübe Mozarts einleitende Sinfonietta, die auf dem Klavierstück zu vier Händen KV 381 basiert. Das Ensemble ließ sich beim Allegro des ersten Satzes nicht vom kuriosen internationalen Wettbewerb um die schnellste Performance beeindrucken. So gelang ein wunderbares Tongemälde, das die kompositorische Souveränität des 14-jährigen Mozart bewusst machte. Die strukturierte Logik der Motivverarbei- tung, die Dialoge mit dem Frageund Antwortspiel der Instrumentalgruppen und schließlich die Pizzicato-Effekte im dritten Satz sicherten dem Werk die beabsichtigte Wirkung einer Einleitung voller Charme und Heiterkeit.
Miriam Galonska (Sopran) und Michael Finck (Klavier) übertrugen diesen Reiz nationaler Musiktradition in ein romantisches Kolorit. Die Texte der Frühlingslieder von Felix Mendelssohn-Bartholdy enthielten mit den Wörtern „Blumenstrauß“, „Nachtigall“, „Liebe“, „Seligkeit“und „Frühlingstraum“alle Leitmotive einer romantisierten Welt, die bereits vom Geist der Biedermeierzeit bedroht war. „Ach Clara, was das für eine Seligkeit ist, für Gesang zu schreiben!“bekannte Schumann 1840 in einem Brief an seine Braut Clara Wieck. Diese schwärmerische Seligkeit vermittelte auch die emotionalisierte Gestaltung der einzelnen Abschnitte beim Kammerkonzert. Dabei unterstrichen die beiden Künstler weniger die Kontraste, sondern mit ihrem Vortrag in durchgehendem Forte mehr die Vitalität der am Volkslied orientierten Kompositionen.
Zu den weiteren Höhepunkten des Abends gehörte der Auftritt des Solisten Peter Stenzel. Der Klarinettist interpretierte die Variationen über das Mozart-Thema „Reich mir die Hand, mein Leben!“aus „Don Giovanni“. Mit werktreuer Präzision vermittelte Stenzel ein mitreißendes Beispiel vom kreativen Impuls eines musikalischen Motivs auf die Variationskunst des Komponisten Franz Danzi (1763-1826). In den drei Sätzen verwob Stenzel lyrische Verspieltheit mit bühnengerechter Koketterie, tändelnde Verzierungen mit dramatischer Sechzehntel-Rasanz. Langanhaltender, begeisterter Beifall.
Das Medley mit berühmten Melodien von Tschaikowsky in einer Bearbeitung für Streicher umfasste charakteristische Elemente vom Klavierkonzert in b-Moll bis zum Marseillaise-Zitat aus der „Ouvertüre 1812“. Wucht und Walzerschwung, reiner Romantikrausch und drohende Dramatik wurden vom Ensemble, das ohne direkten Dirigenten auskommt, wie eine Werbung für die Kunst Tschaikowskys in perfekte Klangbilder umgesetzt. Abgerundet wurde die Vortragsfolge mit einem Schritt in die Filmwelt des 20. Jahrhunderts. Kompositionen aus der JamesBond-Welt verdeutlichten die erfinderische Vielfalt dieser Filmmusik, die sich beim Ansehen von JamesBond-Filmen kaum entdecken lässt, weil alle Sinne von der Dramatik der Handlung in Anspruch genommen werden. Im Saal des Schlosses sorgte schon der neue Schlagzeuger Florian Häderle dafür, dass die rhythmusverliebte Musik aus dieser neuen Welt wirkungsvoll zur Geltung kam. Mit dem „Ballnachtgalopp“von Johann Strauß Vater bediente sich die Zugabe aber noch einmal an den kompositorischen Reichtümern des 19. Jahrhunderts.