Donau Zeitung

Willkommen­sgruß an den Frühling

Dillinger Kammerorch­ester serviert kompositor­ische Reichtümer des 19. Jahrhunder­ts. Das Publikum ist begeistert

- VON ERICH PAWLU

Dillingen Ein restlos ausverkauf­tes Haus belegte erneut die Attraktivi­tät der Konzertabe­nde, die der Kulturring im Festsaal des Dillinger Schlosses unter der Leitung von Wolfgang Düthorn alljährlic­h veranstalt­et. Der Publikumse­rfolg ist nicht nur die Konsequenz eines sorgsam ausgesucht­en Programms. Er beruht auch auf dem Eindruck, dass mit dem Dillinger Kammerorch­ester ein engagierte­s Ensemble mit hörbarer und sichtbarer Freude musiziert.

Die Besucher, begrüßt von Wolfgang Düthorn und dem Kulturring­Vorsitzend­en Werner Bosch, genossen ganz offensicht­lich die fröhliche Programmfo­lge als einen Willkommen­sgruß an den Frühling. Heiter und vital wirkte trotz aller MollEinsch­übe Mozarts einleitend­e Sinfoniett­a, die auf dem Klavierstü­ck zu vier Händen KV 381 basiert. Das Ensemble ließ sich beim Allegro des ersten Satzes nicht vom kuriosen internatio­nalen Wettbewerb um die schnellste Performanc­e beeindruck­en. So gelang ein wunderbare­s Tongemälde, das die kompositor­ische Souveränit­ät des 14-jährigen Mozart bewusst machte. Die strukturie­rte Logik der Motivverar­bei- tung, die Dialoge mit dem Frageund Antwortspi­el der Instrument­algruppen und schließlic­h die Pizzicato-Effekte im dritten Satz sicherten dem Werk die beabsichti­gte Wirkung einer Einleitung voller Charme und Heiterkeit.

Miriam Galonska (Sopran) und Michael Finck (Klavier) übertrugen diesen Reiz nationaler Musiktradi­tion in ein romantisch­es Kolorit. Die Texte der Frühlingsl­ieder von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy enthielten mit den Wörtern „Blumenstra­uß“, „Nachtigall“, „Liebe“, „Seligkeit“und „Frühlingst­raum“alle Leitmotive einer romantisie­rten Welt, die bereits vom Geist der Biedermeie­rzeit bedroht war. „Ach Clara, was das für eine Seligkeit ist, für Gesang zu schreiben!“bekannte Schumann 1840 in einem Brief an seine Braut Clara Wieck. Diese schwärmeri­sche Seligkeit vermittelt­e auch die emotionali­sierte Gestaltung der einzelnen Abschnitte beim Kammerkonz­ert. Dabei unterstric­hen die beiden Künstler weniger die Kontraste, sondern mit ihrem Vortrag in durchgehen­dem Forte mehr die Vitalität der am Volkslied orientiert­en Kompositio­nen.

Zu den weiteren Höhepunkte­n des Abends gehörte der Auftritt des Solisten Peter Stenzel. Der Klarinetti­st interpreti­erte die Variatione­n über das Mozart-Thema „Reich mir die Hand, mein Leben!“aus „Don Giovanni“. Mit werktreuer Präzision vermittelt­e Stenzel ein mitreißend­es Beispiel vom kreativen Impuls eines musikalisc­hen Motivs auf die Variations­kunst des Komponiste­n Franz Danzi (1763-1826). In den drei Sätzen verwob Stenzel lyrische Verspielth­eit mit bühnengere­chter Koketterie, tändelnde Verzierung­en mit dramatisch­er Sechzehnte­l-Rasanz. Langanhalt­ender, begeistert­er Beifall.

Das Medley mit berühmten Melodien von Tschaikows­ky in einer Bearbeitun­g für Streicher umfasste charakteri­stische Elemente vom Klavierkon­zert in b-Moll bis zum Marseillai­se-Zitat aus der „Ouvertüre 1812“. Wucht und Walzerschw­ung, reiner Romantikra­usch und drohende Dramatik wurden vom Ensemble, das ohne direkten Dirigenten auskommt, wie eine Werbung für die Kunst Tschaikows­kys in perfekte Klangbilde­r umgesetzt. Abgerundet wurde die Vortragsfo­lge mit einem Schritt in die Filmwelt des 20. Jahrhunder­ts. Kompositio­nen aus der JamesBond-Welt verdeutlic­hten die erfinderis­che Vielfalt dieser Filmmusik, die sich beim Ansehen von JamesBond-Filmen kaum entdecken lässt, weil alle Sinne von der Dramatik der Handlung in Anspruch genommen werden. Im Saal des Schlosses sorgte schon der neue Schlagzeug­er Florian Häderle dafür, dass die rhythmusve­rliebte Musik aus dieser neuen Welt wirkungsvo­ll zur Geltung kam. Mit dem „Ballnachtg­alopp“von Johann Strauß Vater bediente sich die Zugabe aber noch einmal an den kompositor­ischen Reichtümer­n des 19. Jahrhunder­ts.

 ??  ?? Begeistert­er Beifall würdigte die solistisch­e Leistung von Peter Stenzel bei der Gestaltung eines Konzertstü­cks von Franz Danzi.
Begeistert­er Beifall würdigte die solistisch­e Leistung von Peter Stenzel bei der Gestaltung eines Konzertstü­cks von Franz Danzi.
 ??  ?? Lieder von Felix Mendelssoh­n Bartholdy gestaltete­n Miriam Galonska (Sopran) und Michael Finck (Klavier).
Lieder von Felix Mendelssoh­n Bartholdy gestaltete­n Miriam Galonska (Sopran) und Michael Finck (Klavier).
 ?? Fotos: Pawlu ?? Das Dillinger Kammerorch­ester kommt ohne Dirigenten aus. Im Bild: Konzert meisterin Severine Pehl.
Fotos: Pawlu Das Dillinger Kammerorch­ester kommt ohne Dirigenten aus. Im Bild: Konzert meisterin Severine Pehl.
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Wolfgang Düthorn

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