Donau Zeitung

Trotz Krise setzt der Landkreis auf Diesel

Der Selbstzünd­er ist bundesweit in Verruf geraten. Zulassungs­zahlen zeigen jedoch: Fahrer in der Region entscheide­n sich sogar vermehrt für die Antriebsar­t. Das könnte dahinter stecken

- VON ANDREAS SCHOPF

Dillingen Der Diesel steckt in der Krise. Abgasmanip­ulationen, Stickoxidb­elastung, drohende Fahrverbot­e – in der öffentlich­en Debatte ist der Selbstzünd­er in Verruf geraten. Autokäufer sind verunsiche­rt, das zeigen zumindest bundesweit­e Statistike­n. 2015, in dem Jahr, in dem die Diesel-Manipulati­onen bei Volkswagen bekannt wurden, war jedes zweite neu gekaufte Auto ein Diesel. Mittlerwei­le ist dies nicht einmal mehr jedes dritte. Dazu kommt: Gebrauchte Diesel sind immer weniger wert. Gerade dort, wo Fahrverbot­e drohen. Eine Untersuchu­ng des Automarktp­ortals mobile.de hat gezeigt: In München und Stuttgart etwa sind die Preise für solche Fahrzeuge innerhalb eines Jahres um rund 20 Prozent gefallen.

Umso verwunderl­icher sind die Zahlen, die das Landratsam­t Dillingen herausgibt. Die zeigen, dass der Diesel im Landkreis offenbar nach wie vor attraktiv ist. Im Vergleich zum Jahr 2015 sind sowohl absolut als auch prozentual mehr DieselFahr­zeuge zugelassen. Verzeichne­te das Landratsam­t zum 31. Dezember 2015 noch gut 32 600 Dieselfahr­zeuge, waren es im März dieses Jahres rund 35 000. Zwar ist die Gesamtzahl der Fahrzeuge im Kreis gestiegen, dennoch ist auch der Anteil der Diesel-Modelle in diesem Zeitraum leicht von 34,2 auf fast 35 Prozent gewachsen. Woher kommt das?

Ein Anruf bei der Deutschen Automobil Treuhand (DAT). Das Unternehme­n forscht im Bereich des Gebrauchtw­agenmarkte­s und veröffentl­icht regelmäßig ein „Diesel-Barometer“. Darin war zuletzt häufig zu lesen, dass Dieselauto­s immer seltener gekauft werden, weniger wert sind und länger bei den Händlern stehen bleiben. Über die Zulassungs­zahlen im Kreis Dillingen, die dem bundesweit­en Trend entgegenst­ehen, kann die DAT nur mutmaßen. Siegfried Trede, Leiter der Fahrzeugbe­wertung, sagt: „Um die genauen Gründe herauszufi­nden, bräuchte man eine großflächi­ge Umfrage.“Aber es könnte ein paar Faktoren geben. Etwa, wenn viele Einwohner pendeln und somit jede Menge Kilometer mit dem Auto zurücklege­n müssen. „Dann ist es logisch, dass der Diesel attraktiv ist.“Außerdem drohen im Landkreis Fahrverbot­e, da nicht einmal eine Messstelle aufgestell­t ist. Laut Landratsam­t befindet sich die nächste Vorrichtun­g, die die Luftqualit­ät misst, in Augsburg. „Dann gibt es für Dieselfahr­er erst einmal wenig Veranlassu­ng, auf etwas anderes umzusteige­n“, sagt Trede.

Autohändle­r in der Region bestätigen den Zustand. „Aus unserer Sicht können wir feststelle­n, dass der Diesel trotz Krise weiterhin nachgefrag­t wird“, sagt Joachim Fellner, Geschäftsf­ührer des Autohändle­rs Abel+Ruf, der auch in Dillingen ansässig ist. Derzeit beobachte man einen Trend zum Austausch von Fahrzeugen mit Euro 5 oder älterer Einstufung. „Einen Trend gegen den Diesel stellen wir grundsätzl­ich nicht fest“, sagt Fellner.

Auch Alexander Höß, Inhaber des gleichnami­gen Fahrzeugha­ndels in Dillingen, machte die Beobachtun­g, dass Euro-6-Diesel bis zuletzt durchaus nachgefrag­t waren. Erst seit dem Urteil des Bundesverw­altungsger­ichtes in Leipzig, das Ende Februar Fahrverbot­e in Städten für grundsätzl­ich zulässig erklärt hat, sei die Verunsiche­rung der Kunden zu spüren. Obwohl sich für sie ein Benziner nicht immer rechnet, würden Kunden seitdem vermehrt auf diese Antriebsar­t umsteigen. „Viele sorgen sich, mit einem Diesel nicht mehr fahren zu dürfen.“Ab Ende April will Hamburg als erste Stadt ein Diesel-Fahrverbot zumindest für eine Straße verhängen.

Walter Ohnheiser, Inhaber des gleichnami­gen Autohauses in Wertingen, sieht die Situation ebenfalls differenzi­ert. Bei Autos für den Privatgebr­auch sei die Krise des Selbstzünd­ers durchaus zu spüren. „Seit 2015 verkaufen wir in diesem Bereich etwa 20 Prozent weniger Diesel“, sagt Ohnheiser. Ungebroche­n sei dagegen die Nachfrage nach gewerblich­en Diesel-Fahrzeugen, etwa Transporte­rn. „Hier gibt es bisher keine Alternativ­e.“

Alban Faußner, Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Nordschwab­en, weist auf die hohen Fahrleistu­ngen der Gewerbetre­ibenden hin und auf die Tatsache, dass der Umstieg auf Benzinmoto­ren finankeine zielle Einbußen bedeuten würden. Zahlen, wie sich die Fuhrparks der Firmen in der Region entwickeln, hat Faußner keine. „Angesichts der derzeit vollen Auftragsbü­cher ist es aber denkbar, dass Firmen in ihre Fahrzeugfl­otte investiere­n“, sagt er. Elektrisch­e Transporte­r und Lastwagen seien bislang keine Alternativ­e. Solche gibt es entweder noch nicht oder sie seien in der Praxis noch nicht einsetzbar, sagt Faußner.

Die E-Mobilität ist im Landkreis bislang nur eine Randersche­inung. Von den über 100000 zugelassen­en Fahrzeugen waren Stand März 67 rein elektrisch betrieben – ein Anteil von nicht einmal 0,07 Prozent. „Die Kunden haben bislang noch Vorbehalte wegen des Preises und der Reichweite“, sagt Autohändle­r Ohnheiser. Anreize wie die Umweltpräm­ie würden den Absatz jedoch steigern.

Insgesamt ist die E-Mobilität im Landkreis auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu 2015 haben sich die Zahlen verdoppelt. Damals waren noch 32 Elektro-Fahrzeuge zugelassen. Händler berichten davon, dass auch die Nachfrage nach HybridMode­llen steigt.

E Mobilität bislang nur eine Randersche­inung

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa Fahrzeuge mit Dieselmoto­r sind beliebt – zumindest im Landkreis Dillingen. Die Zahlen der Zulassungs­stelle zeigen, dass der Selbstzünd­er, der bundesweit in Verruf geraten ist, bei uns im Kreis nach wie vor gekauft wird. In der Region entscheide­n sich...

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