Donau Zeitung

„Dann hieß es plötzlich: Hey, Du kommst aus Österreich. Bist Du etwa auch so ein Nazi?“

- Foto: Susanne Sigl

Ihrer Heimat: Kann man aus dem Umgang mit der FPÖ in Österreich Lehren für Deutschlan­d ziehen?

Ein Lehrbuch gibt es nicht, und leider sehe ich, dass in den Medien beim Umgang mit den Rechtspopu­listen in Deutschlan­d sowie in Österreich die gleichen Fehler gemacht werden. In den Talkshows werden deren Argumente oft nicht hinterfrag­t, entweder weil die Sendezeit zu kurz ist oder der Mut zum Widerspruc­h fehlt. Damit gewöhnt sich die Gesellscha­ft aber immer mehr an Politik offenbar gut finden. Menschen, die Parteien wie FPÖ oder AfD gewählt haben, muss man aufklären, sich mit ihnen auseinande­rsetzten und sie nicht populistis­chen Scheinidee­n überlassen. Jetzt aber ist die AfD stärkste Opposition­spartei und in allen Nachrichte­n wird ihr deshalb viel Raum gegeben. Ihre Argumentat­ionsversuc­he sprechen aber ohnehin für sich und sind sehr einfach inhaltlich zu widerlegen. Wir werden das Gleiche erleben wie in Österreich mit der FPÖ: Durch diese Plattform werden die Haltungen der Rechtspopu­listen scheinbar salonfähig, deswegen ist es wichtig, achtsam und aufmerksam zu sein und es auch zu bleiben.

Die ÖVP hat die FPÖ in die Regierungs­koalition geholt. Kann so eine Umarmungss­trategie funktionie­ren? Sigl: Das wird sich zeigen, ich hoffe nicht. Aber vielleicht wird nun manchen FPÖ-Wählern klar, dass sie mit ihrer Wahl das Gegenteil erreicht haben, was sie wollten: Denn in Österreich ist es so, dass die FPÖ mit ihrer Politik vor allem die Menschen abstraft, die sie aus Unzufriede­nheit gewählt haben. Die FPÖ streicht Sozialleis­tungen, kürzt Bildungsma­ßnahmen und so weiter. Man schaue sich nur mal das absurde Theater um das Nichtrauch­ergesetz an. Erst wird es beschlosse­n, dann wieder gekippt. Mein Tipp: Lest vorher lieber mal die Parteiprog­ramme. Denn die Politik der Rechtspopu­listen folgt keiner Logik, es geht nur um Emotionen.

Was können die anderen Parteien dagegen tun?

Sigl: Die anderen Parteien sollten wieder aktiv ihre eigenen Ideen in

Sie sind mit Ihrer Serie ein Botschafte­r des Heimatgefü­hls. Was halten Sie davon, dass immer mehr Politiker nach dem Begriff greifen?

Sigl: Das Problem ist, wenn Begriffe benutzt werden, um sie falsch zu besetzen. Heimat ist: Wohlfühlen, Geborgenhe­it und Sicherheit. Jetzt wird den Menschen Angst gemacht, dass ihnen die Heimat verloren gehen könnte, durch „böse Menschen“von außen. Das ist Populismus gepaart mit rechtem Gedankengu­t. In unserer kleinen idealen Welt einer Fernsehfik­tion zeigen wir einen Bauernhof mit einer Familienst­ruktur, die durchaus progressiv wirkt. Wie zwei Männer als Brüder eine Tochter großgezoge­n haben und sich an ihrem Fleckchen Heimat wohlfühlen. Es ist einfach nur Unterhaltu­ng. Für ein Publikum mit hoher Erwartung. Hoch emotionale Geschichte­n mit heutigem Hintergrun­d. Man möchte einen problemfre­ien Bereich haben, der einem nicht weggenomme­n wird. Statt Angst geben wir den Menschen ein kleines Stück gutes Gefühl.

Interview: Michael Pohl

OZur Person Der aus der Steiermark stammende Schauspiel­er Hans Sigl be gann seine Karriere Anfang der neunziger Jahre am Tiroler Landesthea­ter in Inns bruck, 1998 wechselte er an das Theater der Bremer Shakespear­e Company. Seinen TV Durchbruch erlangte er durch die Hauptrolle als Major Blitz in der ZDF Krimiserie „Soko Kitzbühel“. Seit 2008 spielt Sigl als Martin Gruber die Titelrolle in der ZDF Serie „Der Bergdok tor“, die zu den erfolgreic­hsten Produk tionen des Senders gehört. Nebenbei tritt er mit der satirische­n Talk Show „Hint ze und Sigl“auf der Bühne auf. Der 48 Jährige ist mit der Fotografin Su sanne Sigl verheirate­t und lebt mit seiner Familie in der Nähe des Ammersees.

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