Donau Zeitung

Durchbruch im Schreberga­rten Mord

Vier Tage nach dem Verbrechen bei Ingolstadt präsentier­en die Ermittler einen Tatverdäch­tigen. Er kannte das Opfer. Doch warum hat er den Mann getötet?

- VON FABIAN HUBER

Ingolstadt Der orangefarb­ene Gartenschl­auch ist nur lose aufgewicke­lt, als wäre er eben noch benutzt worden. Daneben eine kleine Gartenhütt­e, eine umgekippte Schubkarre, ein halb abgedeckte­r Stapel Holz. Fast niedlich, diese auf Plakat gedruckte, an der Wand befestigte, so beiläufig unperfekte Gartenwelt. Eigentlich. Doch auf einem hüftschmal­en Pflasterwe­g klebt ein großer Blutfleck. Darunter steht: „Ermittlung­sgruppe Schreberga­rten.“

Freitagmit­tag in Ingolstadt. Das Polizeiprä­sidium Oberbayern Nord hat kurzfristi­g zu einer Pressekonf­erenz geladen, um Wichtiges zu verkünden. Die Gesichter der Verantwort­lichen lassen eine gewisse Erleichter­ung erkennen. Es ging dann alles doch schneller als erwartet. Vier Tage nach dem Mord an einem 36-jährigen Deutsch-Türken in einer Schreberga­rtenanlage bei Ingolstadt kann die Polizei einen Tatverdäch­tigen präsentier­en: ein 41-jähriger türkischer Staatsbürg­er, der am Donnerstag­abend von Beamten eines Sondereins­atzkommand­os in einer Kneipe im Ingolstädt­er Norden festgenomm­en wurde.

Stunden zuvor hatte sich der Tatverdach­t „aufgrund von mehreren unabhängig­en Aussagen“gegen den Mann derart verdichtet, dass eine vorläufige Festnahme angeordnet wurde, sagt Staatsanwa­lt Jürgen Staudt. Beamte der Kriminalpo­lizei hätten daraufhin verdeckt „alle möglichen Aufenthalt­sorte“des Verdächtig­en gesichert und ihn schließlic­h in einer Gaststätte lokalisier­t. Der Zugriff erfolgte dann gegen neun Uhr abends.

Der mutmaßlich­e Täter befindet sich mittlerwei­le in einer nicht näher genannten bayerische­n Justizvoll­zugsanstal­t. Gegen ihn wurde ein Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Zur Tat machte er bislang keine Angaben.

Noch lässt sich nicht genau rekonstrui­eren, was sich in der idyllische­n Kleingarte­nanlage zwischen Ingolstadt und der Nachbargem­einde Gaimershei­m (Kreis Eichstätt) abgespielt hat. Als gesichert gilt: Ein 47-jähriger Ingolstädt­er hatte sich am Ostermonta­g Sorgen um seinen Schichtlei­ter gemacht, weil dieser nicht zur Arbeit in einem Logistikbe­trieb erschienen war. Anrufe blieben unbeantwor­tet, also fuhr der Mann am Spätnachmi­ttag zum kleinen Grundstück des Getöteten. „Er wusste von dem Schreberga­rten, weil er sich dort regelmäßig aufhielt“, sagt Alfred Grob, Leiter der Kripo Ingolstadt.

In der Parzelle bot sich ihm dann ein Bild des Schreckens: Auf einer Grünfläche lag der Arbeitskol­lege in seinem eigenen Blut – erstochen. Die Kriminalpo­lizei nahm sofort Ermittlung­en auf. Noch in der Nacht wurde die Leiche von der Rechtsmedi­zin in München obduziert. Das Ergebnis: zahlreiche Stichverle­tzungen am gesamten Oberkörper. Jede für sich wäre tödlich gewesen – ein brutaler Mord. Die Staatsanwa­ltschaft geht von Heimtücke aus.

Die Spurensuch­e lief auf Hochtouren. 35 Beamte der Bereitscha­ftspolizei Eichstätt mit Spürhunden und Metalldete­ktoren arbeiteten sich durch die Umgebung des Schreberga­rtens: ein Wassergrab­en, Büsche, Geäst. Ein 3D-Scanner entwarf eine detailgetr­eue Animati(SEK) on des Geländes, um die Tat nachstelle­n zu können. Nach derzeitige­m Kenntnisst­and war der kleine Garten auch der Tatort. Es wurden mehrere Messer gefunden. Ob sich darunter auch die Tatwaffe befindet, ist noch unklar.

Gleichzeit­ig ging die eigens ins Leben gerufene, siebenköpf­ige Ermittlung­sgruppe „Schreberga­rten“Aussagen aus der Bevölkerun­g nach und stieß so auf den Tatverdäch­tigen. Welche Hinweise genau zur Ergreifung führten, will Einsatzgru­ppenleiter Manfred Schallerer nicht verraten, wie sich der Kriminalha­uptkommiss­ar überhaupt zu einigen Details noch bedeckt hält.

Im Zuge der Festnahme seien „verschiede­ne Gegenständ­e sichergest­ellt worden“. Hinsichtli­ch des Motivs zeichne sich „eine gewisse Tendenz ab“. Immerhin so viel: Täter und Opfer hätten sich „allgemein gekannt“, seien aber „nicht befreundet“gewesen.

Die Ermittlung­en gehen weiter. Gutachten müssen ausgewerte­t und die Beweislage erhärtet werden. Bis zu einer Anklage wird es wohl noch mehrere Monate dauern.

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 ?? Foto: Luzia Grasser ?? In dieser Schreberga­rtenanlage in der Nähe von Ingolstadt wurde das Mordopfer am Ostermonta­g von einem Arbeitskol­legen gefunden. Später entdeckte die Polizei dort meh rere Messer. Ob sich darunter auch die Tatwaffe befindet, ist noch unklar.
Foto: Luzia Grasser In dieser Schreberga­rtenanlage in der Nähe von Ingolstadt wurde das Mordopfer am Ostermonta­g von einem Arbeitskol­legen gefunden. Später entdeckte die Polizei dort meh rere Messer. Ob sich darunter auch die Tatwaffe befindet, ist noch unklar.

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