Das Erbe der CSU
Eine schöne Vorstellung: Der bekennende Stoiberianer Markus Söder zieht morgens, wenn er sich allein wähnt in der Staatskanzlei, behutsam ein Frühstücksbrettchen aus der Aktentasche, schnuppert andächtig an der Devotionalie und schmiert sich darauf eine fränkische Wurstsemmel. Es ist Stoibers berühmtes Brettchen, das Original vom legendären Wolfratshauser Frühstück mit Angela Merkel.
Tatsache ist hingegen, dass der ehemalige CSU-Generalsekretär und nun amtierende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer das letzte Auto von Franz Josef Strauß fährt. Es ist ein über 30
Jahre alter BMW 325ix. Scheuer hat die Karre kürzlich einem anderen Strauß-Verehrer abgekauft. Nicht Söder (der hätte so einen Schatz niemals mehr hergegeben), sondern dem Ex-Chefredakteur des
Scharnagl. Das Andenken der Altvorderen (der meisten zumindest) hochzuhalten und das CSU-Erbe zu polieren und zu pflegen, gehört zum Markenkern der Partei. Vermutlich weiß die Öffentlichkeit nicht alles über die Verehrungsrituale.
Wie viele Geweihe von Böcken, die FJS persönlich geschossen hat, hängen bei Alexander Dobrindt im Büro? 17? 67? Was liegt auf der Hutablage von Joachim Herrmann? Einer der Bocksbeutel, die FJS vor seinem weinseligen TV-Auftritt in den 1980er Jahren geleert hatte? Könnte es sein, dass Horst Seehofer daheim einen Fußabstreifer liegen hat, auf dem das schon abgewetzte Konterfei Söders gerade noch zu erkennen ist? Vermutlich gibt es im Keller der CSU-Parteizentrale Tauschbörsen. Wir stellen uns vor: zwei Doktortitel (die von Guttenberg und Scheuer) im Tausch gegen eine heimliche Tonbandaufnahme mit einem Stoiber-Satz ohne ein einziges Äh. Oder: das Messer, das Seehofer bei Söders MP-Kür in der Hosentasche aufging, gegen eine der lateinischen Schmutzeleien vom großen FJS.