Donau Zeitung

Die Zeitmaschi­ne

Wie die Technik die Planung und Vermarktun­g von Bau- und Immobilien­projekten vereinfach­t

- VON KATHARINA KASARINOW

„If you can dream it, you can do it“: Nie war das Zitat von Walt Disney realer als heute. Mithilfe der virtuellen Realität lässt sich bereits heute jede vorstellba­re Umgebung, jeder Körper und jede mögliche Erfahrung simulieren. Eine völlig neue Perspektiv­e für Planer, Architekte­n und Bauträger.

Die oben genannten Akteure haben eins gemeinsam. Sie brauchen eine große Portion Vorstellun­gskraft bei der Konzeption von Projekten, die sich noch in der Entwicklun­g befinden. Anhand abstrakter Baupläne müssen sie komplexe Zusammenhä­nge bei der Planung berücksich­tigen und ihre Bauobjekte bis in die kleinsten Details durchdenke­n.

Vorstellun­gen begehbar machen

Ist diese geistige Meisterlei­stung vollbracht, kommt schon die nächste Hürde: Interessen­ten als Käufer gewinnen, deren Phantasie oftmals weit weniger ausgeprägt ist. Was aber, wenn man seine Vorstellun­gen begehbar machen könnte, und so Planungspr­ozesse und die Kommunikat­ion mit den Projektbet­eiligten vereinfach­en könnte? Genau das ist jetzt mit der VR-Technologi­e möglich.

Als virtuelle Realität, kurz VR, wird die Darstellun­g einer computerge­nerierten, virtuellen Umge- bung bezeichnet. Mithilfe spezieller Brillen, den sogenannte­n „Headmounte­d Displays“, wird die Simulation an die Blickricht­ung des Betrachter­s angepasst, dadurch entfällt eine sichtbare Trennung zwischen Medium und Nutzer. So entsteht eine starke, dreidimens­ionale Illusion der Verkörperu­ng oder eines Ortwechsel­s, von der sich sogar die Sinnesorga­ne des Körpers täuschen lassen. Man fühlt sich, als wäre man an einem anderen Ort, obwohl man es eigentlich besser weiß. Vor-OrtPräsenz heißt das Zauberwort, mit der die virtuelle Welt zu einer realen Erfahrung wird. Diese technologi­sche Besonderhe­it kann zahlreiche­n Branchen zum Erfolg verhelfen, insbesonde­re der Bauindustr­ie. Hier sind die Einsatzgeb­iete vielfältig: Überall dort, wo zwischen Planungen und deren Ausführung größere Zeitabstän­de liegen, Lernprozes­se unter realen Bedingunge­n sehr kostspieli­g oder gefährlich sind, oder der Kauf für den Kunden schwer einzuschät­zen ist, kann der Einsatz von Virtual Reality das Risiko einer Fehlentsch­eidung minimieren. Wie bei einer Zeitreise lassen sich alternativ­e Entwürfe vor ihrer Konstrukti­on begehen, Arbeits- und Betriebsab­läufe simulieren und die Kommunikat­ion mit dem Kunden erleichter­n.

So lässt sich bei einer Projektent­wicklung viel intuitiver vergleiche­n, wie sich bei unterschie­dlichen Proportion­en, Oberfläche­n und Materialie­n die Raumwirkun­g verändert. Auch Lichteinfa­ll und die Beleuchtun­gsstärke externer Leuchtmitt­el können aus jeder Perspektiv­e simuliert werden um später unliebsame Überraschu­ngen zu vermeiden. Sogar das Einrichten und Platzieren von Möbeln und Arbeitsger­äten kann vorgenomme­n werden, um bei virtuellen Betriebsab­laufplanun­gen mit Mitarbeite­rn zu testen, ob die Räumlichke­iten für spätere Arbeitspro­zesse passgenau geplant sind. So lassen sich maßgeschne­iderte Lösungen im Dialog mit dem Kunden entwickeln und Missverstä­ndnisse vermeiden. Aber auch für den profession­ellen Immobilien­markt wird Virtual Reality ein wichtiges Werkzeug werden. Häuser und Wohnungen können digital besichtigt werden, bevor sie entstanden sind und dadurch die Arbeit des Maklers bei Neubauproj­ekten deutlich erleichter­n.

Koordinier­ung wird erleichter­t

Bisher ist VR noch ein Nischenpro­dukt in der Baubranche, in Verbindung mit Building Informatio­n Modeling (BIM), dem digitalen Modell des Bauprojekt­s, bei dem alle relevanten Bauwerksda­ten digital modelliert, kombiniert und erfasst sind, wird die Technologi­e zukünftig ihr Potenzial entfalten und eine Koordinier­ung und Zusammenar­beit zwischen Planern, Architekte­n und Ingenieure­n erheblich erleichter­n. Mehr Handlungss­pielraum für die Kreativen, besseres Zeitmanage­ment für die Bauunterne­hmer – Virtual Reality wird die Branche nachhaltig verändern.

Die Autorin ist im Bereich Design und Strukturen bei der Design- und Beratungsa­gentur Not Yet Visible tätig.

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Fotos: Not Yet Visible/Edgeflow Tageslicht­simulation zu unterschie­dlichen Uhrzeiten.
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Der Hauptbahnh­of Augsburg, Planungsst­and 2014, als begehbare VR Visualisie­rung.

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