Donau Zeitung

Die GroKo geht auf Klassenfah­rt

Es knirscht vor der Tagung auf Schloss Meseberg

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Wenn das neue Kabinett am Dienstag und Mittwoch im brandenbur­gischen Barockschl­oss Meseberg zusammenko­mmt, hat das Ganze etwas von der ersten gemeinsame­n Fahrt einer frisch gebildeten Schulklass­e. Bei der es darum geht, sich an der Tischtenni­splatte endlich einmal näher kennenzule­rnen, auf dass aus einem bunt zusammenge­würfelten Haufen eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft werde.

Doch für Bundeskanz­lerin Angela Merkel von der CDU ist diese Meseberg-Fahrt die schwierigs­te ihrer Amtszeit. Nach dem Wahldebake­l ist die Autorität der Chef-Pädagogin aus dem Kanzleramt angekratzt und eine so schwierige, aufmüpfige Klasse wie die von 2018 hat sie noch nie erlebt.

Schon innerhalb Merkels Union knirscht es, Innenminis­ter Horst Seehofer musste sie bereits in ihrer Regierungs­erklärung widersprec­hen. Anders als Seehofer, der ihr so lange mit seiner Forderung nach einer Flüchtling­sobergrenz­e zugesetzt hat, findet die Kanzlerin sehr wohl, dass der Islam zu Deutschlan­d gehört. Rauswerfen kann sie den CSUChef nicht. Dann wäre die Union am Ende. Aber nicht einmal in der eigenen CDU hat Merkel Ruhe. Ihre

Immerhin: Die Kanzlerin kann mit Olaf Scholz

parteiinte­rnen Kritiker haben eben ein „konservati­ves Manifest“beschlosse­n, obwohl sie den jungen konservati­ven Lautsprech­er Jens Spahn zum Minister gemacht hat. Doch leiser ist der nicht geworden und auf sein Gesundheit­sressort beschränkt er seine provokante­n Äußerungen schon gar nicht. Mal sagt Spahn, dass Hartz IV nicht gleich Armut bedeute, mal sieht er die Innere Sicherheit in Deutschlan­d in Gefahr – obwohl das Unions-Lager seit 13 Jahren den Innenminis­ter stellt.

Der Koalitions­partner SPD ist mächtig genervt von derlei Tönen – Fraktionsc­hefin Andrea Nahles wirft Spahn und Seehofer übermäßige „Eigenprofi­lierung“vor. Und bevor die Berliner Minister überhaupt in das 70 Kilometer außerhalb der Hauptstadt gelegene Meseberg aufbrechen, tobt ein Streit um den Familienna­chzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us. Innenminis­ter Seehofer will nach Meinung mancher Sozialdemo­kraten zu harte Maßstäbe anlegen. SPD-Vize Ralf Stegner fürchtet, dass so die vereinbart­e Quote von 1000 Personen unterschri­tten werde, und fordert, verbleiben­de Kontingent­e auf andere Monate zu übertragen, sodass in jedem Fall 12000 Familienan­gehörige von subsidiär geschützte­n Flüchtling­en kommen können.

Immerhin scheint Merkel in Finanzmini­ster Olaf Scholz einen Verbündete­n zu haben, der die Truppe endlich aufs effektive Regieren trimmen möchte. Wer weiß, vielleicht stellt sich doch noch der „Geist von Meseberg“ein. Auf die Frage, ob er einen solchen gespürt habe, hatte der damalige Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) 2014 geantworte­t, dass ihm im Schloss nachts „nur ein Himbeergei­st“begegnet sei. Doch ein guter Schnaps muss für die Gruppendyn­amik ja nicht das Schlechtes­te sein.

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Foto: Stephanie Plick, dpa Schönes Anwesen: Schloss Meseberg

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