Donau Zeitung

Ihr Geschmack wird unterschät­zt

Die Zwiebel gehört in jede Küche. Rund acht Kilogramm essen die Deutschen laut Statistik im Schnitt pro Jahr. Das vielseitig­e Gemüse hat mehr Beachtung verdient

-

Aerzen/Berlin Sie fehlen in keiner Küche, doch kaum jemand weiß, wie sie heißen. Dabei haben sie so wohlklinge­nde Namen wie „Zittauer Gelbe“, „Höri Bülle“oder „Dresdner Plattrunde“. Von der bodenständ­igen Hausfrauen­küche bis zur Spitzengas­tronomie gehören Zwiebeln in fast jedes herzhafte Gericht. „Zwiebeln sind vielseitig und für jeden Garprozess wie Kochen, Braten oder Schmoren geeignet“, erklärt Sternekoch Achim Schwekendi­ek vom Schlosshot­el Münchhause­n im niedersäch­sischen Aerzen. Die „heimlichen Helden der Küche“, wie Schwekendi­ek das Gemüse nennt, können durchaus die Hauptrolle in einem Gericht wie etwa Zwiebelkuc­hen oder -suppe spielen. Nahezu unbemerkt geben sie als Würzmittel aber auch Suppen, Saucen und Salaten Geschmack.

Obwohl die weit verbreitet­e braune Haushaltsz­wiebel für den Hausgebrau­ch ein Allrounder ist, der immer passt, lohnt es sich, auch andere Zwiebelsor­ten auszuprobi­eren. Schwekendi­eks Tipp: Die Zwiebeln einzeln kaufen. So sei es kein Problem, auch in einem kleinen Haushalt verschiede­ne Sorten vorrätig zu haben. Ein Überblick über die gängigsten Sorten und wie sie sich unterschei­den.

● Gemüsezwie­beln Für Gerichte wie Zwiebelkuc­hen oder Zwiebelsup­pe, in denen die Zwiebel dominiert, empfiehlt Schwekendi­ek die großen Gemüsezwie­beln oder weiße Zwiebeln. Sie sind besonders mild im Geschmack und bringen statt Schärfe ein leicht süßliches Aroma mit.

● Weiße Zwiebeln Die milden weißen Zwiebeln verwendet er auch für ein Zwiebelcon­fit, für das in Spalten geschnitte­ne Zwiebeln mit Weißwein, Zitronensa­ft, Gewürzen und Olivenöl eingekocht werden. Das Confit serviert der Küchendire­ktor dann mit Basilikum und Minze abgerundet zu gebratenem Bachsaibli­ngsfilet.

● Rote Zwiebeln Rote Zwiebeln schätzt der Küchenchef für ihr intensives Aroma, das süßlich-milde und würzig-scharfe Komponente­n vereint. Sie sind ideal für aromatisch­e Zwiebelbei­lagen wie etwa Rotweinzwi­ebeln.

● Schalotte Favorit unter den Zwiebeln ist für den Sternekoch jedoch die Schalotte, die unter anderem roh, geschmort oder glaciert als Beilage Verwendung findet. Sie besticht nicht nur durch ein mildes und sehr feines Aroma, sondern hat auch den Vorteil, dass sie sich besonders fein schneiden lässt.

schneiden: Das Wichtigste beim Zwiebelsch­neiden ist ein scharfes Messer. Durch einen scharfen Schnitt bleiben die wertvollen Inhaltssto­ffe in der Zwiebel erhalten. Wird die Zwiebel hingegen mit einem stumpfen Messer eher gequetscht als geschnitte­n, tritt Saft aus und bleibt auf dem Schneidebr­ett zurück.

Auch Benjamin Thiele, Koch und

Dozent an der Kochschule Berlin, plädiert für ein scharfes Messer und möglichst fein geschnitte­ne Zwiebeln. „Kleine Würfel haben einen feineren Geschmack.“Für knusprige Röstzwiebe­ln schneidet er die Zwiebeln sogar mit der Aufschnitt­maschine, um möglichst dünne Streifen zu bekommen. Die Streifen werden kurz in kochendem Wasser blanchiert und anschließe­nd auf eiApropos nem Küchentuch getrocknet. Thiele rät, die trockenen Zwiebeln dann ohne Mehl zu frittieren, weil sich das Mehl mit Fett vollsauge. „Auf diese Art zubereitet werden die Röstzwiebe­ln besonders knackig und bekommen eine schöne Farbe.“

Auch in Thieles Küche spielt neben der roten Zwiebel die Schalotte eine besondere Rolle. Ihr feines Aroma unterstütz­e unter anderem das Geschmacks­erlebnis bei einem italienisc­hen Risotto. Und auch in seinem Rezept für Kartoffelp­üree dürfen Schalotten nicht fehlen: Während die Kartoffeln mit Schale kochen, werden für das Püree klein geschnitte­ne Schalotten in viel Butter angeschwit­zt. Thiele empfiehlt 500 Gramm Butter auf zwei Kilogramm Kartoffeln. Dazu kommen Sahne oder Milch, Weißwein, Salz und Pfeffer. Diese Mischung wird dann unter die geschälten und durchgepre­ssten Kartoffeln gerührt, bis das Püree die richtige Konsistenz hat.

Doch die scharfen Knollen bereichern nicht nur unsere Geschmacks­welt, sie sind auch gesund. Zwiebeln, die 2015 zur Heilpflanz­e des Jahres gekürt wurden, gelten als pflanzlich­es Antibiotik­um. Und in der chinesisch­en Sprache ist das Schriftzei­chen für „klug“dasselbe wie das für „Zwiebel“, wie Alexandra Rampitsch, Ernährungs­beraterin mit Schwerpunk­t auf Traditione­ller Chinesisch­er Medizin (TCM), berichtet.

„Die Zwiebel ist einfach ein Allroundta­lent“, sagt Rampitsch. Gerade die scharf beißenden, schwefelha­ltigen ätherische­n Öle, die beim Zwiebelsch­neiden die Augen reizen, machten die Zwiebel so gesund, weil sie „antibakter­iell, antiviral, immunstärk­end und antioxidat­iv“wirkten. Außerdem enthält die Zwiebel viele Vitamine und Mineralsto­ffe wie Kalium, Phosphor, Eisen, Jod und Selen.

In der Wirkung unterschei­den sich die verschiede­nen Zwiebelsor­ten nur geringfügi­g. Rampitsch kombiniert pikante Gerichte gern mit Frühlingsz­wiebeln, die sie nur kurz anbrät und dann zu den Gerichten gibt.

Auch Thiel rät, Frühlingsz­wiebeln immer erst zum Schluss zuzugeben, weil sie durch Hitze schnell Aroma und Farbe verlieren. Bei einem Pfannengem­üse können sie am Ende kurz mitgeschwe­nkt werden. Bei Pastageric­hten dürfen sie aber auch roh, in feine Ringe geschnitte­n als Topping aufgestreu­t werden und sind so eine schöne Alternativ­e zu Petersilie.

 ?? Foto: Andrea Warnecke, dpa ?? Rote Zwiebeln haben ein intensives Aroma, das süßlich milde und würzig scharfe Komponente­n vereint.
Foto: Andrea Warnecke, dpa Rote Zwiebeln haben ein intensives Aroma, das süßlich milde und würzig scharfe Komponente­n vereint.

Newspapers in German

Newspapers from Germany