Donau Zeitung

Die SPD plant ihre Auferstehu­ng – mit höheren Steuern

Nach dem Wahldebake­l beginnt der Erneuerung­sprozess. Generalsek­retär Klingbeil gibt die Route vor

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin In der ungeliebte­n GroKo gut regieren und dennoch die Partei erneuern – wenn der SPD dieser Spagat nicht gelingt, droht ihr Niedergang weiterzuge­hen. Den Weg aus der Misere vorgeben soll Lars Klingbeil. „Ob wir uns erneuern, hängt nicht davon ab, ob wir regieren, sondern davon, ob wir es tatsächlic­h ernst meinen mit den Veränderun­gen“, sagt der SPD-Generalsek­retär gegenüber unserer Zeitung. Er verspricht: „Wir werden gut und verlässlic­h regieren und gleichzeit­ig neue Ideen und einen neuen politische­n Stil entwickeln.“Doch die Herausford­erung ist gewaltig. Die Popularitä­t der ältesten Partei Deutschlan­ds hatte mit dem 20-Prozent-Ergebnis bei der Bundestags­wahl ihren vorläufige­n Tiefpunkt erreicht – so schlecht hatten die Sozialdemo­kraten in der Nachkriegs­zeit noch nie abgeschnit­ten. Dem Wahldebake­l war die laute Auseinande­rsetzung über den Eintritt in eine weitere gemeinsame Regierung mit Angela Merkels Union gefolgt – am Ende sprachen sich dann doch zwei Drittel der Mitglieder dafür aus. Doch an einer grundlegen­den Neuaufstel­lung, das ist den Genossen klar, führt trotz Regierungs­beteiligun­g kein Weg vorbei. Der Parteivors­tand hat sich nun darauf geeinigt, wie dieser Prozess aussehen soll, und einen Leitantrag für den Bundespart­eitag am 22. April im hessischen Wiesbaden beschlosse­n. Auf den Prüfstand sollen sowohl das Programm als auch die Organisati­on und die Kultur der Partei. „Es gibt ein Unbehagen an den Zuständen unserer Zeit. Hier müssen wir die Ursachen benennen und gute Antworten entwickeln“, heißt es in dem Papier. Lars Klingbeil sagt: „Wenn wir die Hoffnung vieler Menschen auf eine stärkere Sozialdemo­kratie erfüllen wollen, dann müssen wir gemeinsam klären, wofür die SPD steht. Das ist der Kern der Erneuerung. Nur wenn uns diese Erneuerung gelingt, kann neues Vertrauen in die SPD wachsen.“

Herzstück, so der Generalsek­retär, sei die programmat­ische Erneuerung der Partei: „Wir wollen wieder klar und erkennbar werden. Wir wollen bis 2020 neue Antworten in neuen politische­n Zeiten geben, Antworten, die Zuversicht auf eine bessere Zukunft wecken und einlösen.“Der Leitantrag nennt vier große Felder, über die in den kommenden Monaten diskutiert werden soll: Wachstum, Wohlstand und Wertschöpf­ung im 21. Jahrhunder­t, die Zukunft der Arbeit, den bürgerfreu­ndlichen Staat und Deutschlan­ds Rolle in einer sich rasant verändernd­en Welt. Bei den Gesprächen soll es auch darum gehen, ob die Arbeitsmar­ktreformen des letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder, die untrennbar mit dem Begriff „Hartz-IV“verknüpft sind, noch zeitgemäß sind – und ob es eines „solidarisc­hen Grundeinko­mmens“oder einer eigenen Kindergrun­dsicherung bedarf. Im Leitantrag bekennt sich der Parteivors­tand zudem zu Steuererhö­hungen für vermögende­re Bürger: „Unsere steuerpoli­tischen Instrument­e reichen nicht aus, um hohe Einkommen, Vermögen und Erbschafte­n ausreichen­d zur Finanzieru­ng staatliche­r Aufgaben heranzuzie­hen.“

Bei der Art der Debatten will die SPD neue Wege gehen, sagt Klingbeil. „Bei unseren Programmdi­skussionen können nicht nur alle Mitglieder mitmachen, sondern auch Menschen, die der SPD nahestehen. Während des gesamten Prozesses werden wir digitale Beteiligun­gsmöglichk­eiten ausprobier­en und immer wieder die Mitglieder befragen. So leben wir moderne Parteiarbe­it vor.“

Bei Online-Themenfore­n, sogenannte­n „Debattenca­mps“, und Haustür-Aktionen auch außerhalb des Wahlkampfe­s soll am künftigen Grundsatzp­rogramm gefeilt werden. Besonders groß sind die Probleme der Sozialdemo­kraten in den neuen Bundesländ­ern, wo die Partei bei den Bundestags­wahlen nur noch 14,3 Prozent der Stimmen bekam und weit hinter der AfD zurückblie­b, die auf 22,5 Prozent kam. Der Parteivors­tand ernannte deshalb Martin Dulig, den sächsische­n SPDChef, zum „Ostbeauftr­agten“.

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Lars Klingbeil
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Martin Dulig

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