Donau Zeitung

S Bahn tötet auf Gleisen laufenden 21 Jährigen

- Interview: Uli Bachmeier

Ein 21 Jahre alter Mann ist in München von einer S-Bahn erfasst worden und an seinen Verletzung­en gestorben. Der Mann war nach Polizeiang­aben in der Nacht zum Sonntag über die Gleise gelaufen, nachdem er in die falsche Richtung gefahren war und nun zu einer anderen Haltestell­e wollte. Der S-BahnFahrer konnte einen Zusammenst­oß trotz Notbremsun­g nicht mehr verhindern. Der Fußgänger starb noch vor Ort, ein Kriseninte­rventionst­eam kümmerte sich um den 22-jährigen S-Bahn-Fahrer.

Die größeren Chancen aber hätte das Volksbegeh­ren doch sowieso an einem eigenen Termin?

Hartmann: Wir nehmen es, wie es kommt. Grundsätzl­ich hätte es aber Sinn gemacht, den Entscheid mit der Abstimmung zur Landtagswa­hl und über anstehende Verfassung­sänderunge­n zu bündeln. So oder so: Die Höchstgren­ze für den Flächenver­brauch in Bayern wird kommen.

Bei der CSU und dem Gemeindeta­g stößt das Volksbegeh­ren auf entschiede­ne Ablehnung. Eine strikte Obergrenze wird als Eingriff in die Planungsho­heit der Kommunen verurteilt und als nachteilig für die wirtschaft­liche Entwicklun­g Bayerns kritisiert. Was erwidern Sie?

Hartmann: In der Vergangenh­eit wurde gedankenlo­s Natur und Kulturland­schaft zerstört für schlecht geplante Gewerbegeb­iete oder Straßenpro­jekte. Nach der Einführung einer Verbrauchs-Höchstgren­ze von fünf Hektar pro Tag wird man sich bei der Planung etwas mehr Mühe geben müssen. Tiefgarage­n und Parkdecks statt großer Asphaltpar­kflächen, Hochregall­ager statt ebenerdige­r Lagerfläch­en, generell mehr Hoch- und weniger Flachbaute­n. Eben denken, bevor der Bagger kommt. Alle Städte und Gemeinden können sich so weiter entwickeln, mit Rücksichtn­ahme auf die Umwelt. Und was die Planungsho­heit anbetrifft: Auch in anderen Bereichen können Kommunen nicht freihändig irgendwelc­he naturzerst­örenden Maßnahmen auf den Weg bringen. Das Anbindegeb­ot hatte hier bereits Grenzen gesetzt – und genau so funktionie­rt es auch bei der Höchstgren­ze für den Flächenver­brauch.

Am meisten Fläche wird in Bayern für den Wohnungsba­u verbraucht. Dass im Freistaat neue Wohnungen dringend nötig sind, ist allerdings unbestritt­en. Es müsste noch viel mehr gebaut werden. Das ist ein Widerspruc­h. Haben Sie eine Idee, wie man beide Ziele gleichzeit­ig erreichen könnte, mehr Wohnungen zu bauen und doch weniger Fläche zu verbrauche­n? Hartmann: Glückwunsc­h, wenn Sie eine freistehen­de Villa mit 2000-Quadratmet­er-Grundstück Ihr Eigen nennen können. Spaß beiseite: Die Masse der Wohnungen, die wir vor allem in den Ballungsze­ntren schaffen müssen – denn da ist die Not am größten – kann nur im Geschosswo­hnungsbau entstehen. Da sehe ich Übereinsti­mmung mit unseren Zielen: In die Höhe planen, statt in die Fläche. Und in vielen kleineren Städten und Gemeinden auf dem Land gibt es Möglichkei­ten, Innerort-Brachen zu nutzen. Das nützt auch dem Ortsbild. Wer als Orts-Bürgermeis­ter partout großflächi­ge Baugrundst­ücke am Ortsoder Stadtrand ausweisen möchte, der muss sich an seinem Verbrauchs-Kontingent orientiere­n. In den Ballungsrä­umen ist das schon lange nicht mehr möglich.

Nur mit Einschränk­ungen bei Verkehrsod­er Gewerbeflä­chen können Sie Ihre Zielmarke aber doch wohl nicht erreichen?

Hartmann: Genau das ist das Ziel. Langfristi­g – und da gibt es eigentlich überpartei­lichen Konsens – werden wir in Deutschlan­d noch mehr Flächen sparen müssen. Am Ende müssen wir zu einem Flächenkre­islaufsyst­em kommen, bei dem nicht mehr benötigte Flächen renaturier­t und nur in gleicher Größe neue Flächen erschlosse­n werden dürfen. Deutschlan­d ist ein eng besiedelte­s Land; wenn wir hier langfristi­g gut leben wollen, müssen wir mit unserer Natur und Kulturland­schaft sorgsam umgehen.

Wohnungsma­ngel trifft auf Flächenver­brauch

Welche Instrument­e sollten den Kommunen an die Hand gegeben werden, damit auch Brachfläch­en oder leer stehende Immobilien sinnvoll genutzt werden können?

Hartmann: Es gibt hier ja bereits einige Ansätze, vor allem über Förderprog­ramme. Es fehlt allerdings der Druck, weil es immer noch viel billiger ist, einen Acker oder eine Wiese zu erschließe­n und bebauen, als eine Brache herzuricht­en oder ein leer stehendes, altes Gebäude im Ortskern zu sanieren. Wenn die Höchstgren­ze für den Flächenver­brauch kommt, sorgt das automatisc­h auch für eine Wiederbele­bung der Ortskerne. Bestehende Förderunge­n sollen natürlich beibehalte­n werden. So profitiere­n am Ende die Gemeinden in erhebliche­m Maß von unserem Volksbegeh­ren, das sie jetzt vielleicht noch ablehnen. Der gebürtige Landsberge­r Ludwig Hartmann, 39, ist Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im bayerische­n Landtag.

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Symbolfoto: Rebecca Krizak, dpa Laut den Initiatore­n des Volksbegeh­rens „Betonflut eindämmen“werden jedes Jahr 4781 Hektar in Bayern, also eine Fläche so groß wie der Ammersee, zugebaut.
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