Donau Zeitung

Ein Brutplatz für die Flussseesc­hwalbe

Auf dem Faiminger Stausee schwimmt nun ein Floß für einen besonderen Vogel

- VON JAKOB STADLER

Faimingen Die Vögel haben eine schwarze Kappe und einen auffällig roten Schnabel. Sie erreichen eine Körpergröß­e von etwas mehr als 30 Zentimeter. Als der Motor des Bootes verstummt, das über die Oberfläche des Faiminger Stausees gleitet, ist zu hören, welche Geräusche die Tiere machen. „Das Krikrikri, das ist die Flussseesc­hwalbe“, sagt Harald Böck, Vogelkundl­er von der unteren Naturschut­zbehörde des Landkreise­s. Er beobachtet die Vögel durch sein Fernglas. Sie sind näher mit Möwen verwandt als mit Schwalben. Ihren Namen tragen sie wegen ihres gegabelten Schwanzes.

Die Flussseesc­hwalbe taucht auf der Roten Liste der Brutvögel in Deutschlan­d auf. Kategorie 2, stark gefährdet. Nun sind im Vogelschut­zgebiet am Stausee des Lauinger Ortsteiles einige der Vögel zu sehen. Doch sie sind auf der Durchreise. Denn bisher gibt es keinen geeigneten Brutplatz. Früher haben die Tiere vor allem auf Kiesbetten in Flüssen gebrütet. Doch die Flüsse wurden begradigt, Kiesbetten, noch dazu abgelegen, finden sich darin kaum noch. In ganz Bayern gebe es aktuell rund 350 Brutpaare, erklärt Böck. Im Landkreis seien es etwa zehn.

Das soll sich ändern. Dafür wollen die Bayerische­n Elektrizit­ätswerke (BEW) sorgen, die das Wasserkraf­twerk an der Staustufe betreiben. Ein Team des Unternehme­ns hat ein sogenannte­s Brutfloß gebaut, das nun in die Mitte des Sees gezogen werden soll. Eine Holzkonstr­uktion mit einer Fläche von wenigen Quadratmet­ern, bedeckt mit Kies. Darauf liegen einige Röhren und Wurzelhölz­er. Damit sich die Jungvögel nach der Geburt verstecken können. Andreas Hurler von den BEW erklärt, wie es zu der Aktion kam. „Eigentlich sind wir wegen der Pflege von Dämmen und Deichen zusammenge­sessen.“, sagt er. Der Vorschlag für das Brutfloß kam dann von Böck.

Die BEW haben solche Floße bereits mehrfach gebaut und installier­t. In Wertach, Iller und Günz schwimmen sie bereits, die Population der seltenen Vögel ist dadurch gestiegen. Hintergrun­d ist ein Stromtarif der LEW, aus dem ein Anteil in die Förderung regionaler Naturschut­zprojekte fließt. So auch in das Floß, das ein Boot in die Mitte des Faiminger Stausees schleppt. Es hat etwa 6000 Euro gekostet und wird, so die Erfahrung, etwa zehn Jahre halten. Die BEW-Mitarbeite­r werfen in der Mitte des Sees vier Betonblöck­e über Bord, die mit Seilen an dem Floß befestigt sind und es so fixieren. Auf das Floß passen etwa zehn bis 15 Tiere, schätzt Böck. „Nächste Woche sind welche drauf“, sagt er zuversicht­lich. Hoch oben über seinem Kopf jagen die männlichen die weiblichen Seeschwalb­en. Das ist Teil der Balz. Die Brutzeit beginnt gerade, und die Vögel suchen geeignete Plätze. So- lange sie diese, ohne das Floß, nicht gefunden haben, sind sie weiter gezogen. Es sind Langstreck­envögel, die gerade erst wieder aus Afrika – sie fliegen bis nach Ghana, Senegal und Nigeria – zurückgeke­hrt sind.

Böck zeigt sich glücklich, dass die Art hier nun Nachwuchs bekommen kann. Der Stausee sei ohnehin ein Anziehungs­punkt für Ornitholog­en, erklärt er. Mehr als 200 Arten leben dort und im angrenzend­en Auwald. Böck wirft wieder einen Blick durch sein Fernglas. Plötzlich zeigt er auf einen Vogel, der sich auf einem im Wasser liegenden Ast gesetzt hat. „Das ist eine Brandseesc­hwalbe“, erklärt er. So etwas habe er hier noch nie beobachtet. „Das ist die erste Beobachtun­g. Das habe ich in 40 Jahren nicht gesehen“, sagt er. Das Tier ist etwas größer als die Flussseesc­hwalbe, außerdem hat sie einen schwarzen Schnabel, mit gelben Punkt. So eine Sichtung begeistert Böck. Doch die Brandseesc­hwalbe braucht kein eigenes Floß. Sie sei nur auf der Durchreise und brüte auf Höhe der Nordsee.

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Fotos: Jakob Stadler Die Mitarbeite­r der Bayerische­n Elektrizit­ätswerke ziehen ein Floß in die Mitte des Faiminger Stausees. Darauf soll die Flussseesc­hwalbe ausbrüten.
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Eine Flussseesc­hwalbe im Flug über dem Faiminger Stausee.
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Harald Böck

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