Ein Brutplatz für die Flussseeschwalbe
Auf dem Faiminger Stausee schwimmt nun ein Floß für einen besonderen Vogel
Faimingen Die Vögel haben eine schwarze Kappe und einen auffällig roten Schnabel. Sie erreichen eine Körpergröße von etwas mehr als 30 Zentimeter. Als der Motor des Bootes verstummt, das über die Oberfläche des Faiminger Stausees gleitet, ist zu hören, welche Geräusche die Tiere machen. „Das Krikrikri, das ist die Flussseeschwalbe“, sagt Harald Böck, Vogelkundler von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises. Er beobachtet die Vögel durch sein Fernglas. Sie sind näher mit Möwen verwandt als mit Schwalben. Ihren Namen tragen sie wegen ihres gegabelten Schwanzes.
Die Flussseeschwalbe taucht auf der Roten Liste der Brutvögel in Deutschland auf. Kategorie 2, stark gefährdet. Nun sind im Vogelschutzgebiet am Stausee des Lauinger Ortsteiles einige der Vögel zu sehen. Doch sie sind auf der Durchreise. Denn bisher gibt es keinen geeigneten Brutplatz. Früher haben die Tiere vor allem auf Kiesbetten in Flüssen gebrütet. Doch die Flüsse wurden begradigt, Kiesbetten, noch dazu abgelegen, finden sich darin kaum noch. In ganz Bayern gebe es aktuell rund 350 Brutpaare, erklärt Böck. Im Landkreis seien es etwa zehn.
Das soll sich ändern. Dafür wollen die Bayerischen Elektrizitätswerke (BEW) sorgen, die das Wasserkraftwerk an der Staustufe betreiben. Ein Team des Unternehmens hat ein sogenanntes Brutfloß gebaut, das nun in die Mitte des Sees gezogen werden soll. Eine Holzkonstruktion mit einer Fläche von wenigen Quadratmetern, bedeckt mit Kies. Darauf liegen einige Röhren und Wurzelhölzer. Damit sich die Jungvögel nach der Geburt verstecken können. Andreas Hurler von den BEW erklärt, wie es zu der Aktion kam. „Eigentlich sind wir wegen der Pflege von Dämmen und Deichen zusammengesessen.“, sagt er. Der Vorschlag für das Brutfloß kam dann von Böck.
Die BEW haben solche Floße bereits mehrfach gebaut und installiert. In Wertach, Iller und Günz schwimmen sie bereits, die Population der seltenen Vögel ist dadurch gestiegen. Hintergrund ist ein Stromtarif der LEW, aus dem ein Anteil in die Förderung regionaler Naturschutzprojekte fließt. So auch in das Floß, das ein Boot in die Mitte des Faiminger Stausees schleppt. Es hat etwa 6000 Euro gekostet und wird, so die Erfahrung, etwa zehn Jahre halten. Die BEW-Mitarbeiter werfen in der Mitte des Sees vier Betonblöcke über Bord, die mit Seilen an dem Floß befestigt sind und es so fixieren. Auf das Floß passen etwa zehn bis 15 Tiere, schätzt Böck. „Nächste Woche sind welche drauf“, sagt er zuversichtlich. Hoch oben über seinem Kopf jagen die männlichen die weiblichen Seeschwalben. Das ist Teil der Balz. Die Brutzeit beginnt gerade, und die Vögel suchen geeignete Plätze. So- lange sie diese, ohne das Floß, nicht gefunden haben, sind sie weiter gezogen. Es sind Langstreckenvögel, die gerade erst wieder aus Afrika – sie fliegen bis nach Ghana, Senegal und Nigeria – zurückgekehrt sind.
Böck zeigt sich glücklich, dass die Art hier nun Nachwuchs bekommen kann. Der Stausee sei ohnehin ein Anziehungspunkt für Ornithologen, erklärt er. Mehr als 200 Arten leben dort und im angrenzenden Auwald. Böck wirft wieder einen Blick durch sein Fernglas. Plötzlich zeigt er auf einen Vogel, der sich auf einem im Wasser liegenden Ast gesetzt hat. „Das ist eine Brandseeschwalbe“, erklärt er. So etwas habe er hier noch nie beobachtet. „Das ist die erste Beobachtung. Das habe ich in 40 Jahren nicht gesehen“, sagt er. Das Tier ist etwas größer als die Flussseeschwalbe, außerdem hat sie einen schwarzen Schnabel, mit gelben Punkt. So eine Sichtung begeistert Böck. Doch die Brandseeschwalbe braucht kein eigenes Floß. Sie sei nur auf der Durchreise und brüte auf Höhe der Nordsee.