Donau Zeitung

Es betrifft uns alle

- VON JONAS VOSS jonas.voss@augsburger allgemeine.de

Was ist Aufklärung? Das fragte sich einst der Philosoph Immanuel Kant und antwortete mit dem „Ausgang des Menschen aus seiner selbstvers­chuldeten Unmündigke­it.“

Angesichts dieser klaren, weithin anerkannte­n Antwort müssen wir Nutzer sozialer Medien wohl anerkennen – aufgeklärt sind wir noch lange nicht. Würden wir uns ansonsten von einem Konzern so gründlich ausleuchte­n lassen? Facebook-Mitarbeite­r können einzelne Nachrichte­n der Plattforme­n wie ein offenes Buch mitlesen. In Kooperatio­n mit Datenhändl­ern weiß Facebook so gut wie alles über uns: Mit wem wir zusammen leben, wo und wie wir wohnen, über wie viel Geld wir verfügen und wie gesund wir sind. Nutzt jemand Payback oder ähnliche Dienste, kauft Facebook die Daten ein. Surft man im Netz, trackt Facebook die Sitzung. Auch Standortin­formatione­n schöpft der Konzern ab. Viele wissen um die Datensamme­lwut des Internetgi­ganten – nur wenige interessie­rt es. Der Autor dieser Zeilen nimmt sich da nicht aus. Aber was ist, wie von den jungen Diskutante­n befürchtet, wenn der Konzern mit Autokraten oder totalitäre­n Staaten kooperiert?

Nun könnte ein standhafte­r Verweigere­r der Dienste von Facebook Inc. meinen, ihn betreffe das alles nicht. Weit gefehlt. Facebook legt sogenannte Schattenpr­ofile an – dort sammeln sie Daten der Menschen, die sich den Diensten verweigern. Telefonkon­takte, E-Mails, SMS, alles wird abgesaugt. Surft man ohne Adblocker, erhält der Konzern von bestimmten Websites sensible Daten.

Meist reicht die Nutzung bestimmter Apps des Konzerns, damit man ihm freie Hand über die Privatsphä­re lässt. Wenn nicht schon die bloße Anmeldung ausreichen­d ist. Das alles ist nicht neu, vieles ist seit 2011 bekannt und manches davon wurde in Gerichtspr­ozessen bereits verbessert. Und nicht alles lässt sich in den Einstellun­gen der Apps verhindern. Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, dem sei netzpoliti­k.org, ein Portal unabhängig­er Datenjourn­alisten, empfohlen.

Junge Menschen sind sich meist im Klaren darüber, wie viel der Konzern weiß, und was sie alles preisgeben. Doch wie die meisten Nutzer stört es sie nur in seltenen Fällen – die Toleranzen im Bereich Datenschut­z haben sich verschoben. Wir geben freiwillig die Kontrolle über unsere Privatsphä­re an Dritte und Vierte ab. Bis zur Mündigkeit im Netz ist es für die allermeist­en von uns noch ein weiter Weg.

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