Der Sommer kommt beim „Dillinger Frühling“
Tausende Besucher genießen bei traumhaftem Wetter den „Dillinger Frühling“, der bisher eher ein Sommer ist. Wir haben Schausteller auf dem Festplatz besucht. Was ihren Job so außergewöhnlich macht
Tausende haben am Wochenende beim Volksfest Dillinger Frühling gefeiert. Wir haben uns bei Schaustellern umgesehen.
Dillingen Das Wochenende zuvor war er noch auf dem Augsburger Plärrer, jetzt steht sein Riesenrad schon auf dem Dillinger Festplatz. „Das ist eine Sensation für Dillingen“, sagt Michael Burghard selbstbewusst. Und das nicht zu Unrecht, schließlich ist das Fahrgeschäft „Roue Parisienne“, das der Dortmunder gemeinsam mit seiner Frau betreibt das höchste, mobile Riesenrad Europas. Bis in die schwindelerregende Höhe von 48 Metern arbeiten sich die 36 Gondeln nach oben. Von dort aus überblickt man die ganze Stadt und sogar bis nach Gundremmingen.
Mittlerweile in der fünften Generation betreibt Burghard das Fahrgeschäft. „Wir sind der älteste Riesenradbetrieb der Welt“, erzählt der 51-Jährige stolz. Seit gut 150 Jahren schickt seine Familie Volksfestbesucher in die Höhe – nur unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg.
Dabei hat auch er schon einiges erlebt: Von einer 103-Jährigen, die mitgefahren ist, bis zum einen Monat altem Baby. Burghards Riesenrad ist für jeden ein Vergnügen – auch für gehbehinderte Menschen gibt es eine angepasste Gondel. In einer VIP-Gondel hat man die Möglichkeit, mit einem Glas Sekt anzustoßen. Hier wurde auch schon der ein oder andere Hochzeitsantrag gemacht, erinnert sich Burghard.
Das hat Schausteller Josef Vollmann in seinem Fahrgeschäft wohl noch nie erlebt. Kein Wunder, schließlich geht es im „G-Force – The Ride“nicht ganz so gemach nach oben. Erst schaukelt sich der riesige Schwenkarm, an dem eine sich drehende, kreisrunde Fläche mit Sitzen angebracht ist, recht langsam nach oben – doch dann wird die Fahrt immer rasanter und in wenigen Sekunden rast der Schwenkarm aus schwindelerregender Höhe nach unten und schnellt auf der anderen Seite wieder nach oben. Aus Nürnberg ist Vollmann angereist. Das Schaustellerleben hat in seiner Familie eine lange Tradition – auch seine Frau entstammt einer Schaustellerfamilie. Gemeinsam mit ihr betreibt er nun das Fahrgeschäft. Ständig sind sie damit im Sommer auf Achse, jedes Wochenende auf einem anderen Volksfest: Vom Gäubodenfest in Straubing bis hin zum Herbstdult in Passau.
Seine Sonntage verbringt er – im Wechsel mit seiner Frau – in einer wenige Quadratmeter großen Kabine. Vor ihm das Mikrofon, rechts daneben viele Knöpfe und Schalter, mit denen Vollmann das Fahrgeschäft steuert. Als Rekommandeur muss Vollmann den Betrieb im Auge behalten und gleichzeitig die vorbeischlendernden Besucher animieren, sein Fahrgeschäft auszuprobieren. Doch dafür müsse er gar nicht viel tun. „Das Fahrgeschäft spricht für sich“, sagt er mit einem Lächeln. Was ihn nach all den Jahren als Schausteller noch immer fasziniert, ist der Zusammenhalt. „Wir Schausteller sind wie eine große Familie“, schwärmt er.
Das sieht auch Tanja Heine so. Sie betreibt die „Happy Family“– ein mobiles Haus, in dem die Besucher über wacklige Brücken steigen, ein Hamsterrad überwinden oder ein Laufband meistern müssen – besonders für die kleinen Besucher ist das ein großer Spaß. Für Außenstehende sehe das Schaustellerleben oft wie eine Traumwelt aus – doch, dass das ein sehr anstrengender Job ist, werde nicht gesehen, sagt Heine. Neben ihr steht ein Monitor, auf dem die Bilder aus allen fünf Kameras, die zur Sicherheit im Haus angebracht sind, einlaufen. Läuft etwas schief oder verletzt sich jemand, muss sie schnell reagieren und den Betrieb per Knopfdruck unterbrechen.
Mitarbeiter im und vorm Haus helfen ihr dabei. Parallel kassiert sie, spricht mit den Gästen und lockt die Besucher übers Mikrofon an ihr Geschäft. Doch wirklich stressig sei der Job vor allem, wenn es darum geht Helfer für den Auf- und Abbau zu suchen oder wenn unterwegs etwas hakt. Trotzdem: Das Schaustellerleben ist ihr Leben. Dass sie dabei so viel auf Achse ist, stört sie nicht – ganz im Gegenteil. „Meine Heimat sind das Fahrgeschäft und das Haus auf vier Rädern, wie wir unseren Wohnwagen nennen“, schwärmt sie mit einem strahlenden Lächeln. Und diese Heimat wird ihr Sohn in einigen Jahren wohl übernehmen – dann in vierter Generation. Beim traumhaften Wetter am Wochenende macht das Arbeiten angesichts der vielen Besucher noch mehr Spaß. Tausende feiern beim Dillinger Frühling bei Temperaturen von mehr als 25 Grad im Donaupark. Am Samstagabend machen The Mercuries beim Abend der Betriebe Stimmung. Der Sonntag beginnt mit einem großen Preisschafkopfen und einem Trödelmarkt, der viele Schnäppchenjäger anlockt. Die Stadtkapelle und die Donautaler spielen auf. Für Gaudi ist am Abend beim Wettsägen gesorgt.