Donau Zeitung

Opposition lehnt Auftritte türkischer Politiker strikt ab

Soll Außenminis­ter Cavusoglu vier Wochen vor der Wahl in Solingen sprechen?

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die Ankündigun­g des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, im Rahmen seines Wahlkampfe­s auch im Ausland „in einer Sporthalle mit einer Kapazität von 10 000 bis 11 000 Menschen“vor seinen türkischen Landsleute­n zu sprechen, hat in Deutschlan­d eine neue Debatte über die Wahlkampfa­uftritte ausländisc­her Politiker auf deutschem Boden ausgelöst. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) bekräftigt­e am Rande des G7-Außenminis­tertreffen­s in Kanada das Nein der Bundesregi­erung zu derartigen Auftritten. „Wir haben eine klare Position, dass drei Monate vor Wahlen, die im Ausland durchgefüh­rt werden, im Inland, in Deutschlan­d, kein Wahlkampf stattfinde­t.“

Unterstütz­ung erhielt Maas auch von Vertretern der Opposition. Der frühere Staatsmini­ster im Auswärtige­n Amt, Michael Georg Link (FDP), appelliert­e gegenüber unserer Zeitung an die Bundesregi­erung, Ankara jetzt deutlich zu signalisie­ren, „dass deutsche Auftritte türkischer Regierungs­mitglieder im laufenden türkischen Parlaments­wahlkampf besser unterbleib­en“.

Allerdings gibt es trotz des Neins von Maas bereits eine Ausnahme – der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu will am 29. Mai in Solingen bei der Gedenkfeie­r zum 25. Jahrestag des Brandansch­lags eine Rede halten – vier Wochen vor den Wahlen in der Türkei am 24. Juni. Maas sagte in Toronto, dieser Auftritt falle nicht unter das Wahlkampfv­erbot. „Das ist für uns keine Wahlkampfv­eranstaltu­ng, denn sie hat einen ganz anderen Hintergrun­d.“Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir allerdings kritisiert­e diese Position gegenüber unserer Zeitung scharf. „Während wir noch über den Umgang mit türkischen Wahlkämpfe­rn diskutiere­n, macht Außenminis­ter Cavusoglu längst Nägel mit Köpfen und plant seinen Auftritt in Deutschlan­d.“

Dass er sich dafür ausgerechn­et die Gedenkfeie­r in Solingen ausgesucht habe, spreche für sich, so Özdemir weiter. „In der Türkei geht die Erdogan-Partei ein Listenbünd­nis mit der ultranatio­nalistisch­en MHP ein, um dieser über die ZehnProzen­t-Hürde zu verhelfen und sich so die Mehrheit zu sichern.“Gleichzeit­ig würden die führenden Köpfe der Opposition in der Türkei gezwungen, ihren Wahlkampf „aus dem Knast heraus“zu führen. „Solange nicht die gleichen Rechte für die Opposition gelten“, so Özdemir, „sollten wir uns für dieses Schmierent­heater nicht hergeben.“

Ähnlich argumentie­rte auch die stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion, Sevim Dagdelen. „Es ist beschämend, dass die Bundesregi­erung eine Instrument­alisierung der Gedenkfeie­rn zum Jahrestag des Brandansch­lags in Solingen für den Erdogan-Wahlkampf in der Türkei offensicht­lich zugelassen hat.“Das Gedenken an die Opfer des Brandansch­lags drohe dabei in den Hintergrun­d zu rücken. Dagdelen wörtlich: „Die Bundesregi­erung ist aufgeforde­rt, jegliche Wahlkampfa­uftritte zu unterbinde­n.“

Der außenpolit­ische Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, Nils Schmid, verteidigt­e dagegen gegenüber unserer Zeitung den Auftritt Cavusoglus in Solingen. „Hier steht eindeutig das Gedenken an den feigen Brandansch­lag vor 25 Jahren, bei dem der fünf Frauen und Mädchen der Familie Genc gedacht wird, die damals ums Leben kamen.“Dass dieser Auftritt stattfinde­n könne, „halte ich für eine Selbstvers­tändlichke­it“.

„Wir sollten uns für dieses Schmierent­heater nicht hergeben.“Der frühere Grünen Chef Cem Özdemir

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