Bin I a Bayer oder bin I a Schwob?
Beim schwäbischen Singschpektakel Schwablantis im Stadeltheater tritt erstmals 8872 in 8882 auf. Warum zwischen Mischt, Moscht und Schweinemascht alte Postleitzahlen nicht untergehen
Lauingen A Gschpenst geht um in Bayern. Des isch des Gschpenst des Schwauba-Dialekts. Scho lang ondrdrückt vom Obrbayrischa taucht’s auf oimal auf wia Atlantis ausm Hochwassr. Sogar im Bayrischa – net Schwäbischa – Fernseha. Dau fällt am Moderator doch nix Intelligenteres ei, als dass er „nichts verstanden hat“, als dia Burgauer Gsella in der Abndschau auftreta send. Vrstanda! Noi, der hat´s netamol kapiert. Und des in ra Zeit, wo der Bayrische Minischterpräsident fränkisch schwätzt (odr red). Für 8872 ond da Schorsch stellte se dauher au in 8882, also in Lauinga, dia elementare philosophische Fraug: Wer bin I, bin I a Bayer oder bin I a Schwob?
Die Antwort ist klar: Damit Schwäbisch nicht untergeht wie weiland Atlantis, hat das Burgauer Multitalent Hermann Skibbe ein Musical oder besser ein Singschpektakel geschrieben, komponiert und arrangiert. Und das fetzt. Denn zusammen mit Markus Kraus, Michael Smalko, Elias Smalko, Martin Köhler, Thommi Stottrop und „Schorsch“Karl Bader lässt er das Stadeltheater musikalisch beben und sprachlich schweben. Ob mit Rock ’n’ Roll, Rap, Hip-Hop, Blues oder hintersinnigen Wortspielereien – und das alles auf schwäbisch.
Schwätz mr schwäbisch, des gibt´s bei ons do scho lang, wird jetzt der Oine oder Andre sagen. Doch auf’d Idee, dia Melodie von „Sexbomb“(Tom Jones) mit am konsumkritischa Text „Drecksglomb“zu verseha, muasch erschtamol komma. Dau sieht der englische Text fei alt aus. Oder „She’s got it“(Venus) mit „Des gat it“zu übersetza und oinr strofzettlscheibenda Politess zu widma oder „Sweet home Alabama“(Lynyrd Skynyrd) mit „Er wohnt bei dr Mama“oder „Proud Mary“mit „Hol ihn zrück nach Lauinga“zu verschwäbln. Schapo Herr Skibbe. Dem Profi Skibbe merkt man an, dass er seine Reim-Time immer wieder mal mit dem Wort-Rastelli Willy Astor verbringt. Und so kalauern 8872 so schön nonsense wie einst die Blödelbarden um Insterburg und Co – nur eben auf Schwäbisch, gar noch mit lokalen Themen und nicht selten gar nicht so nonsense.
Das Dorftrottelige wird zum Torftrottelige und der Minderwertigkeitskomplex zum Mindelwertigkeitskomplex. Vom Radioterror über Werbung bis zum Flexibus wird dabei so ziemlich alles durch den Kakao gezogen. Und den in Großstadt Entflohenen wird der VHS-Kurs „schwäbisch für Fortgewesene“empfohlen. Was für a Schpektakl, wie Schwablantis mit „Ingingen“dia Flut der alemannischen Ortsnäma aufs Koara nemmt. Ond am Samschtagobend lag des schwäbische Zentrum ausnahmsweise net zwischa Jettinga, Röfinga, Gondremminga und Offinga, sondern zwischen Lauinga, Dilinga, Gondelfinga und Wertinga. Selbschtredend, dass dr Schorsch dann au no sei „Inge“aus Ingingen findet. Dr Schorsch, des isch dr „running gag“(Herrschaftszeiten wia sagt ma des auf Schwäbisch). Im Blaumann ond in Gummistiefl spielt dr Bader Kare den Schorsch so schwäbisch-echt, dass ma ihm sogar sein Rangga Läbrwurschtbrod nach seim Kochkurs glei aus dr Hand fressa würd. Aber Läbrwurschtbrote gibt’s dann gnua für alle in der Pause ond hintrher.
Heimat ist wieder in. Dialekt kommt in Mode, sogar der fränkische (Heissmann und Rassau, Söder) oder gar der schwäbische. Die Burgauer Boygroup 8872 hat die Marktlücke „Schwäbisch“entdeckt. Und es ist gut, wenn vom Artensterben bedrohte Mehlprimeln Unterstützung bekommen. Dann könnte es sogar einmal geschehen, dass man den schwäbischen „Gommistieflblues“zusammen mit dem schwäbischen „Nudlsuppnblues“auf der Bühne hören könnte. Übrigens: die Panitzbrüder kommen Ende Mai ins Stadeltheater.