Donau Zeitung

Der politische Wille fehlt

- VON JONAS VOSS jonas.voss@augsburger allgemeine.de

Die reichsten 400 Haushalte in Deutschlan­d besitzen etwa doppelt so viel wie die 20 Millionen ärmsten. Das oberste Prozent etwa über ein Drittel des Gesamtverm­ögens hierzuland­e. Zahlen, die das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung zu Jahresbegi­nn veröffentl­icht hat. 7200 Personen besaßen 2017 nach Berechnung­en der Deutschen Bundesbank ein Vermögen jenseits der 50 Millionen Dollar. Ein Zuwachs von 500 Personen in nur einem Jahr. Bis 2027 werden jährlich 400 Milliarden Euro vererbt. Deutschlan­dweit gab es 2017 etwa eine Million Personen, die im Alter Grundhilfe benötigten. Im Landkreis Dillingen gab es im Jahr 2017 278 Senioren, die auf Grundhilfe angewiesen waren. 2003 waren es 52 Personen.

„Alle sind im Verhältnis ihres Einkommens und Vermögens (...) zu den öffentlich­en Lasten heranzuzie­hen“, so steht es in der Bayerische­n Verfassung. Sie betont auch die Aufgabe des Freistaats, „die Ansammlung von Riesenverm­ögen in den Händen Einzelner zu verhindern“. Ähnliches lässt sich im Grundgeset­z nachlesen. Die Regierung hat Instrument­e bei der Hand, um die stetig wachsende Armut zu bekämpfen. Trotzdem trifft es Einzelne, wie Linda Mayer, hart.

Die Erbschafts­teuer, deren Reform vor einigen Jahren als Bankrotter­klärung vor den geistigen Vätern der Verfassung angesehen werden muss. Dass Firmen durch sie bedroht werden, ist kein Argument. Es gebe genug Möglichkei­ten, die Steuer zu bezahlen, ohne den Betrieb zu gefährden. Wir sprechen hier über die Erben von Weltfirmen wie Henkel, Otto, BMW und hunderten anderen – nicht vom Handwerksb­etrieb mit einigen Dutzend Angestellt­en.

Etwa eine Milliarde Euro erhalten Susanne Klatten und Stefan Quandt im Jahr, weil sie einen großen Teil der BMW-Aktien halten. Und hierzuland­e beileibe kein Einzelfall. Für dieses passive Einkommen werden im Maximalfal­l rund 28 % Steuern fällig. Während ein Arbeitnehm­er ab knapp 54 000 Euro Jahreseink­ommen rund 42 % auf jeden zusätzlich­en Euro zahlt. Nachzulese­n im Bundeszent­ralamt für Steuern und auf der Website des Bundesfina­nzminister­iums. Hier stimmen die Verhältnis­se längst nicht mehr.

Der Kapitalism­us hat Milliarden Menschen Segnungen gebracht, zu ihm gibt es derzeit keine Alternativ­e. Es gilt aber, die Idee der sozialen Marktwirts­chaft, in der alle Teilnehmer von ihr profitiere­n, zu retten. Und um die Solidargem­einschaft – um den Schwachen ein würdiges Leben zu ermögliche­n, braucht es die Hilfe der Stärksten. Damit Schicksale wie das der Frau Mayer nicht zur tragischen Normalität werden.

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