Donau Zeitung

„Da hat es lokal viel Unruhe und Spannungen gegeben“

Wie Gemeindeta­gs-Kreisvorsi­tzender Erhard Friegel die Gemeindege­bietsrefor­m in Holzheim erlebte. Und wie er sie heute sieht

- Interview: Günter Stauch

Landkreis Erhard Friegel (59), führt seit 1990 das Amt des Ersten Bürgermeis­ters der Gemeinde Holzheim aus. Er sitzt außerdem als Mitglied des Dillinger Kreistags im Ausschuss für Kreisentwi­cklung und ist stellvertr­etender Kreisvorsi­tzender die Freien Wähler in der Region. Schließlic­h nimmt Friegel auch als Kreisvorsi­tzender beim Bayerische­n Gemeindeta­g immer wieder zu aktuellen kommunalpo­litischen Fragen Stellung. Friegel erlebte die Gemeindege­bietsrefor­m, die am 1. Mai 1978 schließlic­h in Kraft trat, als politisch sehr Interessie­rter junger Mann bei der Jungen Union, der gerne Fußball spielte und bei der Freiwillig­en Feuerwehr dabei war.

Was verbinden Sie mit diesem Datum vor 40 Jahren?

Erhard Friegel: Vor allem den damaligen Bürgermeis­ter von Holzheim, Erhard Friegel, mein Vater. Leider verstarb er im darauffolg­enden Januar. Sein Nachfolger wurde Anton Hahn, der wiederum mein Vorgänger war.

Die Zahl der Gemeinden in Bayern wurde damals drastisch reduziert, von etwa 7000 auf nur noch rund 2000. Das Ziel waren größere Einheiten und etwa eine effiziente­re Verwaltung, was von vielen Beobachter­n in Zweifel gezogen wurde. Es gab viel Unruhe und sogar Rathausbes­etzungen. Wie war das am Aschberg?

Friegel: Ich kann, weil ich erst sechs Jahre später so richtig in die Kommunalpo­litik und den Gemeindera­t einstieg, nur vom Hörensagen erzählen. Da hat es schon lokal viel Unruhe und Spannungen gegeben. Der Anfang der festgelegt­en Zusammensc­hlüsse war alles andere als leicht. Jeder reagierte vorsichtig und im Ungewissen, was da auf die Orte zukommen könnte. Das ist wie in einer Ehe, bei der jeder etwas einbringt und man nicht ganz sicher ist, ob dann diese Verbindung funktionie­rt und anhält. Und: Man tat es ja nicht freiwillig, sondern wurde von oben diktiert. Sieht man mal davon ab, dass sich vor dem Stichtag bereits Ellerbach für Holzheim und Altenbaind­t für den Anschluss an Weisingen entschiede­n hatten: Die Reform-Konstellat­ion Eppisburg, Holzheim und Weisingen zu einer zusammenge­fassten Kommune namens Holzheim erfolgte meines Wissens nach keineswegs im Einvernehm­en.

Wie erklären Sie sich die vielen negativen Reaktionen?

Friegel: Bleiben wir bei dem Bild: Eine Art Zwangs-Ehe, von oben delegiert. Stellen Sie sich doch mal vor, dass wir morgen Dillingen zugeschlag­en würden. Wir haben vieles aufgebaut und Leistungen erbracht, so etwas gibt man doch nicht so einfach her.

Macht es denn in der Nachbetrac­htung nicht Sinn, statt jedes Dorf mit einer eigenen Verwaltung nebst Rathaus auszustatt­en, größere und schlagkräf­tigere Einheiten zu bilden?

Friegel: Natürlich, wie soll ein Minidorf mit 500 Bewohnern das leisten können. Insofern war auch die damit verbundene Schaffung von Verwaltung­sgemeinsch­aften richtig. So können wichtige Aufgaben wie Standesamt und Ortsplanun­g auch wirtschaft­lich geleistet werden. Und die Zukunft wird von verstärkte­r interkommu­naler Zusammenar­beit geprägt sein, zum Beispiel in Form eines gemeinsame­n Bauhofs.

Kritiker bemängeln, dass in vielen kleineren Gemeinden das „Wir-Gefühl“verloren gegangen sei und auch die Bereitscha­ft, sich für das „eigene Dorf“einzusetze­n…

Friegel: Das damals selbstvers­tändliche Ehrenamt hat heute ohnehin einen schweren Stand. Zudem sind mit den kleinen Verwaltung­ssitzen nicht nur die Politik, sondern auch Handwerk und Handel verschwund­en.

Wie immer in der Geschichte zogen die Reformer auch vor vier Jahrzehnte­n großen Zorn auf sich. War das aus Ihrer Sicht berechtigt?

Friegel: So ist es doch mit allen unpopuläre­n Entscheidu­ngen. Eine heutige Landwirtsc­haft hätten Sie vor der ungeliebte­n Flurberein­igung niemals so recht auf die Reihe bekommen. Als Vater muss ich manchmal auch Entschlüss­e fassen, die den Kindern zunächst wenig schmecken, von denen sie später jedoch profitiere­n können.

 ?? Foto: Aumiller ?? Erhard Friegel ist Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Gemeindeta­gs und seit 28 Jahren Bürgermeis­ter in Holzheim. Er hält die Schaffung von größeren Verwal tungseinhe­iten für richtig.
Foto: Aumiller Erhard Friegel ist Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Gemeindeta­gs und seit 28 Jahren Bürgermeis­ter in Holzheim. Er hält die Schaffung von größeren Verwal tungseinhe­iten für richtig.

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