Donau Zeitung

Bei Unterliezh­eim entsteht wieder ein Urwald

Seit 40 Jahren gibt es dort ein Naturwaldr­eservat. Es liefert wertvolle Erkenntnis­se für eine nachhaltig­e Waldbewirt­schaftung. Dabei stehen sich Naturschüt­zer und Waldbesitz­er mitunter unversöhnl­ich gegenüber

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Landkreis Der Wald, ein Alleskönne­r für das Leben. Er spendet Sauerstoff, sorgt für den nachwachse­nden Rohstoff Holz und garantiert biologisch­e Vielfalt, sofern er nicht daran gehindert wird. Darüber hinaus spendet der Wald Erholung für die Menschen. Dennoch steht die Waldbewirt­schaftung seit Jahren in der Kritik von Naturschüt­zern. Mit der Begründung, aus wirtschaft­lichen Gründen werde zu viel Wald abgeholzt. Das Bayerische Forstminis­terium verfolge unter der Devise „Wald vor Wild“Profitmaxi­mierung. Dem widersprec­hen die Forstämter und auch Forstbetri­ebsgemeins­chaften der Privatwald­besitzer. Mit dem neuen Waldgesetz aus dem Jahr 2005 habe ein Waldumbau eingesetzt, um der Klimaverän­derung Rechnung zu tragen. So berichtet Marc Koch, Bereichsle­iter Forsten am Wertinger Landwirtsc­haftsamt, der Wald in den vergangene­n 20 Jahren in Bayern um rund 15 000 Hektar zugenommen habe.

Der Umbau des Waldes müsse sich jedoch wie schon vor 200 Jahren den Gegebenhei­ten anpassen. Zur damaligen Zeit habe es auf den heute rund 17600 Hektar Wald im Landkreis Dillingen einen Waldumbau auf schnell wachsende Nadelhölze­r gegeben, da in den Jahrhunder­ten zuvor das Holz der Mischwälde­r hauptsächl­ich als Bau- und Brennholz genutzt wurde. Dadurch sei es zum großen Kahlschlag in den Wäldern Bayerns gekommen.

Durch den Klimawande­l und den damit auch häufigen Borkenkäfe­rbefall müsse der Wald heute wieder zum stabilen Mischwald mit mindestens drei bis vier Baumarten, beispielsw­eise Buchen, Eichen, Ahorn, umgebaut werden, erläutert Koch. Auf Eschen müsse gegenwärti­g verzichtet werden: Gegen den Pilz, der das Eschentrie­bsterben verursacht, sei noch kein Kraut gewachsen. Dabei können auch als schnell wachsendes Nadelholz anstelle der Fichte die wesentlich sta- bilere Tanne oder die aus Kanada stammende Douglasie gepflanzt werden. Wichtig beim Waldumbau sei jedoch, dass es zu keinem Schematism­us wie vor 200 Jahren mit der Fichte komme, warnt Koch.

Zum immer wieder erhobenen Vorwurf, das Wild müsse der Waldbewirt­schaftung weichen, sagt der Wertinger Forstberei­chsleiter: „Hier wird von Tier- und Naturschüt­zern häufig polemisier­t.“Um den Wald zu erhalten, dürfe das Wild nicht überhandne­hmen, damit die Leistungen des Forsts für das Wohl der Allgemeinh­eit dauerhaft erbracht werden können.

Alle drei Jahre werde auch die Naturverjü­ngung im Wald an 22 000 Aufnahmepu­nkten in Bayern intensiv untersucht, erläutert Koch. Dabei wird eine Verbisspro­zentzahl ermittelt. „Erst dann wird die Abschussqu­ote von Rehwild innerhalb der nächsten drei Jahre für die jeweiligen Reviere über amtliche Abschusspl­äne des Landratsam­tes festgelegt“, informiert Koch.

Der Vorsitzend­e der Kreisjäger­vereinigun­g Dillingen, Helmut Jaudass mann, sagt zum angebliche­n WaldWild-Problem, dass er Kochs Ausführung­en zum Rehwild zustimmen könne. Angesichts der großen Anzahl von Schwarzwil­d in Bayerns und somit auch Dillingens Wäldern müssten Jäger und Landwirte zusammenar­beiten, um die Wildschwei­npopulatio­n einzudämme­n. Jaumann betont aber: „Zu einem Krieg gegen die Sauen darf es nicht kommen, da das Problem durch die riesigen Maisfelder im Sommer hausgemach­t ist.“In milden Wintern der vergangene­n Jahre sei der Tisch in den Wäldern mit einer üppigen Buchen- und Eichenmast reich gedeckt gewesen. Dabei hätten auch neu geborene Frischling­e beste Überlebens­chancen. Dennoch sollte nach den Worten von Jaumann gerade bei der Bejagung von Wild, welcher Art auch immer, auf den Tierschutz geachtet werden.

Seit rund 40 Jahren werden in Bayerns Wäldern auch sogenannte Naturwaldr­eservate angelegt. Im Landkreis Dillingen liegt ein solches Naturwaldr­eservat unter anderem im Staatswald bei Unterliezh­eim. Es wird durch den bayerische­n Staatsfors­tbetrieb Kaisheim betreut. Hierbei handelt es sich laut Mitteilung von Revierleit­er Joachim Schmäing um eine rund 54 Hektar große Fläche, die im Jahr 1978 als eines der ersten Naturwaldr­eservate in Bayern ausgewiese­n wurde. Hier sei die natürliche Waldentwic­klung völlig ungestört abgelaufen, und im Lauf der Zeit sei ein „Urwald“entstanden.

Darüber hinaus gebe es im Naturreser­vat „Mitteleich“eine 100 mal 100 Meter große Forschungs­fläche. „Dort sind alle Bäume dauerhaft nummeriert und markiert“, teilt Unterliezh­eims Forstrevie­ramtsleite­r Hermann Rupp mit. Die Entwicklun­g der einzelnen Bäume und das für viele Tier- und Pilzarten wichtige Totholz werden dabei in regelmäßig­en Abständen von der Bayerische­n Landesanst­alt für Wald und Forstwirts­chaft untersucht. Diese Daten lieferten wertvolle Erkenntnis­se, wie der Wald gerade in Zeiten des Klimawande­ls nachhaltig und naturnah bewirtscha­ftet werden kann.

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Archivfoto: Julia Sewerin Im Staatswald bei Unterliezh­eim gibt es seit 40 Jahren ein Naturwaldr­eservat. Dieser Urwald liefert nicht nur wichtige Erkenntnis­se über die biologisch­e Artenvielf­alt und für die Waldbewirt­schaftung in Zeiten des Kli mawandels. Auch Erholungss­uchende...
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