Lobpreiset die Herren
Vatertag – einst fielen Horden grölender Barbaren, bewaffnet mit Bierfässern, Trinkhelmen und Bollerwagen in unschuldige Dörfer und Städtchen ein. Bereits in den frühen Mittagsstunden torkelten sie durch die Auen, maßen sich in Sauf- und Faustkämpfen und besudelten ganze Landstriche mit diversen Körpersäften. Die Speerspitze dieser Bewegung bildeten bislang die Halbwüchsigen; meist kinderlos und sich ihres Platzes in der Welt unsicher, übten sie sich im Balzgehabe. Am Nachmittag ging es oft bereits ins Bett; so präsentierte sich der klassische Typus des Herrentags-Ausflüglers.
Indes, halt – es hat sich etwas geändert in den Gemütern deutscher Herren. Sieht der geneigte Feiertags-Spaziergänger heutzutage doch vermehrt Heerscharen von Männern jeglichen Alters, gewandet in neongrüne, grellgelbe und saftig-pinke Funktionsshirts. Die Beine der Aerodynamik zu Liebe rasiert, das Haupt mit einem sportlich-kecken Helm gekrönt und die Sonnenbrille auf die Farbe des Rahmens abgestimmt, erobern sie mit ihren Carbonrädern, wahlweise mit Akku, die Höhen und Tiefen der Republik. Dafür mit eingezogenem Bauch und herausgestreckter Brust – einen radelnden Presssack möchte Mann der Damenwelt ersparen. Nachdem sich der Herr mithilfe der stundenlangen Strapazen einmal mehr seiner Männlichkeit vergewissert hat, erhält er daheim bei den Liebsten den wohlverdienten Lohn. Ein Bier, alkoholfrei und isotonisch. Und danach treibt ihn die Erschöpfung noch vor der Tagesschau ins Bett. Ganz schön anstrengend, ein moderner Mann zu sein.