Eine Schmutzschlacht hilft der CSU nicht
Mal umwerben die Christsozialen Wähler der AfD, mal verunglimpfen sie die Partei als „braunen Schmutz“. Beides zeigt Panik – aber keine Wahlkampf-Strategie
Markus Blume ist ein belesener Mensch. Also kennt er sicherlich den Satz von Joschka Fischer: „Das Amt verändert den Menschen schneller als der Mensch das Amt.“
Selbst wenn Blume diesen Satz nicht kennen sollte, er lebt ihn derzeit vor. Denn der Ex-Eiskunstläufer war bis zu seinem Antritt als CSU-Generalsekretär ein besonnener Zeitgenosse, eher Nachdenker als Nachtreter.
Kaum im Amt, tritt Blume aber im offenbar einzigen Aggregatzustand von CSU-Generalsekretären auf: dem permanenten Kriegszustand. Gerade erst hat er alle zu „Religionsfeinden“erklärt, die am Kreuzerlass seines Ministerpräsidenten Markus Söder zu zweifeln wagten. Und über das Wochenende wurde ein Strategiepapier aus Blumes Feder publik, in dem er die AfD als „braunen Schmutz“bezeichnete, der als „unbayerisch“zu bekämpfen sei.
Warum verwandelte sich der besonnene Blume so rasch in ein CSU-Fallbeil? Die Wahrheit lautet: aus Panik. Je lauter Blume poltert, desto leiser wird die Hoffnung, seine Partei habe eine taugliche Strategie für den Wahlkampf. In der aktuellen Umfrage unserer Zeitung ist der Söder-Effekt, der direkt nach dessen Amtsantritt zu verzeichnen war, schon wieder verpufft. Das einzige CSU-Wahlkampfziel, die absolute Mehrheit, liegt nach wie vor in weiter Ferne. Schlimmer noch: Die Alternative für Deutschland (AfD) bleibt eine Alternative für rund 12 Prozent der Bayern.
Diese Partei soll nach dem Willen von Markus Söder aber unbedingt verschwinden. Man dürfe sie nicht zur neuen Linkspartei werden lassen, dekretiert er stets – also einer Bewegung, die sich, anders als früher die NPD oder die Republikaner, dauerhaft etabliert. Landesverbände der Union mögen nachdenken, irgendwann sogar mit der AfD eine Koalition zu bilden. Für die CSU, die gar keine Koalitionen will, ist das keine Option.
Nur: eine Strategie, dies zu verhindern, ist bislang nicht zu erkennen. Deswegen müht sich Blume so verzweifelt. Mal scheint die CSU die Wähler der AfD zu umwerben, indem sie deren Jargon übernimmt, zu Flüchtlingen, zum Islam – und natürlich zum Kreuz, das Söder eigenhändig ins rechte Licht rückte. Dann ist Blume gleich zur Stelle, damit auch ja kein AfD-Wähler das Signal verpasst, siehe sein Satz über „Religionsfeinde“.
Und mal soll die AfD zum Staatsfeind Nummer eins erklärt werden, auch dann ist natürlich auf Blume Verlass. Flugs schrieb er besagtes Strategiepapier über eine demokratische Partei (und damit deren Wähler) mit einer Polemik, dass man nach der Lektüre erst einmal eine Dusche nehmen möchte.
Beides zusammen geht aber nicht. Populisten nachzueifern macht diese meist nur stärker. Im Zweifel wählen Bürger lieber das Original. Sie aber zu verteufeln, weckt eher Trotzgefühle, es den „Etablierten“mal richtig zu zeigen.
Deswegen sollte die CSU sich auf Tugenden besinnen, die in Wahljahren schwerfallen: Ruhe bewahren, effizient arbeiten – und die rechte Konkurrenz nicht durch Hysterie aufwerten.
Ausgerechnet Horst Seehofer, oft belächelter „Heimatmuseumsminister“, gelingt das bislang zumindest im Ansatz. Auch er hat zwar gleich viel gepoltert. Aber Seehofer hat auch gemacht und angedacht – und gar einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er den Begriff „Heimat“verbindend zu definieren suchte, nicht nur ausgrenzend.
Markus Blume hat früher auch gerne geschrieben, etwa das neue CSU-Parteiprogramm. Vielleicht sollte er sich darauf wieder mehr konzentrieren, weniger auf das Austeilen. So könnte er seiner Partei als Generalsekretär im Wahljahr vermutlich am besten dienen.
Einfach mal ruhig bleiben – auch im Wahljahr