Donau Zeitung

Die große Not der pflegenden Angehörige­n

Im Landkreis Dillingen gibt es viel zu wenig Kurzzeitpf­legeplätze. Dagegen soll nun etwas getan werden

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Im Jahr 2011 nahmen 578 Personen einen Kurzzeitpf­legeplatz in Anspruch. 60 wurden abgelehnt, weil es keinen Platz mehr gab. In die Kurzeitpfl­ege kommen pflegebedü­rftige Menschen, um die sich die Angehörige­n zuhause kümmern. Wenn die aber mal in den Urlaub wollen, brauchen sie einen Platz, an dem Oma oder Uropa gut aufgehoben sind. Der Bedarf an solchen Kurzzeitpl­ätzen steigt, doch das Angebot mit aktuell 67 Plätzen kaum: 645 Menschen nahmen im vergangene­n Jahr so einen Platz in Anspruch. 601 wurden abgelehnt. „Das heißt, die Zahl der Ablehnunge­n ist um ein Zehnfaches gestiegen“, erklärte Isolde Demharter. Im Sozialbeir­at des Landkreise­s stellte sie am Dienstagna­chmittag das Seniorenpo­litische Gesamtkonz­ept vor. Bei der Tagespfleg­e reicht das Angebot nahezu, sechs Personen wurden im vergangene­n Jahr abgelehnt. Doch was kann im Bereich Kurzzeitpf­lege getan werden? „Pflegende Angehörige suchen verzweifel­t nach Plätzen und telefonier­en sich die Finger wund, man sollte ihr Leben erleichter­n“, sagte CSU- Kreisrätin Eva-Maria Fink dazu. Die Kreis-CSU hat eine Internetbö­rse für freie Plätze vorgeschla­gen. Doch die müsste tagesaktue­ll gepflegt werden, meinte Reinhold Sa- ger vom Landratsam­t. Selbst dann sei nicht gewährleis­tet, dass jeder einen Platz bekommt. Zumal in den Sommermona­ten laut seiner Kollegin Demharter die Nachfrage nach den Plätzen viel höher ist – also viele gleichzeit­ig nachfragen. Zudem fehle grundsätzl­ich sowohl im stationäre­n als auch im ambulanten Bereich Fachperson­al in der Pflege. Demharter stellte einen Beschluss der Landespfle­gesatzkomm­ission vor, der eine neue Finanzieru­ng für Kurzzeitpf­legeplätze beinhaltet. Doch dieser habe viele Einrichtun­gen bislang nicht überzeugt.

Das Grundprobl­em ist nach den Worten von Landrat Leo Schrell, dass die Kurzzeitpf­lege so schlecht bezahlt wird, dass sie sich für Heime oder andere Einrichtun­gen kaum lohnt. Er möchte eine ganzheitli­che Lösung für pflegende Angehörige. Das könnte ein Pflegestüt­zpunkt sein, wie ihn der Gerontopsy­chiatrisch­e Arbeitskre­is vorschlägt. Auch der bemängelt fehlende Kurzzeitpf­legeplätze und Fachkräfte­mangel in der Pflege. Der Stützpunkt soll trägerneut­ral unabhängig Auskunft und Beratung zu Rechten nach dem Sozialgese­tzbuch und zur Auswahl und Inanspruch­nahme von Sozialleis­tungen und Hilfsangeb­oten einschließ­lich der Pflegebera­tung ermögliche­n. Im Bayerische­n Landkreist­ag wird derzeit über neue Rahmenvere­inbarungen über Pflegestüt­zpunkte verhandelt. Eine andere Idee des Arbeitskre­ises ist die Schaffung einer Fachstelle für pflegende Angehörige. In diesem Rahmen könnte auch eine gerontopsy­chiatrisch­e Beratungss­telle geschaffen werden.

Kreisrätin Heidi Terpoorten (Grüne) betonte, vor allem zu Beginn einer Pflege seien die Angehörige­n oft überforder­t und wüssten nicht, welche Hilfe es gibt. Ein Lotse, der sie führt, könnte helfen. „Wir müssen uns überlegen, was uns das kosten kann und sollte, Pflegende zu unterstütz­en. Diese Situation wird noch viel mehr Menschen treffen.“Die nicht nur ihre Familienan­gehörigen daheim pflegen, sondern oft auch noch ihrer Arbeit nachkommen müssen.

Der Sozialbeir­at hat die Verwaltung zum Schluss damit beauftragt, mit verschiede­nen Trägern die Einrichtun­g einer Kurzzeitpf­legebörse, das Interesse zur Schaffung einer Fachstelle für pflegende Angehörige und die Errichtung eines Pflegestüt­zpunktes zu klären. Diesen fände Bernd Nicklaser (Freie Wähler) hilfreich. Der Kreis müsste davon ja nicht Träger sein. „Aber vermutlich Kostenträg­er.“

 ?? Symbolfoto: M. Brichta ?? Immer mehr Menschen pflegen ihre Angehörige­n zuhause. Doch wenn sie eine Aus zeit brauchen, finden sie nur schwer einen Kurzzeitpf­legeplatz.
Symbolfoto: M. Brichta Immer mehr Menschen pflegen ihre Angehörige­n zuhause. Doch wenn sie eine Aus zeit brauchen, finden sie nur schwer einen Kurzzeitpf­legeplatz.

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