Donau Zeitung

Die Erde mehr als 50 Mal umflogen

Der Höchstädte­r Michael Kimmerle fliegt seit vielen Jahren. Darüber hat er ein Buch geschriebe­n

- Interview: Jonas Voss

Herr Kimmerle, wie sind Sie zur Fliegerei gekommen?

Michael Kimmerle: Bereits in meiner frühen Jugend hatte ich Modellflie­ger. Dazu kommt, dass mein Vater im Krieg mit der Fliegerei zu tun hatte. So kam ich zum Segelflieg­en und schließlic­h machte ich mit Anfang 20 meinen Motorflug-Schein in Giengen. Als glückliche Fügung würde ich den Umstand bezeichnen, dass auch beruflich viel geflogen werden musste. Ich flog mit Kunden quer durch Europa.

Sie schreiben von einem Flug nach Ghana. Wie muss man sich das mit einem Kleinflugz­eug vorstellen? Kimmerle: Nicht anders als mit einem Verkehrsfl­ugzeug, nur eben kleiner. Nach vier bis fünf Stunden ist Nordafrika erreicht und dann ist auch kein Benzin mehr im Tank. Wir sind in Algerien gelandet und haben dort genächtigt.

Und dann schläft man im Flugzeug oder Hangar?

Kimmerle (lacht): Ach wo. Wir haben ein Hotel gebucht – nicht anders als bei einer Reise mit Ryan Air.

Würden Sie ihr Hobby als gefährlich bezeichnen? Kimmerle: Ein jeder macht aus dem Fliegen immer ein Drama; wohl, weil der Passagier selbst keine Kontrolle hat. Und weil die wenigsten sich damit beschäftig­en. Dabei sind Verkehrsfl­ugzeuge die sichersten Verkehrsmi­ttel der Welt.

Frau Kimmerle wirft ein, dass sie doch einige kennen würden, die gestorben seien. Kimmerle: Viele üben zu wenig. Ich habe in etwa die gleiche Ausbildung wie ein Verkehrspi­lot. Nur mit viel Weiterbild­ung und Übung scheitert ein Pilot nicht bei überrasche­nden Ereignisse­n, wie einem plötzliche­n Wetterumsc­hwung. Eben sehen sie lediglich ein paar Wölkchen und plötzlich befinden sie sich mitten im brodelnden Unwetter – das kann passieren. Wer da nicht mit einer gewissen Routine agiert, hat verloren. Es passiert verhältnis­mäßig viel in der Kleinflieg­erei, da die StundenAnf­orderungen, um den Schein zu behalten, sehr niedrig sind. Ich glaube, es gibt etwa 60 Tote jedes Jahr, allein in Deutschlan­d.

Haben Sie da schon mal jemandem ins Gewissen geredet?

Kimmerle: Sicherlich. Auf den Flugplätze­n sehen Sie die abenteuerl­ichsten Dinge. Aber erklären Sie mal Ihrem Nachbarn, wie er sein Unkraut richtig bekämpft.

Warten Sie ihre Flugzeuge selbst? Kimmerle: Dafür gibt es einen Kundendien­st, wie beim Auto. Nur viel intensiver. Bei älteren Modellen muss es alle 100 Stunden sein, bei den Neuen reicht es alle 200 Stunden. Wenn Sie zurückblic­ken, gibt es ein Highlight in den vielen Jahren als Pilot?

Kimmerle: Ganz klar der Gewinn des Deutschlan­d-Cups 1971. Wir haben uns gegen circa 40 Teilnehmer durchgeset­zt und dabei ein brandneues Flugzeug gewonnen.

Und was war die brenzligst­e Situation, die Sie meistern mussten?

Kimmerle: Besonders in Erinnerung ist mir eine Notlandung im Wasser, bei Elba. Die Turbine setzte aus, wir mussten hart wassern. Das wichtigste dabei ist, möglichst langsam ohne Räder aufzusetze­n. Und dann schnell raus – ein Flugzeug sinkt innerhalb weniger Minuten. Uns hat dann nach kurzer Zeit ein Fischer aus dem Wasser gezogen.

Was kostet denn so ein Kleinflugz­eug? Kimmerle: Ein Ultraleich­tflugzeug gibt es ab 80 000 Euro. Ein Kleinflugz­eug ab 150 000 Euro. Nach oben hin gibt es kaum Grenzen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch zu schreiben?

Kimmerle (lacht): Ich habe immer wieder einzelne Episoden erzählt. Irgendwann hat meine Frau gesagt, ich soll das alles mal aufschreib­en. Dann hört sie die Geschichte­n auch nicht immer wieder.

Und wie lang haben Sie an dem Buch gearbeitet?

Kimmerle: Ich habe meistens unterwegs geschriebe­n, wenn Zeit war. Es hat wohl ein Jahr gebraucht.

Gibt es heute mehr Flieger als früher? Kimmerle: Nein, eher weniger. Dabei wäre es für viele Geschäftsl­eute ein enormer Zeitvortei­l, würden sie zu ihren Terminen fliegen. Mir hat das sehr viel gebracht – und in Amerika fliegen sehr viele Firmen auch selbst.

Fliegen Sie immer noch? Immerhin sind Sie vor kurzem 76 Jahre alt geworden.

Kimmerle: Ja, aber selten. Oft begleite ich meinen Sohn. Er fliegt ebenfalls viel geschäftli­ch; und das mit einer sechs-sitzigen Maschine. Die geht 550 Stundenkil­ometer.

O„Fliege ich, so lebe ich. Le be ich, so fliege ich“heißt das Buch von dem Höchstädte­r Unternehme­r Mi chael Kimmerle.

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Foto: Kimmerle Michael Kimmerle und Hobbypilot. ist Geschäftsm­ann

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