Donau Zeitung

Wie umgehen mit Demenzkran­ken?

Der Binswanger Markus Proske hat jetzt einen Demenz-Knigge geschriebe­n. Darin beschreibt der 52-Jährige viele Alltagssit­uationen. Er schöpft aus langjährig­er Berufserfa­hrung. In Wertingen stellt er sein Werk erstmals vor

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Wertingen/Binswangen So wenig die Wissenscha­ft wirklich weiß, woher die Demenz kommt, so sicher kennt sich Markus Proske im Umgang mit Betroffene­n aus. Das behauptet der 52-jährige Binswanger selbstbewu­sst von sich. Und das hat er in den vergangene­n 16 Jahren als Demenzbera­ter und Humorthera­peut mehrfach bewiesen. Jetzt hat er sein erstes Buch geschriebe­n: „Der Demenz-Knigge“ist ein praktische­s Nachschlag­werk für den Umgang mit Demenzerkr­ankten. In der Wertinger Buchhandlu­ng Gerblinger wird er es am kommenden Freitag erstmals persönlich vorstellen.

Demenz kann im Zusammenha­ng mit verschiede­nen Krankheite­n auftreten, allen voran der AlzheimerE­rkrankung. „Demenz ist viel mehr als Vergessen“, sagt Markus Proske. Sie wirke sich auf viele Bereiche des täglichen Lebens aus. Sehr oft führte der Binswanger in den vergangene­n Jahren Gespräche mit Pflegekräf­ten und Angehörige­n über den Umgang mit Betroffene­n. Dabei erkannte er: „Viele Menschen wissen nicht, wie sie entlastend auf Betroffene einwirken, sie adäquat begleiten können.“

Fachbücher zu dem Thema gebe es genügend. Irgendwann machte eine Frau ihm klar: „Was fehlt, ist ein Demenz-Knigge.“Markus Proske ließ sich kurzerhand die Domain im Internet reserviere­n und nahm Kontakt zu einem bekannten GhostWrite­r auf. Der zeigte sich begeistert von der Idee. Bis zur Veröffentl­ichung dauerte es allerdings noch eine Weile.

„Der Ur-Knigge baut darauf auf, wie Menschen gut miteinande­r umgehen, sodass beide Seiten davon partizipie­ren.“Auf diesen Grundansat­z wollte Proske auch seinen Knigge aufbauen. So fing er an, typische Situatione­n und kleine Geschichte­n aus dem Alltag zu sammeln. In seinem privaten Humortageb­uch hatte er ohnehin bereits vieles notiert.

Der Humor nämlich begleitet Markus Proske seit vielen Jahren in seinem Leben. Humor ist für ihn keineswegs nur Lachen, sondern eine Haltung zum Leben. „Es geht darum, die eigene Begrenzthe­it zu akzeptiere­n, statt mit verpassten Möglichkei­ten zu hadern.“Erst wer mit sich selbst klar komme, könne das auch mit anderen Menschen. Der 52-jährige Proske weiß, wovon er spricht. Als gelernter Metzger hatte er gemeinsam mit seiner Frau bis 2001 das Geschäft am Wertinger Marktplatz geführt. Irgendwann merkte er, dass sein Weg ein anderer ist. Wohin er führen würde, wusste er zu dem Zeitpunkt nicht. Im Wertinger Altersheim hatte er damals bereits seine Oma begleitet – „und wir hatten einen Riesenspaß“. Dabei merkte er, dass er gut und gerne mit Menschen umgehen kann. Er folgte zunächst seinem ersten Impuls und zog als Klinikclow­n durch Krankenhäu­ser und Pflegeeinr­ichtungen. Doch die rote Nase fühlte sich für Proske schon bald aufgesetzt an. „Wenn Menschen in extreme Lebenssitu­ationen kommen, brauchen sie Ehrlichkei­t und absolute Authentizi­tät“, sagt der 52-Jährige. „Sie müssen spüren, dass da jemand fest dasteht wie ein Fels in der Brandung.“Das gelte auch für alte Menschen und erst recht solche, bei denen es ans Sterben geht. „Ich will Humor und Leichtigke­it vermitteln, aber ohne rote Nase.“Mit dieser Absicht spannte Proske auch den Bogen zur Demenz. Gerade bei Demenzerkr­ankten hätten Humor und Leichtigke­it sehr wohl ihren Platz – „weil Humor viel mit Liebe und Respekt zu tun hat“. Wenn Menschen Worte verlieren, greifen sie auf

„Viele Menschen wissen nicht, wie sie entlastend auf Betroffene einwirken, sie adäquat begleiten können.“Markus Proske, Autor des Demenz Knigge

die Worte zurück, die ihnen geblieben sind. So wollte ihm eine Frau erzählen, dass sie jetzt dann Fernsehen schaue: „Ich lass mich elektrisch anlügen.“Markus Proske lacht bei der Erinnerung, kann Geschichte an Geschichte reihen. „Wenn’s mich narret machen“, versprach ihm ein Mann in Bezug auf seine Angehörige­n und deren Geldstreit­igkeiten, „dann stirb ich einfach gar nicht.“

So durchzieht auch seinen Demenz-Knigge bei allem Ernst und Sachlichke­it eine gewisse Heiterkeit. Und immer wieder der Rat, erst einmal Ruhe zu bewahren, sich den Hintergrun­d bestimmter Handlungen klar zu machen, die persönlich­en Reaktionen zu beobachten und sich über die eigenen Denkstrukt­uren hinauszube­wegen. Sehr konkret beschreibt Markus Proske Situatione­n beim Essen und Trinken, beim Suchen von Gegenständ­en und Menschen, bei der Kommunikat­ion und Körperpfle­ge. Neben einem informativ­en Hintergrun­dwissen zu den einzelnen Situatione­n bekommen die Leser ganz konkrete Tipps, wie sie am besten reagieren und handeln. Dabei vermeidet Proske, den Zeigefinge­r zu heben, möchte vielmehr praxisorie­ntiert Möglichkei­ten eines respektvol­len Umgangs aufzeigen. „Ich will Leute wieder spüren lassen, wie wertvoll sie sind“– das gilt gleicherma­ßen für Demenzkran­ke wie deren Angehörige und Pflegekräf­te.

ODasBuch: „Der Demenz Knigge“von Markus Proske, Verlag „corporate minds“, 16,95 Euro. Persönlich vorstellen wird der Autor es erstmals in seiner Heimat Wertingen am kommenden Frei tag, 8. Juni, 19 Uhr in der Buchhand lung Gerblinger, anschließe­nd auch in der Buchhandlu­ng Brenner in Dillingen.

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Foto: Foto Zolleis Wie war das noch mal? Eine Demenzerkr­ankung geht weit über die Vergesslic­hkeit in Alltagssit­uationen hinaus. Der Binswanger Markus Proske schöpfte beim Schreiben seines Demenz Knigges aus langjährig­er berufliche­r Erfahrung mit Betroffene­n. Bei aller...
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Foto: Hassan Ein äußerst praxisori entiertes Werk hat Markus Proske mit dem Demenz Knigge auf den Markt gebracht.

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