Hagel trifft Rieblingen schwer
Die Körner waren zum Teil so groß wie Tischtennisbälle. Die Folgen sind verstopfte Kanäle, überflutete Keller, Schlamm und verbeulte Autos. So manche Frage bleibt offen
Rieblingen Die Sonne verabschiedete sich am letzten Maitag nach hochsommerlichen Temperaturen um die 28 Grad mit einem grandiosen hochroten Himmel. Dieser tauchte Rieblingen kurz vor 21 Uhr noch in romantisches Licht. Doch die Idylle war trügerisch. Nur elf Minuten nach Einbruch der Dunkelheit entlud sich der Himmel über den Wertinger Ortsteil und schickte Hagelkörner zur Erde, die zum Teil so groß waren wie Tischtennisbälle. Offenbar hatten sich zwei Gewitter über dem Dorf zusammengebraut. „So etwas hat es hier noch nie gegeben“, sagt Johann Bröll, Zweiter Bürgermeister. Obwohl sein Haus vermeintlich sicher am Berg an der Wiegenfeldstraße liegt, drückte Wasser durch den Schacht in den Keller. „Die Hagelkörner haben offenbar die Kanäle verstopft, Wasser wurde deshalb zurückgestaut und konnte nicht mehr abfließen“, so Bröll. Fünf Zentimeter hoch stand am Ende der Keller unter Wasser.
Nachdem das heftige Unwetter mit außergewöhnlich starkem Hagelschlag und sehr viel Regen niedergegangen war, gingen mehrere Notrufe bei der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr ein. Mehrere Einwohner forderten Hilfe an, weil Keller und Wohnungen überflutet worden waren. Weil zehn Einsätze laut Kommandant der Rieblinger Wehr, Christian Thoma, parallel liefen, wurden die Nachbarwehren aus Gottmannshofen, Prettelshofen und Laugna sowie der Kreisbauhof um Unterstützung gebeten. Bis weit nach zwei Uhr morgens waren rund 50 Männer und Frauen mit Tauchpumpen und Wassersaugern im Einsatz. Auf der Kreisstraße DLG 33 Richtung Asbach waren zwei Autos aufgrund von Wasserschlag im Bereich der überfluteten Unterführung liegen geblieben. Diese mussten abgeschleppt werden.
Am Morgen nach dem Unwetter bot sich ein trauriger Anblick. In Gummistiefeln und mit Schrubber, Besen und Eimern gewappnet, machten sie sich ans Großreinemachen. Straßen und Gehwege waren von zerhackten Blättern übersät. In den Gärten lagen Trümmer von Glashäusern. Von der Blumenpracht der vergangenen Wochen hat der Hagel nicht viel übrig gelassen, genauso wenig wie in den Gemüsebeeten, wo nur noch Stümpfe aus dem Boden ragten.
Besonders hart traf es Bewohner des Unterdorfes. Im Bereich der Moosgasse hatte sich in der Nacht eine Schlammbrühe ins Dorf ergossen und Spuren der Verwüstung hinterlassen. „Das tut weh“, blicken Hubert und Klaus Schäffler auf ihr Anwesen an der Asbachstraße. Hier steht eines der ältesten Häuser von Rieblingen. Entzückend mit blauen Fensterläden und einem alten Obstgarten umgeben, hat es fast 200 Jahre überlebt. Jetzt ist alles mit braunem Schlamm überzogen, der selbst das Innere des Hauses nicht ver- schonte. Das Gröbste wurde von den Mietern und Eigentümern noch in der Nacht beseitigt. Erst am Morgen wurde das ganze Ausmaß deutlich. Von den Pfirsichen und Äpfeln, die am Vortag üppig an den Ästen hingen, ist nichts mehr da. Sie liegen am Boden und haben die Farbe des Schlamms angenommen. Hubert Schäffler versteht die Welt nicht mehr: „Rieblingen ist der zweithöchste Ort im Landkreis Dillingen. Wie kann es dann hier zu Wassereinbrüchen kommen? Früher zog an unserem Haus ein tiefer Graben vorbei. Dann wurde vor etwa 50 Jahren darauf die Straße gebaut. Eine komplette Fehlplanung“, kritisiert er. Gegenüber befindet sich das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr. Auch sie blieb am Donnerstagabend nicht von den Folgen des Unwetters verschont. Auf der Straße vor dem Feuerwehrhaus war zeitweise „Land unter“, da die Wassermenge von den Gullys nicht mehr aufgenommen werden konnte.
Fatal sind offensichtlich die Folgen bei der Aufzugfirma Berchtenbreiter. Hier traf es drei Aufzugschächte, in denen sich Wasser bis zu einem halben Meter aufstaute. Wasser und Schlamm drangen außerdem in eine Fabrikationshalle sowie in Kellerräume ein. Zudem wurde der gesamte Fuhrpark, 18 Firmenautos, von Hagelkörnern verbeult. „Ich habe schon mit der Versicherung gesprochen“, berichtet der Firmenchef, Johann Berchtenbreiter. Wie hoch der Schaden sein wird, könne noch nicht beziffert werden. „Ohne unsere Feuerwehrleute wäre der Schaden viel größer“, lobt er das schnelle Eingreifen.