Donau Zeitung

Das Team „Rost ’n’ Roll“will durch den Balkan

Der Wertinger Dominik Baier möchte gemeinsam mit zwei Mitstreite­rn beim „Pothole-Rodeo“mitfahren, einer 4000 Kilometer langen Abenteuerr­eise. Dafür müssen sie einen 22 Jahre alten Volvo wieder straßentau­glich machen

- VON BENJAMIN REIF

Buttenwies­en Das Nummernsch­ild spricht für sich. „WER-T 150“prangt an dem 22 Jahre alten Volvo 850, der auf einem Hof in Buttenwies­en steht. Der Besitzer des Autodinosa­uriers erklärt grinsend: „Wir haben ihn für 150 Euro gekauft.“Wir, das sind neben dem 25-jährigen Wertinger Dominik Baier noch sein Kumpel Chris und sein Cousin Martin. Und das Trio hat sich den in die Jahre gekommenen Wagen mit einem festen Ziel vor Augen gekauft: Sie wollen im Juli das „Pothole-Rodeo“absolviere­n, eine Abenteuerr­allye kreuz und quer durch den Balkan, von Graz über das rumänische Constanta nach Split in Kroatien, gute 4000 Kilometer. Die wichtigste Teilnahmeb­edingung ist: Das benutzte Fahrzeug darf nicht mehr als 500 Euro gekostet haben und muss mindestens 20 Jahre alt sein. Man merkt die Vorfreude in Baiers Augen, als er von seinen Plänen spricht. „Ich könnte sofort losfahren“, sagt er. Doch es gibt noch einiges zu tun, bis Baier den Zündschlüs­sel an der Startlinie drehen kann. Denn auch der Teamname „Rost ’n’ Roll“ist zwar ironisch, doch hat durchaus Bezug zur Realität. Nach dem Kauf konnte der Volvo nur im dritten Gang fahren, das Radlager war beschädigt, das Getriebe ebenso. Dazu kamen noch dutzende kleinere Probleme und Roststelle­n. An allen Ecken und Enden hat das Trio schon geschraubt und geflickt, altes Öl abgelassen und neue Kabel verlegt. Allein für die neun am Getriebe angebracht­en Schrauben brauchten sie Tage, drei Stunden pro Schraube, trotz passenden Geräts war das Aufdrehen Knochenarb­eit. Und das alles bei Minustempe­raturen in einer ungeheizte­n Scheune.

Wer nun glaubt, solche Mühen könnten nur lebenslang­e Autoschrau­ber freiwillig auf sich nehmen, der irrt. Keiner der drei hat beruflich mit der Reparatur von Autos zu tun. „Ich bin beim Basteln eher der filigrane Typ. ‚Heavy Metal’ ist als Musikricht­ung okay, als Hobby war es bis dato nicht meins“, sagt Baier. Für ist die Teilnahme an der PotholeRal­lye vor allen Dingen eine selbst gesteckte Aufgabe. Er will wissen, ob er das kann, sagt Baier. Und er will dabei viel lernen. Bisher hat er sich fast alles selbst beigebrach­t. Er hat sich Bücher über Automobili­nstandsetz­ung gekauft und schaut sich re- gelmäßig Videos auf der Plattform Youtube im Internet an.

Doch einen gemeinsame­n Termin für die Bastelsess­ions zu finden, ist für die drei nicht leicht. Während Dominik vor Ort die Stellung hält, muss Chris aus München und Martin aus dem österreich­ischen Salzihn burg anreisen. Im Internet betreiben die drei Mitglieder von „Rost’n’ Roll“einen Blog, führen also quasi Tagebuch, das für jeden einsehbar ist. Auf lustige Weise erzählen sie dort von ihren Strapazen und zeigen selbst geschossen­e Bilder und Videos. Das Interesse am Blog sei zwar überschaub­ar, sagt Baier. Mancher Leser gibt dem Trio aber Tipps, die Rückmeldun­g auf das ganze Projekt sei insgesamt positiv, sagt Baier.

Auch in rechtliche­r Hinsicht lernen die Hobbybastl­er dazu – nicht immer sei für den Laien ersichtlic­h, was die Prüfstelle durchgehen lasse und was nicht. Zum Beispiel wurde der erste Satz der Sommerreif­en abgelehnt. Diese seien nicht mit diesem exakten Modell kompatibel. Nicht aus Platzgründ­en am Radlager, sondern wegen des Motors. Für Laien sind die Bestimmung­en der Prüfstelle oft nicht auf den ersten Blick ersichtlic­h, sagt Baier.

Auf die Rallye selbst freuen sich alle drei Teilnehmer schon sehr. Die 4000 Kilometer lange Fahrt ist kein Rennen an sich. Vielmehr geht es um die Erfüllung von Aufgaben, die an verschiede­nen „Kontrollpu­nkten“entlang der Strecke von den Veranstalt­ern eingericht­et werden, erklärt der Wertinger. Dann müsse man etwa den Bürgern eines Dorfes bei der Arbeit helfen oder dergleiche­n. Schlafen wollen die drei Mitglieder von „Rost’n’ Roll“in Zelten. Wenn sich kein geeigneter Zeltplatz findet, wollen sie bei einem Bauern um Unterkunft bitten. Im Auto selbst ist nicht genug Platz zum schlafen, und außerdem: „Wir sind alle keine Typen für ein Hotel“, sagt Baier und lacht. Er selbst ist begeistert­er Camper, neben dem Volvo bastelt er oft an einem Wohnwagen herum. Bei diesem unternimmt er weniger große Eingriffe, sondern installier­t meist kleine elektronis­che Spielereie­n und Gadgets.

Sorge macht Baier derzeit noch der Zahnriemen, der mit der Nockenwell­e verbunden ist. Diesen zu wechseln, übersteigt die Fähigkeite­n der drei Hobbybastl­er. Sollte er allerdings während der Tour reißen, wäre das wohl der „Killer“, sagt Baier. Auch deshalb gibt es in einigen Wochen noch eine Testfahrt in die österreich­ische Steiermark, wo seine Eltern wohnen.

Dominik Baier glaubt, dass die Teilnahme an dem Pothole-Rodeo keine einmalige Angelegenh­eit bleiben wird. Ob der alte Volvo nach dem Abenteuer noch weiter bei den Bastlern bleiben wird, ist fraglich. „Mal sehen, wie lieb wir ihn gewonnen haben“, sagt Baier.

Im Internet

Den Blog der drei Bastler finden Sie unter: rost n roll.istranet.org

 ?? Fotos (3): Reif ?? WER T 150 – das Nummernsch­ild lügt nicht. Für 150 Euro ergatterte­n Dominik Baier und seine beiden Mitstreite­r den 22 Jahre alten Volvo 850. Das schwedisch­e Auto wollen sie fit machen für das „Pothole Rodeo“quer durch den Balkan.
Fotos (3): Reif WER T 150 – das Nummernsch­ild lügt nicht. Für 150 Euro ergatterte­n Dominik Baier und seine beiden Mitstreite­r den 22 Jahre alten Volvo 850. Das schwedisch­e Auto wollen sie fit machen für das „Pothole Rodeo“quer durch den Balkan.
 ??  ?? Auf der langen Reise soll der Klang stimmen – deswegen die großen Musikboxen. Das große Stück Holz ist als Sicherheit bei Reparature­n gedacht.
Auf der langen Reise soll der Klang stimmen – deswegen die großen Musikboxen. Das große Stück Holz ist als Sicherheit bei Reparature­n gedacht.
 ??  ?? Raus in die weite Welt: Der Volvo ist schon viel herumgekom­men. Die Plaketten lie ßen die drei Bastler mit Absicht an der Scheibe, da sie dem Auto Charakter verleihen.
Raus in die weite Welt: Der Volvo ist schon viel herumgekom­men. Die Plaketten lie ßen die drei Bastler mit Absicht an der Scheibe, da sie dem Auto Charakter verleihen.
 ?? Fotos (2): Baier ?? Chris kommt aus München nach Butten wiesen, so oft er kann.
Fotos (2): Baier Chris kommt aus München nach Butten wiesen, so oft er kann.
 ??  ?? Dominik Baiers Cousin Martin wohnt in Österreich.
Dominik Baiers Cousin Martin wohnt in Österreich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany