Wenn Eltern ihre Kinder in die Schule eskortieren
Erziehung Das „Elterntaxi“gibt es auch im Landkreis. Doch es birgt Risiken
Landkreis Zebrastreifen und Bushaltestellen sind zugeparkt, sogar den Eingang auf den Schulhof blockieren sie – die Elterntaxis. Die Eltern wollen größtmögliche Sicherheit für ihre Kinder. Also fahren sie die Kinder fast bis vor das Klassenzimmer. Zum Kindersicherheitstag am Sonntag beleuchten wir die Situation im Landkreis Dillingen. Am Bonaventura-Gymnasium Dillingen geht Schulleiter Franz Haider gelassen mit dem Thema um. „Elterntaxis verursachen an unserer Schule keine Probleme“, sagt er. Zwar gebe es Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen. Das liege auch am großen Einzugsgebiet der Schule, nicht nur an übereifrigen Eltern. Viele Schüler würden mit ihren Eltern vor dem Schulbesuch die Strecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln abfahren. Dadurch seien sie später selbstständig im Nahverkehr.
Die Schulpsychologin der Bonaventura-Schulen, Simone Knaus, ist der Meinung, ein souveräner Umgang mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei gut für junge Menschen. „Den Nahverkehr zu nutzen vermittelt jungen Schülern einen Lerneffekt, der sie nicht nur sicherer im Straßenverkehr agieren lässt.“Laut Statistischem Bundesamt geht die Zahl der verunglückten Kinder in Deutschland seit Jahren zurück. 1978 sind noch etwa 78 000 Kinder verunglückt, 2016 waren es circa 28 800. Im Landkreis haben laut Polizei Dillingen die Schulwegunfälle mit beteiligten Kindern von 2008 bis 2017 um etwa 55 Prozent abgenommen, von elf auf fünf Kinder.
Knaus erklärt, darüber hinaus schule das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel die Schüler darin, sich selbst zu organisieren. „Eltern zu animieren, ihre Kinder loszulassen, kann schwierig sein“, sagt Knaus. Diese Erfahrung macht auch der Konrektor der Mittelschule am Aschberg, Christian Winter. Dort fährt eine gewisse Anzahl von Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule – nicht alle halten dabei auf den Parkplätzen vor Ort. „Spricht eine unserer Lehrkräfte die Elterntaxis auf das Halteverbot direkt vor der Schultreppe an, hören sie meist patzige Antworten von den Eltern“, sagt Winter. Warum Eltern ihre Kinder fast bis vor die Schultür fahren, begründen sie nicht. Winter nennt sie die „Hol- und Bring-Eltern“. Dabei sorgt die Schule für die Sicherheit ihrer Schüler im Straßenverkehr und hat die Anzahl der Lehrkräfte, die die Situation an der Bushaltestelle überwachen, verdoppelt. Denn laut Unfallstatistik passieren den Kindern die meisten Fehler beim Überqueren einer Fahrbahn – auf knapp 90 Prozent aller Fälle trifft das zu.
Birgit Erdle, Erste Vorsitzende des Kinderschutzbunds in Dillingen,
„Irgendwo kann immer etwas passieren, auch im Auto. Elterntaxis helfen da kaum.“
Birgit Erdle, Kinderschutzbund Dillingen
hat für Elterntaxis nur in den seltensten Fällen Verständnis. „Irgendwo kann immer etwas passieren, auch im Auto. Elterntaxis helfen da kaum“, meint sie. Für Erdle hilft den Kindern die Nutzung des Nahverkehrs, nicht nur selbstständiger zu werden; dadurch würden die Kinder sich überhaupt erst einmal bewegen. Bei einigen komme das heutzutage zu kurz. Erdle erklärt: „Wenn Kinder etwas gemeinsam unternehmen, und sind es nur die täglichen Bus- oder Zugfahrten, interagieren sie miteinander. So erlernen sie Sozialkompetenz.“Robert Drechsler rät Eltern, den Schulweg gemeinsam mit ihren Kindern zu trainieren. Der Beauftragte für Verkehrserziehung der Polizei Dillingen bietet in Kooperation mit Kindergärten und Schulen Lehrstunden an. Kinder lernen dort, sich sicher im Straßenverkehr und mit Nahverkehrsmitteln zu bewegen. „Ich appelliere an die Eltern, diese Angebote wahrzunehmen“, sagt Drechsler. Eigenständiges Bewegen im Verkehr fördere das Selbstvertrauen der Kinder. Ihre Aufmerksamkeit und Wahrnehmung im Verkehr sei höher, sobald sie mit Eltern, Lehrern und der Polizei geübt haben. Langfristig könne das Elterntaxi diese notwendige Sicherheit für die Kinder nicht bieten.