Mehr als nur ein Tatort Kommissar
Schauspieler Miroslav Nemec präsentiert sich vor ausverkauftem Haus als glänzender Entertainer
Binswangen Schade, dass so viele Zeitgenossen ihm nur das Attribut „Tatort-Kommissar“attestieren. Dabei ist der in Kroatien geborene deutsche Schauspieler Miroslav Nemec auch ein interessanter Autor, begabter Musiker und glänzender Entertainer. Eine Kostprobe seiner Talente bekamen die vielen Besucher in der Alten Synagoge in Binswangen geboten, wo der beliebte Fernsehdarsteller die Zuhörer von seiner Facettenvielfalt überzeugte.
Auf Einladung der Brettlbühne Lauterbach machte „Miro“, wie seine Freunde ihn nennen, in dem kleinen schwäbischen Dorf Station, wo er sich an altehrwürdiger Stätte offenkundig schnell wohlfühlte. Dass Miroslav Nemec ausgebildeter Fachlehrer für Musik ist, der am Mozarteum in Salzburg studiert hat und auch noch die Schauspielakademie in Zürich absolvierte, bringt diejenigen ins Staunen, die ihn bisher nur als Münchner Tatort-Ermittler im Duo mit Udo Wachtveitl wahrgenommen haben.
In der Alten Synagoge schlägt dem prominenten Gast mit dem immer noch aufblitzenden Lausbubencharme sofort eine Menge Sympathie entgegen. Der Mann mit den grauen Schläfen begeistert schnell mit einem einnehmenden Wesen, vielseitigem künstlerischen Talent, Humor und ganz viel Esprit. Tiefgründig nimmt man den Schauspieler wahr, wenn er einen Einblick in sein interessantes Leben zwischen seinem Geburtsland Kroatien und seiner deutschen Heimat gibt. Da tritt sein Rollenspiel als FernsehDarsteller schnell in den Hintergrund, sind seine Auftritte als Tatortermittler oder sanfter Verführer schnell vergessen.
Der Profi, der sich Jahrzehnte auf den Brettern verschiedenster Bühnen erfolgreich bewegt hat, zieht in der Synagoge alle Register. Die Geschichten aus seiner Biografie hören sich an wie viele Leben aneinandergereiht. Sie sind gespickt mit Anekdoten und Kindheitserlebnissen im ehemaligen Jugoslawien. „Miroslav – Jugoslav“riefen ihm später die Schulkameraden in Freilassing hinterher. Es hat dem starken Jungen offensichtlich seelisch keine Narben zugefügt. Er hat sich durchgebissen und fürs Leben eine Menge gelernt.
Zwischen seine Biografie-Geschichten streut Nemec Gedichte von Erich Kästner, aber auch Lieblings-Aphorismen, Texte von Wiener Autoren und Liebeslieder am Klavier. Er greift schnell zur Gitarre und erzählt musikalisch aus der Heimat seiner Mutter, der Insel Krk. Sein Publikum versetzt er mit Witzen, auch aus dem Jiddischen, in schallendes Gelächter. So ein bisschen Clown steht ihm gut. Ausflüge in die Rockmusik seiner wilden Jahre bereichern den Abend genauso wie das zynisch-schöne Lied von André Heller „Wann i amoi stirb“. Dabei haut Nemec exzessiv und genussvoll in die Tasten. Als er das Ende des Abends ankündigt, bekommt das Publikum auf heftigen Applaus hin viele Zugaben. Bei Helmut Qualtingers gallig giftigem Text „Mein Weib will mich verlassen“mag der Beifall kein Ende nehmen. Der Schauspieler hinterlässt den Eindruck, als habe er sich keinesfalls schreibend selbst erfunden. Seine Biografie mutet auch nicht wie „Therapie-Schreiben“an, sondern so, als habe er mehr als einen Moment lang über das eigene Ich reflektiert.
Gerd Sauter verneigt sich mit viel Respekt für die Brettl-Bühne Lauterbach vor dem prominenten Gast des Abends.