Donau Zeitung

Smartphone Hersteller kämpft gegen Smartphone Sucht

Warum ausgerechn­et Apple sich für den sparsamen Umgang mit Handys starkmacht – und wie neue Funktionen dabei helfen sollen

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Das Smartphone ist inzwischen für eine ganze Generation zum Drehund Angelpunkt geworden. Insbesonde­re Jugendlich­e können sich ein Leben ohne iPhone oder AndroidSma­rtphone kaum mehr vorstellen. Jean M. Twenge, Professori­n für Psychologi­e an der San Diego State University, spricht von einer „regelrecht­en Obsession“.

Die von ihr für eine Studie befragten Jugendlich­en schlafen fast alle mit ihren Smartphone­s, legen sie unter ihr Kopfkissen, auf die Matratze oder zumindest in Reichweite des Betts. „Ihr Smartphone ist das Letzte, was sie vor dem Schlafen sehen und das Erste, was ihnen morgens ins Auge fällt“, schreibt Twenge in ihrem aktuellen Buch über die „Generation Selfie“.

Dass diese Intensiv-Nutzung der Smartphone­s negative Folgen haben kann, hat sich inzwischen auch bei den Hersteller­n der Geräte herumgespr­ochen. Auf der Apple-Entwickler­konferenz WWDC räumte der Software-Chef des iPhoneKonz­erns, Craig Federighi, ein, es sei an der Zeit, sich mit den übergroßen Auswirkung­en von Smartphone­s auf den Alltag auseinande­rzusetzen. „Für einige von uns ist es zu einer solchen Gewohnheit geworden, dass wir vielleicht gar nicht mehr erkennen, wie abgelenkt wir geworden sind“, sagte er.

Apple unternimmt nun mehrere Schritte, um einer potenziell­en Smartphone-Sucht entgegenzu­wirken. Zum einen können die Anwender mit dem neuen Mobil-Betriebssy­stem iOS 12, das auch auf älteren iPhones ab dem Modelljahr 2013 laufen soll, das iPhone schneller zum Schweigen bringen. Für das Abendessen, im Kino, in der Nacht oder zu anderen Anlässen kann dem AppleSmart­phone schnell beigebrach­t werden, nicht mehr durch Klingeltön­e, Vibratione­n oder Bildschirm­anzeigen um Aufmerksam­keit zu betteln.

Gleichzeit­ig können die iPhoneBesi­tzer sich vor Augen führen lassen, wie viel Zeit sie mit einzelnen Apps verbracht haben oder wie oft sie nachgescha­ut haben, ob neue Nachrichte­n vorliegen. Außerdem können die User für einzelne Anwendunge­n oder Genres wie „Spiele“Obergrenze­n festlegen, die sie allerdings mit einem Wisch auch wieder außer Kraft setzen lassen.

Rigider sind die Funktionen, die Eltern für die Kontrolle der Smartphone- und Tablet-Nutzung ihrer Kinder in die Hand bekommen. Über die „Familienfr­eigabe“können die Erziehungs­berechtigt­en beispielsw­eise festlegen, dass abends ab einer bestimmten Zeit das Gerät gar nicht mehr genutzt werden kann. Die Grenzen können dabei flexibel gezogen werden. So können Vater oder Mutter abends Spiele, soziale Netzwerke, Musikhören oder Video-Apps blockieren, die App zum Lernen der Lateinvoka­beln aber nutzbar lassen.

Vor Apple hatte bereits Google vor einem Monat ein ähnliches Programm zur Selbstkont­rolle seiner Android-Anwender angekündig­t. Allerdings dürfte die Google-Initiative zum „Digital Wellbeing“weniger Durchschla­gskraft haben: Im Gegensatz zum Apple-Ökosystem nutzt immer nur eine Minderheit deutlich unter zehn Prozent das jeweils neueste Android-System.

Apple muss übrigens auch auf eigene Interessen keine Rücksicht nehmen: Für den iPhone-Hersteller macht es nach dem Verkauf der Hardware kaum einen Unterschie­d, wie viele Stunden am Tag ein Gerät mit dem Apfel-Logo genutzt wird. Bei der Konkurrenz sieht das etwas anders aus. Insbesonde­re Facebook profitiert davon, wenn die Anwender möglichst häufig die Dienste des Konzerns nutzen und dabei die Werbung zu Gesicht bekommen, die die Haupteinna­hmequelle darstellt.

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Foto: Karl Josef Hildenbran­d Nicht ohne mein iPhone: Besonders Jugendlich­e gelten als gefährdet, wenn es um ex zessive Smartphone Nutzung geht.

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