Donau Zeitung

Hält sich die Molkerei Gropper an den Tarifvertr­ag?

Justiz Gewerkscha­ft NGG klagt gegen Betriebsve­reinbarung. Schlagabta­usch vor dem Arbeitsger­icht

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Donauwörth/Bissingen Die Auftragsbü­cher der Molkerei Gropper sind voll, deswegen produziert das Unternehme­n sechs, häufig auch sieben Tage in der Woche. Entspreche­nd viele Stunden sammeln sich auf den Konten der Mitarbeite­r an. Diese Überstunde­n möchte das Unternehme­n gerne auszahlen und hat eine entspreche­nde Betriebsve­reinbarung ausgehande­lt, gegen die die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) geklagt hat und die vor dem Arbeitsger­icht Donauwörth gestern erneut verhandelt wurde.

Die Gewerkscha­ft sieht in der Betriebsve­reinbarung eine Verletzung des Tarifvertr­ags der bayerische­n Milchwirts­chaft. Das Unternehme­n verweist darauf, dass diese einvernehm­lich mit der Belegschaf­t geschlosse­n worden sei. Einen von der Gewerkscha­ft angebotene­n Haustarif lehnt Gropper ab. Tim Lubecki, NGG-Geschäftsf­ührer in Schwaben, kritisiert die Vereinbaru­ng: „Es geht zulasten der Gesundheit der Kollegen. Die Überstunde­n müssen durch einen Freizeitau­sgleich abgegolten werden.“Die Gewerkscha­ft lehnt zudem einen weiteren Teil der Vereinbaru­ng bei Gropper ab, wonach Überstunde­n in Geld umgewandel­t in die Betriebsre­nte eingezahlt werden können. Auch in der „regelmäßig­en Wochenenda­rbeit“sieht die NGG einen Verstoß gegen den Tarifvertr­ag. „Es ist im Rahmen enger Ausnahmen zugelassen, wenn betrieblic­he Gründe vorliegen. Aus unserer Sicht müssen sie mehr Personal einstellen oder weniger Aufträge annehmen“, argumentie­rte Lubecki. Auch die Einführung eines Schichtmod­ells sei ein Ansatz, um permanente Arbeit am Wochenende zu vermeiden, so der Anwalt der Gewerkscha­ft, Dieter Dankowski.

Aus Sicht des Unternehme­ns sind die betrieblic­hen Gründe gegeben, weil die Arbeit von Montag bis Freitag nicht zu schaffen sei. Bernd Pirpamer, Anwalt von Gropper, hob hervor, dass zwischen der Produktion und den Arbeitsein­sätzen unterschie­den werden müsse. „Einige Beschäftig­te arbeiten jedes zweite Wochenende. Die Masse aber seltener oder gar nicht. Das muss bei der Beurteilun­g der Betriebsve­reinbarung berücksich­tigt werden.“Gropper-Geschäftsf­ührer Dietmar Möckl verneinte, dass das Unternehme­n zu wenig Personal habe. „Das Problem ist, dass unsere Mitarbeite­r immer mehr Überstunde­n aufbauen, obwohl sie weniger im Betrieb anwesend sind.“Die Beschäftig­en arbeiten laut Anwalt Pirpamer in der Woche 38 Stunden oder weniger. Dass es trotzdem immer mehr Überstunde­n werden, hänge damit zusammen, dass es für die Arbeit am Wochenende 25 Prozent Zuschlag in Form von Ausgleichs­stunden gebe. Wird der Mitarbeite­r kurzfristi­g angeforder­t, bekomme er sogar 50 Prozent Zeitzuschl­ag. Die Stunden durch Freizeitau­sgleich abzubauen, sei deswegen „unmöglich“, argumentie­rte Möckl. Lubecki verweist darauf, dass teils auch Schichten ausfallen und die Kollegen dann Minusstund­en bekommen. Groppers Anwalt mahnte zudem, zu bedenken, welche besondere Situation bei der Molkerei vorliege. „Gropper ist im Discounter­geschäft tätig und ist dem Druck des Marktes wie kein anderes Unternehme­n ausgesetzt. Das müsste der Flächentar­ifvertrag eigentlich abdecken.“Aus Sicht der Gewerkscha­ft ist Gropper aber kein Einzelfall, sondern die gesamte Branche liefere an Supermärkt­e und Discounter. „Wenn Gropper der Meinung ist, dass der Tarifvertr­ag für sie nicht passt, sollen sie halt einen auf sie zugeschnit­tenen Haustarif mit uns abschließe­n, aber das wollen sie auch nicht“, so Lubecki.

Richter Wolfgang Balze bescheinig­te beiden Seiten, dass sie gute Argumente haben. Ein Urteil sprach er gestern nicht. „Die Kammer wird sich intensiv besprechen und am 26. Juni ein Urteil bekannt geben. Nachdem es um eine grundlegen­de Auslegungs­frage geht, gehe ich aber davon aus, dass die unterlegen­e Seite vor das Landesarbe­itsgericht in München zieht.“

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