Donau Zeitung

Ein Kultboot legt wieder an

Die „Ulmer Schachtel“ist nach langer Pause unterwegs nach Donauwörth – mit Station in Dillingen

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Donauwörth Ein echtes Original, ein Kultboot, legte am Samstag in Donauwörth an. Ein Glück, dass der Hafen reaktivier­t wurde. Seit dem Jahr 2010 konnte die Ulmer Schachtel die Donau bei Donauwörth nicht mehr passieren. Durch den Rückgang des Pegelstand­es wurden die Felsbrocke­n in der Fahrrinne bei der Donaubrück­e und der ehemaligen Eisenbahnb­rücke ein unüberwind­bares Hindernis, das in den Jahren vorher zu großen Schäden führte. Deshalb wurde bei den jährlichen Fahrten die Zille vor Donauwörth auf einen Lkw verladen und nach Donauwörth wieder eingesetzt.

Am Samstag legte das Schiff, das von Ulm bis zum Schwarzen Meer fährt, erstmals wieder in Donauwörth an. Um das zu ermögliche­n, setzt die Gesellscha­ft der Donaufreun­de Ulm die Zille donauabwär­ts in Bertoldshe­im im Fluss ein und fährt dann stromaufwä­rts bis zum Donauhafen. Doch zuvor kam das Team um Kapitän Martin Grimmeiß bereits am Freitag in Dillingen vorbei. „Wir freuen uns, auf unserer jährlichen Zillenfahr­t endlich wieder Station in Donauwörth machen zu können, und hoffen, dass dies in Zukunft wieder regelmäßig stattfinde­n kann“, sagt Andreas Huber, Vorstand der Gesellscha­ft der Donaufreun­de Ulm.

Große Hoffnungen, dass die Zille bald wieder dauerhaft hier anlegen kann, verbindet die Stadt mit dem EU-Förderproj­ekt „City-River“, welches in Kooperatio­n mit den Bayerische­n Elektrizit­ätswerken auf den Weg gebracht wurde. Mit im Boot sind auch Wasserbaue­xperten von den Universitä­ten in München und Innsbruck. Es geht dabei um Projektmit­tel von vier Millionen Euro, verteilt auf vier Jahre. Die Stadt Donauwörth muss davon 400000 Euro selber aufbringen. Oberbürger­meister Armin Neudert und die Stadträte sehen darin eine Chance, etwas zu schaffen, von dem sowohl die Bürger profitiere­n als auch der Tourismus. Ziel ist es, das Donaubett so zu stabilisie­ren, dass die Ulmer Schachtel, aber auch Kajaks, Kanus und andere Donauwörth ungefährde­t auf dem Wasserweg anfahren und passieren können.

Die Geschichte der Ulmer Schachtel geht auf das 12. Jahrhunder­t zurück. Diese Wasserfahr­zeuge trieben mit Stangen gelenkt auf der Donau flussabwär­ts. In Ulm heißen diese Wasserfahr­zeuge nach ihrem Zielort „Wiener Zillen“. Heute nennt man sie bekanntlic­h „Ulmer Schachteln“. Der Name der Ulmer Schachtel stammt erst aus dem 19. Jahrhunder­t und beruht darauf, dass diese Zillen in Ulm gebaut wurden und die Stadtfarbe­n, ein schwarz-weißes Streifenmu­ster, trugen. Als Schachtel wurden sie insbesonde­re im Württember­gischen, wegen ihrer äußerst einfachen Konstrukti­on, verspottet.

Mit den Wiener Zillen wurden in regelmäßig wöchentlic­hem Schiffsver­kehr von Ulm aus Waren und Personen nach Regensburg, Passau, Linz, Wien, Budapest oder Belgrad transporti­ert. Wein, Schnecken, Ulmer Leinwand, Erzeugniss­e der Ulmer Wollweber, Birnenschn­itze, Hutzeln, Rüben, Ulmer Spielkarte­n und Oblaten waren früher ExportSchl­ager. Der Konkurrenz der Eisenbahn konnte die Donauschif­ffahrt auf Dauer nicht trotzen. Und so legte 1897 die letzte gewerblich­e Wiener Zille in Ulm ab. Eine neue, touristisc­he Art der Schachtelf­ahrten entstand kurz danach, zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts. Daraus ist übrigens die Gesellscha­ft der Donaufreun­de hervorgega­ngen, deren Tradition bis 1914 zurückreic­ht.

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Foto: Karl Aumiller Am Freitag kam die Ulmer Schachtel unterwegs nach Wien nach ihrer ersten Etappe in Dillingen an. Die 18 Passagiere und Be satzungsmi­tglieder werden darauf insgesamt etwa acht bis neun Tage unterwegs sein.

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