Der Sommer zickt, die Musiker juckt’s nicht
Die Stadtmauer bietet beim Streicher-Open-Air in Lauingen Schutz. Die sechs Musiker spielen Ungewöhnliches und Klassisches
Lauingen Einen Tag nach Sonnwende wäre wohl ein etwas lauerer Sommerabend zu erwarten gewesen. Das Wetter aber kümmerte sich nicht um den Kalender, schlug seine unberechenbaren Kapriolen und trieb mit einem Temperatursturz samt frischer Brise aus polaren Breiten Sorgenfalten auf die Stirn der Musikanten, die da ein Freiluftkonzert geplant hatten. Doch es gibt ja noch die alte, krisenbewährte Stadtmauer am Lauinger Tränktor beim Donauufer, die zuverlässigen Schutz vor garstigen Windböen und als Zugabe eine gute Schallreflexion versprach. Und da zumindest die Sonne noch tröstlich von einem blauen Himmel blickte, ließ sich weder das Streicherensemble „West-östlicher Divan“noch eine treue und wetterfeste Zuhörerschar davon abbringen, dem längsten Tag des Jahres den geplanten musikalischen Tribut zu entrichten.
Die Streicherformation mit drei Violinen (Nazanin Rahimi, Benedikt Haggenmüller, Heike Sirch) und drei Violoncelli (Hadise Rahimi, Christian Oblinger und dem Initiator Hans Eller), die sich die kulturelle Integration zum Ziel gesetzt hat, trat gemäß den Anforderungen der vorgetragenen Stücke in vielen unterschiedlichen Instrumentalkombinationen auf. Zu Beginn lieferte sich ein Violin-Duo auf der Höhe der Stadtmauer mit der unten an der Basis sitzenden Violoncellogruppe ein musikalisches PingpongSpiel mit Ruf und Echo nach Art der venezianischen „cori spezzati“in drei kurzen Sätzen, unter anderem dem „Trompeterstücklein“von Leopold Mozart. Die beiden afghanischen Schwestern Nazanin und Hadise Rahimi trugen zusammen mit ihrem Lehrer Hans Eller in der ungewöhnlichen Trio-Besetzung von einer Geige und zwei Celli schwäbische und alpenländische Volksmusik vor.
Da war ein „Gundremminger Schottisch“ebenso zu hören wie ein „Ischler Walzer“, ein „Zillertaler Landler“oder eine „Gamsenjager Polka“. Für die Normalbesetzung eines Streichtrios – zwei Violinen und Violoncello – sind die drei Eigenkompositionen von Eller im volkstümlichen Stil geschrieben, die im Verlaufe des Programms erklangen: „Wia ma’s gwohnt isch“, „Verdrehter Dreher“und „Wittislinger Schottisch“. Die letzteren beiden Stücke erlebten unter der Mitwirkung von Benedikt Haggenmüller und Heike Sirch ihre Uraufführung.
Die andere Hälfte der Vortragsfolge war historischer Musik aus der Renaissance und dem Barock gewidmet. Mit der viersätzigen Triosonate des ungeheuer produktiven Bach-Zeitgenossen Georg Philipp Telemann konnten die Zuhörer eine seltene musikalische Ausgrabung kennenlernen, weil hier neben der obligaten Violine als Zweitstimme die heute fast vergessene Gambe verlangt wird. Die Continuo-Stimme des Basso wurde zuverlässig von Christian Oblinger ausgeführt.
In die Welt der Renaissance wurde das Publikum mit fünf Stücken aus dem Altniederländischen Tanzbüchlein „Danserye“des Antwerpener Tilman Susato aus dem Jahr 1551 entführt. Das komplette sechsköpfige Ensemble vereinigte sich schließlich zum Vortag einer Variationen-Suite aus der „Tabulatura nova“des Hallenser Samuel Scheidt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Für den anhaltenden Schlussapplaus dankte das Geschwister-Duo Rahimi mit zwei kurzen Stücken aus Händels „Feuerwerksmusik“.
Unter dem Eindruck des unerwarteten Todes des Lauinger Rathauschefs Wolfgang Schenk war zu einer Spende nach seiner Intention gebeten worden. Der eingegangene Betrag von 213 Euro wurde an das Hilfsprojekt „Kinder in Not“Jayma Kunan weitergeleitet.