Donau Zeitung

Asylstreit: Union einigt sich – Seehofer will bleiben

Nach erbitterte­m Machtkampf zwischen CDU und CSU gibt es am späten Montagaben­d überrasche­nd einen Durchbruch. Die Lösung: Transitzen­tren. Ein Rücktritt des Innenminis­ters und CSU-Chefs scheint vom Tisch

- VON MICHAEL STIFTER UND HOLGER SABINSKY WOLF

Berlin Nach dem dramatisch­en Ringen der vergangene­n Wochen haben sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer auf einen Kompromiss im Asylstreit geeinigt. Seehofer trat am späten Montagaben­d in Berlin vor die Presse und verkündete den Durchbruch im Unionsstre­it. Er sprach von einer „klaren Vereinbaru­ng“und sagte: „Es hat sich wieder einmal gezeigt: Es lohnt sich, für eine Überzeugun­g zu kämpfen.“Und dann sagte der CSU-Chef, als ob nichts gewesen wäre: „Diese klare Übereinkun­ft (...) erlaubt mir, dass ich das Amt des Bundesmini­steriums des Innern, für Bau und Heimat weiterführ­e.“Er sei „froh“über das Ergebnis, sagte Seehofer. „Wir haben eine klare Vereinbaru­ng, wie wir die illegale Migration in der Zukunft an den Grenzen zwischen Deutschlan­d und Österreich verhindern.“

Auch Kanzlerin Merkel lobte den „wirklich guten Kompromiss“, der nach hartem Ringen gefunden worden sei. Im Anschluss erläuterte­n die beiden Generalsek­retäre von CDU und CSU, worauf man sich nach stundenlan­gen Beratungen verständig­t hat. Markus Blume (CSU) sprach vom letzten Baustein „hin zu einer Asylwende“. Im Mittelpunk­t stehen Transitzen­tren, die in Deutschlan­d nahe der Grenze zu Österreich eingericht­et werden sollen. Diese sich abzeichnen­de Lösung des Streits hatte unsere Zeitung schon Stunden vorher exklusiv gemeldet. Gleich zu Beginn des Krisengipf­els wurde aus Verhandlun­gskreisen über eine verstärkte Einrichtun­g sogenannte­r Transitzen­tren gesprochen. Dort können auch Maßnahmen zur Zurückweis­ung von Flüchtling­en erfolgen, die schon in anderen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt haben.

Im Laufe des Tages hatte sich nach und nach eine Deeskalati­on des Streits angedeutet. Seehofer und Merkel führten ein Gespräch bei Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU). Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder hatte er- klärt: „Die Stabilität der Regierung steht für uns nicht infrage, auch ein Aufkündige­n einer Fraktionsg­emeinschaf­t ist nicht der richtige Weg.“Der Allgäuer CSU-Politiker und Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller warnte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es kann und darf niemand verantwort­en, die Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU infrage zu stellen oder gar aufzulösen.“

In der erzielten Vereinbaru­ng heißt es nun, CDU und CSU wollten für Asylbewerb­er, die schon in einem anderen EU-Land registrier­t sind, Transitzen­tren an der deutsch-österreich­ischen Grenze einrichten. Aus diesen Zentren sollen Asylbewerb­er direkt in die zuständige­n Länder zurückgewi­esen werden. Die Unionspart­eien betonen, bei der Zurückweis­ung nicht „unabgestim­mt“mit den betroffene­n Ländern handeln zu wollen, sondern vielmehr Verwaltung­sabkommen abzuschlie­ßen.

Die CDU und ihre bayerische Schwester CSU hatten seit Wochen darüber gestritten, ob bereits anderswo registrier­te Flüchtling­e an der deutschen Grenze zurückgewi­esen

„Diese Übereinkun­ft erlaubt mir, Minister zu bleiben“

Zustimmung der SPD steht noch aus

werden sollen – Seehofer bestand darauf, Merkel wollte das nicht.

Bei einem EU-Gipfel hatte Merkel eine Verschärfu­ng der Asylpoliti­k der EU und die Aussicht auf bilaterale Abkommen ausgehande­lt, aber der CSU reichte das nicht. Nach der Einigung auf Transitzen­tren stellt sich nun die Frage, wie der Koalitions­partner SPD reagiert. Die Sozialdemo­kraten hatten sich bereits 2015 gegen solche Zentren gewehrt, wie sie CDU und CSU gefordert hatten. Nach dem Spitzentre­ffen der Union war am späten Abend eine Sitzung des Koalitions­ausschusse­s mit der SPD in Berlin angesetzt. Mit dabei: Angela Merkel und Horst Seehofer.

Im Leitartike­l schreibt Gregor Peter Schmitz über die Chaos-Tage in der Union. Auf der Dritten Seite lesen Sie, wie Horst Seehofer seine Bedrängnis selbst verschulde­t hat und was in diesem Mann vorgeht. In der Politik erzählt Martin Ferber den aufregende­n Tag in Berlin nach. Dort finden Sie auch ein Interview mit dem Historiker Paul Nolte.

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Foto: Carsten Koall, Getty Images Ziel erreicht? Muss man sich Horst Seehofer als glückliche­n Menschen vorstellen? Der Bundesinne­nminister und CSU Vorsitzend­e gestern nach dem entscheide­nden Treffen der Unionsspit­zen im Konrad Adenauer Haus in Berlin.

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