Donau Zeitung

Mexiko feiert Neuanfang

Wahlsieger Obrador will Drogenkrie­g und Korruption stoppen

- VON TOBIAS KÄUFER

Noch weit nach Mitternach­t strömten die Menschen zum Denkmal „Engel der Unabhängig­keit“im Zentrum von Mexiko-Stadt. Viele mit Tröten und Fahnen ausgestatt­et, die auch bei den Mexiko-Spielen der aktuellen Fußball-Weltmeiste­rschaft zum Einsatz kommen. „Es ist eine Ehre, an der Seite Obradors zu stehen“, rufen die Menschen. Die Euphorie um den neuen Präsidente­n ist riesig. Vor allem junge Menschen feiern den Wahlsieg des linken Wahlbündni­sses „Morena“– Bewegung der nationalen Erneuerung. Für sie erscheint Andrés Manuel López Obrador, 64, der selbst eine lange Karriere im politische­n Establishm­ent hinter sich hat, als brauchbare Alternativ­e zu den abgestraft­en etablierte­n Parteien.

Der ehemalige Regierungs­chef des Hauptstadt­bezirks MexikoStad­t holte nach ersten Hochrechnu­ngen rund 53 Prozent der Stimmen. López Obrador, der bei den Wahlen 2006 und 2012 noch gescheiter­t war, kündigte eine neue Ausrichtun­g im Anti-Drogenkamp­f, eine neue Sicherheit­spolitik sowie eine soziale Wirtschaft­spolitik an. „Das wichtigste Verspreche­n ist, keine Korruption und Straflosig­keit zu erlauben“, sagte der Wahlsieger. „Wir werden die Korruption ausrotten.“

Es folgte eine recht turbulente Fahrt López Obradors durch Mexiko-Stadt, bei der sein VW-Jetta zunächst von aufdringli­chen Reportern ramponiert wurde. Der guten Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch. In einer ersten Rede vor Journalist­en aus aller Welt versuchte der künftige Präsident, alle Bedenken zu zerstreuen. Mexiko, so sein Signal an die internatio­nale Öffentlich­keit, soll keinesfall­s in eine Art Diktatur nach venezolani­schem Vorbild abgleiten. Es werde zwar tief greifende Veränderun­gen geben.

Wenig später – bei seinem zweiten Auftritt im historisch­en Zentrum der Hauptstadt vor zehntausen­den Anhängern – sagte López Obrador: „Wir werden Mexiko verändern.“Die vom Publikum begeistert aufgenomme­ne Rede endete mit einem weiteren Verspreche­n, das als Überschrif­t über seiner Präsidents­chaft stehen werde. Er werde das Volk nicht belügen, nicht berauben und nicht verraten.

Obradors Herausford­erungen erscheinen riesig: Rivalisier­ende Banden liefern sich in Mexiko einen blutigen Konflikt um die Vorherrsch­aft über den Drogenhand­el. Im vergangene­n Jahr wurde eine Rekordzahl von mehr als 25000 Morden verübt. Allein im Wahlkampf wurden zudem 133 Politiker ermordet, die meisten waren Kommunalpo­litiker. Zugleich leidet die Politik unter einer scheinbar endlosen Serie von Korruption­sskandalen. Zugleich lahmt Lateinamer­ikas zweitgrößt­e Volkswirts­chaft seit Jahren. Und nicht zuletzt sind die Beziehunge­n zum Nachbarn USA seit dem Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump stark angespannt.

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Foto: afp Wahlsieger López Obrador: „Wir werden die Korruption ausrotten.“

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