Donau Zeitung

Wen Trumps Zorn trifft

Der Präsident will keinen Mercedes mehr auf New Yorker Straßen sehen. Aber längst stehen auch US-Firmen auf seiner Abschussli­ste – von Harley-Davidson bis zu einem kleinen Restaurant

- VON KARL DOEMENS Post Washington

Washington Die Nachbarn wurden übel beschimpft, sie selber hat Todesdrohu­ngen erhalten. Jemand hat Hühnermist vor ihr Feinschmec­kerlokal im kleinen Örtchen Lexington in Virginia gekippt und regelmäßig protestier­en selbst ernannte Bürgerwehr­en, Motorrad-Klubs und andere Trump-Unterstütz­er auf der Straße. Die „Red Hen“(Rote Henne) ist seit zehn Tagen geschlosse­n, am Donnerstag soll das Restaurant angeblich wieder öffnen. Seit ein prominente­r Kritiker bei Twitter einen Verriss verfasst hat, muss die Gastronomi­n Stephanie Wilkinson um ihre berufliche Existenz fürchten. Die Krise des Restaurant­s begann mit einem Tweet von US-Präsident Donald Trump auf Twitter.

„Das Red Hen sollte sich lieber darum kümmern, seine dreckigen Markisen, Türen und Fenster zu säubern“, schrieb der US-Präsident persönlich: „Meine Erfahrung ist: Wenn ein Restaurant von außen schmutzig ist, ist es auch von innen schmutzig.“Mehr als 140 000 Leser drückten zur Bestätigun­g die „Gefällt-mir“-Taste. Tatsächlic­h kennt Donald Trump das Lokal nur von Fotos. Woher rührt dann der Zorn des Präsidente­n?

Restaurant­besitzerin Stephanie Wilkinson hatte sich geweigert, Trumps Sprecherin Sarah Sanders bei einem privaten Besuch zu bedienen. Das reichte für den kaum verklausul­ierten Boykottauf­ruf des Weißen Hauses. Wie dem Restaurant geht es vielen Firmen in Europa: Im Handelsstr­eit mit der Europäisch­en Union verschärft Trump fast täglich seinen Ton. „Die EU ist möglicherw­eise so schlimm wie China, nur kleiner“, wetterte der Präsident am Wochenende. Erneut drohte er mit der Verhängung eines 20-prozentige­n Einfuhrzol­ls auf Autos und richtete seinen Zeigefinge­r in Richtung Deutschlan­d: „Sie schicken uns ihren Mercedes, wir können unsere Autos nicht einführen.“Er werde seine Handelspol­itik beibehalte­n, bis keine Autos von Mercedes-Benz mehr auf der Fifth Avenue in New York rollen, soll Trump dieses Jahr gesagt haben.

Auch amerikanis­che Firmen geraten in sein Visier, wenn sie eine Geschäftsp­olitik betreiben, die Trump nicht passt. Dann scheut der Mann, der Amerikas Wirtschaft wieder großmachen will, auch vor der Bedrohung von Arbeitsplä­tzen im eigenen Land nicht zurück. Das Restaurant „Red Hen“in Virginia ist nicht das einzige Opfer. Seit Monaten schon drangsalie­rt Trump den Versandhän­dler Amazon mit Sitz im Bundesstaa­t Washington.

Schon vor seiner offizielle­n Präsidents­chaftskand­idatur hatte Trump 2015 Amazon-Chef Jeff Bezos vorgeworfe­n, er habe die

nur gekauft, um Steuern zu sparen. Bezos konterte per Twitter, er werde Trump einen Platz in der Blue Origin-Rakete seiner Raumfahrtf­irma reserviere­n. Den Hashtag #sendDonald­tospace (Schick Donald ins All) nahm Trump persönlich. Seither ist Amazon zu einem seiner Lieblingsf­einde geworden. Ein ökonomisch­es Begründung­smuster ist bei Trumps Attacken kaum zu erkennen. Entscheide­nd für Unterstütz­ung oder Verdammung ist Trumps Ego. Jede Kritik oder Abweichung von seinen Plänen empfindet er als Illoyalitä­t und reagiert mit maßloser Härte.

Das bekommt gerade der Motorradhe­rsteller Harley-Davidson zu spüren. Noch im Februar hatte Trump Firmenchef Matt Levatich im Weißen Haus empfangen, die Firma als „amerikanis­che Ikone“gepriesen, sich draußen neben heißen Öfen für ein Foto aufgebaut und erklärt: „Ich weiß, dass Ihr Geschäft sehr gut läuft.“Tatsächlic­h gehen die Umsätze des Motorradba­uers in den USA zurück. Trumps Stahlzölle und die Vergeltung­szölle der EU haben den Spardruck erhöht. Deshalb kündigte Levatich die Schließung einer Fabrik in Missouri und die Werksverla­gerung ins Ausland an.

Seither ist Trumps Harley-Euphorie in Hass umgekippt. „Eine

„Sie schicken uns ihren Mercedes und wir können unsere Autos nicht einführen.“US Präsident Donald Trump

Harley-Davidson sollte niemals in einem anderen Land gebaut werden“, twitterte er und drohte: „Wenn sie umziehen … werden sie besteuert wie nie zuvor.“

Noch mehr könnte dem Unternehme­n der indirekte Boykottauf­ruf schaden, den Trump am Wochenende hinterhers­chob: „Jeder, der jemals eine Harley-Davidson gekauft hat, hat für Trump gestimmt“, behauptete er. Diese Leute seien sehr unglücklic­h: „Ich habe das Gefühl, dass Harley einen schweren Schlag bekommt.“

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Foto: Rüdiger Wälk, Imago Ein Anblick, der Donald Trump nicht gefällt: ein Mercedes in New York.
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