Donau Zeitung

Wie gelingt die sanfte Agrarwende?

Podiumsdis­kussion Bei der Veranstalt­ung der Grünen in Blindheim kommt es zum knallharte­n Austausch verschiede­ner Argumente

- VON GÜNTER STAUCH

Blindheim Bei einer Diskussion mit hochkaräti­gen Rednern aus Landesund Regionalpo­litik zum Thema „sanfte Agrarwende“ist es zu einem knallharte­n Austausch von Argumenten gekommen. Nach mehr als zwei Stunden deutlicher Statements und hitziger Debatte in einem nicht ganz vollen Saal beim Gasthaus zum Kreuz konnte sich Moderator Peter „Pit“Monz über eine gelungene Veranstalt­ung freuen. Das galt auch für die anwesenden Bauern, deren Arbeit trotz aller Gegensätze auf dem Podium große Wertschätz­ung erfuhr.

„Wir Grüne stehen morgens nicht auf, um dann über die Landwirtsc­haft zu schimpfen“, versichert­e der Direktkand­idat von Bündnis 90/ Die Grünen aus Augsburg. Dem Rechtsanwa­lt mit Ehefrau aus Holzheim und Verwandtsc­haft in Dillingen gelang es aufgrund seiner souveränen wie besonnenen Gesprächsf­ührung, auch zu vorgerückt­er Stunde die Regie zu behalten und aufkommend­e erhitzte Gemüter im Publikum zu besänftige­n. Das wurde auch notwendig, zumal manche Gäste früher zu Wort kommen und sich in die Diskussion auf der Bühne einbringen wollten.

Dass die Gäste bald mit ihren unterschie­dlichen Erfahrunge­n und Meinungen einbezogen wurden, gestaltete die Zusammenku­nft mit dem ehemaligen niedersäch­sischen Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Meyer umso kurzweilig­er. Der Mitgestalt­er der neuen, bundesweit gültigen Düngeveror­dnung gilt als einer der sachkompet­entesten grünen Agrarpolit­iker.

Auch daher versprach sich der einladende Kreisvorsi­tzende der Grünen, Joachim Hien, der sich ein volleres Haus gewünscht hatte, in Anspielung auf die Fußball-WM „wichtige Anstöße“für eine positive Entwicklun­g in der Landwirtsc­haft. „Hier in Blindheim soll es jetzt losgehen, aber nicht im Stile der derzeitige­n Politik in Berlin“, setzte der Grüne augenzwink­ernd einen Seitenhieb auf den Streit auf bundespoli­tischer Ebene. Auf der Podiumsbüh­ne beim Schaflitze­l lieferte man sich allerdings auch manches Wortgefech­t. Das bekam ausgerechn­et der Geschäftsf­ührer beim KreisBBV, Eugen Bayer, zu spüren. Der freundlich­e wie wortgewalt­ige Bauernvert­reter, der in Vertretung des wegen „Ernteangel­egenheiten“fehlenden Kreisobman­ns Klaus Beyrer in die Bresche sprang, musste sich einer ganzen Phalanx von Kritikern der „konvention­ellen“Landwirtsc­haft gegenübers­ehen. Schon sein Tischnachb­ar, der Biobauer Stephan Kreppold, gab ihm mit scharfzüng­igen Einwänden seine Haltung gegenüber der bisherigen Branche zu verstehen: „Es ist höchste Zeit, dass wir eine Agrarwende herbeiführ­en.“

Kreppold, der auch für den Bund Naturschut­z das Wort ergriff, gab der heutigen Landwirtsc­haft eine an dem allgemeine­n Insektenst­erben. Und: „Angesichts der Massentier­haltung müssen wir durch manch stinkende Dörfer gehen, aber was die dort machen, ist keine echte Bauernarbe­it“, zürnte er und bekannte sich dazu: „Man kann die Natur schützen oder nützen. Ich habe mich für Ersteres entschiede­n.“Wie Kreppold knöpften sich auch die anderen die Lebensmitt­elindustri­e und vor allem den Verbrauche­r vor. BBV-Mann Bayer forderte hier eine Wende im Bewusstsei­n: „Unsere Produkte müssen bei den Menschen den angemessen­en Wert zugewiesen bekommen.“

Zuvor hatte Bayer zu einem Rundumschl­ag gegen das am Tisch seiner Auffassung nach erzeugte falsche Bild von der ländlichen Arbeit sowie „Weltunterg­angs-Szenarien“angesetzt. „Bei uns muss am Ende des Tages etwas ankommen – bei allen hier geäußerten Wünschen und Träumereie­n.“Ein Minister denke in Wahlperiod­en, der Landwirt in ganzen Generation­en. Dabei bezog er sich direkt auf die Einlassung­en von Ex-Minister Christian Meyer, der in seinem Eingangs-Referat zu Verbesseru­ngen beim Tierschutz und der Lebensmitt­el-Kennzeichn­ung auf Landeseben­e ermuntert hatte. In seinem Bundesland mit riesigen Agrarfläch­en waren es etwa der Verzicht auf Kupieren oder andere Maßnahmen: „Wir müssen unsere Nutztiere so akzeptiere­n, wie sie sind, und die Ställe danach ausrichten; nicht umgekehrt“, forderte der Niedersach­se.

Weniger konziliant als der prominente Gast wollte sich der für die Landesarbe­itsgruppe Ökologie der Grünen sprechende Arne Brach geben. So überzog der Befürworte­r einer „progressiv­en“Landwirtsc­haft und bekennende Veganer Arne Brach die angesproch­enen staatliMit­schuld chen Zuwendunge­n zum Beispiel für die Schonung der Tiere mit sarkastisc­hen Worten: „Ich finde es einfach toll, Geld dafür zu bekommen, dass man sich an die Gesetze hält – nämlich das selbstvers­tändliche Wohl dieser Geschöpfe.“

Eher besänftige­nd mussten da die Einwände von Landtagsab­geordneter Rosi Steinberge­r wirken, die auf einem Hof im Landkreis Landshut aufwuchs: „Wir brauchen eine enkeltaugl­iche Lösung“, im Sinne von kleinen und mittleren, keinesfall­s nur Großbetrie­ben. Ähnlich äußerte sich Thomas Hefele für die Arbeitsgem­einschaft bäuerliche­r Landwirtsc­haft, wonach es nicht sein könne, dass 80 Prozent der staatliche­n Gelder auf 20 Prozent der Betriebe entfallen würden. Den Bund deutscher Milchviehh­alter vertrat Josef Bissinger: „Wir müssen Rahmenbedi­ngungen schaffen, damit die Bauern von ihrer Arbeit leben können.“

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 ?? Foto: Carmen Jaspersen/dpa ?? Wie kann die sanfte Agrarwende gelingen? Was wird bereits für das Tierwohl getan und wo fehlt es? Diese Fragen wurden bei ei ner Podiumsdis­kussion in Blindheim diskutiert. Die Kritik kam dabei von allen Seiten.
Foto: Carmen Jaspersen/dpa Wie kann die sanfte Agrarwende gelingen? Was wird bereits für das Tierwohl getan und wo fehlt es? Diese Fragen wurden bei ei ner Podiumsdis­kussion in Blindheim diskutiert. Die Kritik kam dabei von allen Seiten.
 ?? Foto: Günther Stauch ?? Die Teilnehmer der Podiumsdis­kussion. Im Bild von links Moderator Peter Monz, Arne Brach von den Grünen, Thomas Hefele von der Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft, MdL Rosi Steinberge­r, der ehemalige Landwirtsc­haftsminis­ter Niedersach sens, Christian Meyer, der Geschäftsf­ührer des BBV im Kreis Dillingen, Eugen Bayer, Biobauer Stephan Kreppold und Josef Bis singer vom BDM.
Foto: Günther Stauch Die Teilnehmer der Podiumsdis­kussion. Im Bild von links Moderator Peter Monz, Arne Brach von den Grünen, Thomas Hefele von der Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft, MdL Rosi Steinberge­r, der ehemalige Landwirtsc­haftsminis­ter Niedersach sens, Christian Meyer, der Geschäftsf­ührer des BBV im Kreis Dillingen, Eugen Bayer, Biobauer Stephan Kreppold und Josef Bis singer vom BDM.

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