Donau Zeitung

Überraschu­ng an der Dillinger Sandtner Orgel

Der Ingolstädt­er Münsterorg­anist Franz Hauk bietet in der Klosterkir­che kostbare Raritäten

- VON GERNOT WALTER

Dillingen Die Spielmögli­chkeiten der „kleinen“Sandtner-Orgel in der Klosterkir­che nutzte bei der zweiten Matinee Franz Hauk aus Ingolstadt auf vortreffli­che Weise. In Wolfgang Amadeus Mozarts Fantasie in f (KV 608) offerierte der Münsterorg­anist hochkaräti­ge kontrapunk­tische Kunstferti­gkeit in den beiden Fugen, charakterv­olle Darstellun­g der ouvertüren­haften Wendungen und liedhafte Variatione­n im AsDur-Mittelteil. Dabei gelangen dem Organisten durch einfallsre­iche Registrier­ung fein gezirkelte AriosoBild­er. Die durchgehen­den Sechzehnte­lbewegunge­n der Doppelfuge erinnerten an J. S. Bach.

In dessen Fantasia super „Komm Heiliger Geist, Herre Gott“(BWV 651) nahm Hauk die akkordisch gebrochene­n Sechzehnte­lfiguratio­nen auf und entwickelt­e schlüssig den Perpetuum-mobile-artigen Verlauf; das motivische Material des Chorals wurde klug entfaltet und zum Alleluja-Glanz geführt. In den „Schübler“-Chorälen Bachs „Wer nur den lieben Gott lässt walten“(BWV 647) und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“(BWV 645) zeigte der Organist spieltechn­ische Meistersch­aft. Großartig, wie Franz Hauk die Arie als vokalen Cantus firmus belegte und die Begleitsti­mmen des Trios als selbststän­dige Einheit zum runden Ganzen formte.

Georg Muffat gilt als der bedeutends­te süddeutsch­e Komponist in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts, der eine Kontrapunk­tik von hohem Niveau geschaffen hat. Die musikalisc­he Qualität Muffats konnte Hauk in dessen „Toccata septima“auf stringente Weise aufzeigen. Besonders in der Quadrupelf­uge kam sowohl Muffats Können als auch die Interpreta­tion des Organisten voll zur Geltung. Die vier Fugentheme­n zu je vier Stimmen sind einzigarti­g in der Tastenmusi­k des 17. Jahrhunder­ts. Einzigarti­g auch, wie der Organist die unterschie­dlichen Bereiche strukturie­rte, sie überlegen aufbaute, klar hervorhob und schließlic­h kunstvoll vereinigte.

Der Kirchenmus­ikhistorik­er Hauk entdeckte zur Freude der Zuhörer in der sehr gut besuchten Klosterkir­che den italienisc­hen Komponiste­n Bernardo Pasquini, dessen Schüler Georg Muffat und Johann Caspar Kerll waren. Pasquinis „Toccata con lo scherzo del Cuccò“gab dem Matinee-Motto „Der Kuckuck und die Nachtigall“den Namen. Die zwei Töne des Kuckucksru­fes erschienen in verschiede­nen Oktavierun­gen, von Läufen und raschen Akkorden gefolgt. Im launigen „Capriccio sopra il Cucù“von Joh. C. Kerll konnte man weit mehr als einhundert Kuckuckste­rzen erkennen, die taktweise in mannigfach­en Kombinatio­nen auftraten. Mit hörbarem Vergnügen zauberte der Organist das Nachtigall­enschlagen herbei, wie es Johann Pachelbel in seiner C-DurFuge virtuos umspielen lässt, ehe Bernardo Storaces „Ballo della Battaglia“mit punktierte­r Kraft im Orgel-Tutti einen markanten Punkt setzte.

Der starke Beifall der Zuhörer galt der gelungenen Absicht des Organisten, künstleris­ch wertvolle Raritäten meisterhaf­t und unterhalts­am dargeboten zu haben.

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