Gefährliches Psychogramm
Die zweite Staffel „Tote Mädchen lügen nicht“polarisiert ebenso wie die erste
Dillingen Die Meinungen zu der von Sängerin Selena Gomez mitproduzierten Serie „Tote Mädchen lügen nicht“gehen stark auseinander. Nicht nur besorgte Eltern, sondern auch Psychologen und Lehrer kritisieren den möglichen Einfluss auf Kinder, sich der Entscheidung der Hauptfigur Hannah Baker (Katherine Langford) anzuschließen. Die 17-jährige Schülerin begeht Suizid und hinterlässt Tonbandkassetten für ihre Bekannten, bei denen es sich hauptsächlich um ihre Klassenkameraden handelt. Das Mädchen gibt ihnen die Schuld an den negativen Entwicklungen in ihrem Leben und letztlich auch an ihrem Tod. Die am 18. Mai auf Netflix erschienene zweite Staffel der Serie zeigt die Ereignisse, die zu Hannahs Tod, führten aus Sicht der Personen, welche auf Hannahs Kassetten erwähnt werden. Außerdem zeigt sie das Leben der Betroffenen, nachdem sie die Kassetten angehört haben. Elternverbände in den USA wollen durchsetzen, dass die Serie aus dem Netz genommen wird. Nicht nur, weil sie auf Menschen mit psychischen Problemen negative Auswirkungen haben soll, sondern weil die Tragödien auch nach Hannahs Tod kein Ende nehmen. An- dererseits ist die Serie seit dem Erscheinen der ersten Staffel auf Netflix so beliebt, dass eine dritte Staffel produziert werden soll.
Den Schauspielern gelingt es nicht immer, in ihren Rollen zu bleiben. Der Schauspieler Justin Prentice erntete auf sozialen Netzwerken viel Kritik, da Fans der Serie die schlechten Seiten seines Charakters Bryce Walker seiner wahren Persönlichkeit zusprachen. Nicht alle können Fiktion und Realität trennen. Dadurch zeigt sich jedoch auch die Intensität, mit der der junge Darsteller seine Rolle spielt. Langford spricht Hannahs amerikanischem Akzent hervorragend, ihre australische Herkunft ist ihr im Originalton der Serie keinesfalls anzumerken.
Die Produzenten wollten mit Darstellungen von sexuellem Missbrauch, psychischer Gewalt und Suizid innerhalb der Serie auf gesellschaftlich relevante Probleme aufmerksam machen. Doch ist die Vorgehensweise der Produzenten fragwürdig. Wie die Ereignisse gezeigt werden, gleicht mehr gewöhnlichen Gewaltdarstellungen – psychisch und physisch. Diskussionen werden so nicht angeregt, Probleme nicht behandelt. Ein Lichtblick der Staffel ist die anschauliche Darstellung vom Auf und Ab in Freundschaften, oder der Entstehung neuer Bande. Zuschauer, die sich mit den handelnden Figuren identifizieren, sehen, sie sind nicht alleine. Sie können vom sozialen Umfeld aufgefangen werden. Vorausgesetzt, sie lassen dies zu. Das ist die Kernaussage der Serie, welche die Darsteller und Selena Gomez vermitteln wollen.