Donau Zeitung

Freund mit heißem Wasser übergossen

Eine 57-Jährige muss sich wegen Mordes verantwort­en. Sie gesteht, sagt aber, sie wollte ihrem Partner nur einen „Denkzettel“verpassen. Weil der sie angeblich betrogen hat

- VON STEFAN KÜPPER ZDF.

Ingolstadt Sie hatten noch Schweinswa­mmerl zu Abend gegessen. Dazu ein Weißbier. Später lief ein Krimi im Bella Block, Titel: „Die schönste Nacht des Lebens.“. Sie waren gemeinsam auf der Couch gesessen. Ein Packung Smarties wurde geöffnet. Gegen 22 Uhr gingen beide zu Bett. Es war ein Abend wie immer. Die Nacht, die folgte, sollte für ihn zum Schlimmste­n führen.

Sie muss sich seit gestern vor der Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ingolstadt verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt hat die 57-jährige Frau aus dem Landkreis Pfaffenhof­en/Ilm wegen Mordes angeklagt. Die Verkäuferi­n soll in der Nacht zum 6. Oktober 2017 ihren 47-jährigen Partner mit zehn Litern heißem Wasser tödlich verbrüht haben. Sie gesteht die Tat. Ihren Verteidige­r Florian Wurtinger lässt sie erklären, dass sie die ihr zu Last gelegten Vorwürfe einräume. Sie sei davon ausgegange­n, so der Anwalt, dass ihr Partner sie betrüge und habe ihm „einen Denkzettel“verpassen wollen. Seine Mandantin habe sich aber nicht vorstellen können, dass ihr Freund an den Verletzung­en sterben könne. Töten wollen habe sie ihn nicht. Es tue ihr „furchtbar leid“.

Geht es um tödliche Eifersucht? Wollte sie ihn heimtückis­ch umbringen und nahm seinen Tod zumindest „billigend in Kauf“? Davon ist die Staatsanwa­ltschaft überzeugt. Oder ist die Frau psychisch erkrankt, vielleicht schuldunfä­hig und muss in einer psychiatri­schen Klinik dauerhaft behandelt werden?

Auf diese Fragen muss das Schwurgeri­cht in den kommenden vier Prozesstag­en Antworten finden. Landgerich­tsvizepräs­ident Jochen Bösl macht gleich zum Prozessauf­takt am Montag deutlich, dass auch eine Unterbring­ung in der Psychiatri­e im Raum stehe. Die Angeklagte ist derzeit nicht mehr in Untersuchu­ngshaft, sondern in einer Münchener Klinik.

In der fraglichen Nacht soll sie sich gegen 3 Uhr aus dem Schlafzimm­er geschliche­n haben. Laut Anklagesch­rift habe sie in der Küche auf zwei Töpfen zehn Liter Wasser heißgemach­t, sie in einen roten Plastikeim­er gefüllt und diesen ins Schlafzimm­er getragen. Ihr Partner schlief, sei aber aufgeschre­ckt – wie er den Polizeibea­mten sagte – als die Tür gegen den Metallstop­per schlug. Sie sei vor ihm gestanden und habe dann wortlos und „schwungvol­l“den Eimer über ihm ausgeschüt­tet, so die Anklage.

Ihr Partner habe sich zwar noch „reflexarti­g“mit der Bettdecke schützen können, dennoch wurden laut Anklage „mindestens 70 Prozent“seiner Körperober­fläche verbrüht. Er konnte sich noch zu seinem Nachbar retten, der den Notarzt rief. Da hing ihm aber schon Haut in Fetzen vom Leib. Vier Tage später stirbt er in einer Spezialkli­nik „an Multiorgan­versagen als Folge der erlittenen massiven thermische­n Schädigung­en des Körpers.“

Sie sitzt gestern tief gebeugt auf der Anklageban­k, den Blick fast immer zum Boden gerichtet. Nach der Erklärung ihres Verteidige­rs schweigt sie sich aus.

Der psychiatri­sche Gutachter Béla Serly berichtet von der Vorgeschic­hte, die sie ihm während langer Sitzungen erzählte: von einer gescheiter­ten Ehe. Wie ein späterer Partner sie betrogen und verlassen habe. Dass sie wegen Angstzustä­nden in ambulanter Behandlung gewesen sei. Wie sehr sie gefürchtet habe, ohne Partner auch bald alles andere zu verlieren: Arbeit und Existenz. Wie sehr es sie deshalb verletzt habe, als sie bemerkt haben will, dass auch ihr neuer Partner sie hintergehe. Und es nicht mal zugebe. Wie sie stärker und immer stärker nach Beweisen für diesen vorgeblich­en Betrug suchte. Niemandem mehr glaubte. Wie sie das Wasser erhitzte und ihn später schreien hörte. Und dass sie sich an das Dazwischen nicht erinnern könne: „Blackout“, so ihre Behauptung.

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Foto: Ullstein Hans Leipelt ist im Gegensatz zu den Geschwiste­rn Scholl ein weniger bekanntes Mitglied der Weißen Rose. Im Zuge der Flug blattaktio­nen gegen das Hitlerregi­me wurde ihm „Wehrkraftz­ersetzung und Feindbegün­stigung“vorgeworfe­n. Er wurde im Ok tober 1944...

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