Donau Zeitung

Beschwerli­cher Urlaub

- VON JONAS VOSS jonas.voss@augsburger allgemeine.de

Sommerferi­en. Ein Wort mit magischem Klang, verspricht es doch sechs Wochen Erholung, Nichtstun und Ausschlafe­n. Die Urlaubs-Gewaltmärs­che, auf die sich viele Familien pünktlich zum Schulschlu­ss am Freitag begeben, künden da von gänzlich anderen Tatsachen. Kaum ertönt das letzte Geläut für das nun abgeschlos­sene Schuljahr, schon wird der Anhang am Rucksack ins Auto gezerrt. Zwischen Koffern, Rucksäcken, Brettspiel­en und Kühlboxen mit Fressalien eingequets­cht, schleicht sich erste Sehnsucht an das Klassenzim­mer ins Herz der lieben Kleinen. Wo immer es auch hingeht, die Qualen sind stets die gleichen: Mit zigtausend­en sich auf der A92 zum Flughafen quälend oder auf der A7 in einer zwanzigstü­ndigen Warteschle­ife direkt aus dem Vorhof der Hölle (die dem Flugreisen­den in der Sardinendo­se Flugzeug erwarten). Nichts davon ist erholsam – weder die Knie des hinteren Sitznachba­rn im Rücken noch der modrig-faulige Geruch im Auto, während es sich durch den dritten Stau vor dem Brenner kämpft und die Abgase durch die Klimaanlag­e den Insassen den letzten Rest Verstand rauben. Intimität wird auf diesen Reisen ausgetrieb­en, selten scheint die Privatsphä­re des Kinderzimm­ers verlockend­er. Wo im Flugzeug die Schulter vom Nebenmann als Kissen missbrauch­t und die Toilette mit Dutzenden anderen Leuten und ihren ganz eigenen Hygienevor­stellungen geteilt wird, da wird der Bub im Auto – und seine Geschwiste­r – durch das Pinkeln in die Flasche traumatisi­ert. Papa hat sich vorsorglic­h einen Katheter legen lassen und reißt die 900 Kilometer mitten hinein ins italienisc­he Glück an einem Stück herunter. Hier darf er noch Mann sein, Kapitän seines Reiseschif­fs. Schließlic­h gelangt der Ferienflie­ger mit hunderttau­send anderen All-Inklusive-Touristen an die Hotelhochb­urgen rund ums Mittelmeer, und Kapitän Papa bringt seine Familie sicher an die zwei Quadratmet­er Strand, um die sie sich die nächsten Wochen mit Landsleute­n streiten werden. Angekommen, ausgepackt und an den Strand abmarschie­rt, haben die Ferien gerade erst begonnen. Doch das ist eine andere Geschichte.

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